Beim Altstadtfest in Uetersen wollten Les Zouaves Lagerleben aus dem 18. Jahrhundert darstellen. Doch jetzt ist die Gruppe gespalten
Elvira Nickmann
Nun ist endgültig Schluss mit Exerzieren, Lagerleben, Militär. Gerhard Wellner sitzt zu Hause in seinem Wohnzimmer in Uetersen und schaut bekümmert. Der Entschluss ist ihm nicht leichtgefallen. Als Mitglied der Gruppe Les Zouaves, die sich mit dem soldatischen und Lagerleben zur Zeit Napoleons III. beschäftigt, hatte er sich besonders auf das Biwak auf der Klosterwiese seiner Heimatstadt gefreut, mit dem die Gruppe für das Altstadtfest angemeldet war, das an diesem Wochenende (siehe Kasten auf dieser Seite) steigt. Die anderen Mitglieder der Interessensgruppe verteilen sich auf das gesamte Bundesgebiet. Aber nun wird die Darstellung wegen eines Streits unter den Darstellern nicht wie geplant stattfinden.
Gerhard Wellner entstammt einer Familie, in der Traditionen zählten. Legte sein Vater das Besteck zur Seite, bedeutete das für die vier Kinder, dass das Essen zu Ende war. Wellners Vater war Fremdenlegionär, das Militär sein Zuhause.
Es kam dem kleinen Gerhard ganz natürlich vor, dass er selbst eines Tages Soldat werden würde. Er ging zur Marine, wurde Obermaat. Ein beruflicher Wechsel bedeutete zwar den Abschied von der Bundeswehr, nicht jedoch von Wellners Interesse für historisches Militärleben. Das führte ihn schließlich zu der Gruppe Les Zouaves.
Historische Tänze und Handwerk
Das Lagerleben von einst sollte für das Altstadtfest mit historischen Kostümen und passender Ausrüstung wiederbelebt werden. Man lud weitere Gruppen zur Unterstützung ein. „Ich habe die Organisation vor Ort übernommen und die Gespräche mit den Verantwortlichen geführt“, so Wellner. Bei der Vorstellung des Programms Anfang August schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Lediglich mit einer eventuellen Böllergenehmigung für die Vorderlader habe es noch einiges zu besprechen gegeben, erinnert sich der Uetersener.
Doch dann gab es Zoff innerhalb der Gruppe. Es habe nach seinen Informationen eine E-Mail kursiert, in der gestanden haben soll, dass die Stadt Uetersen die Veranstaltung abgesagt habe, stellt Wellner die Geschehnisse dar. Angeblich mit der Begründung, man habe keine Uniformierten dabeihaben wollen. Das stimme nicht, sagt Wellner, der nach eigener Aussage nicht im Verteiler der E-Mail war. Er habe sich beim Veranstalter erkundigt. Warum sollte man erst eine Gruppe einladen, die sich gerade durch das Tragen von Uniform auszeichnet, nur um sie genau deswegen wieder auszuladen?
Auf Nachfrage des Abendblatts bestätigte Renate Paelchen vom Arbeitskreis Altstadtfest dies. Niemand habe Les Zouaves wieder ausladen wollen, man habe sich im Gegenteil über deren Beitrag gefreut. Dass nun nur noch ein kleiner Teil der Darsteller beim Fest zugegen sei, läge innerhalb der Gruppe.
Das Ehepaar Wellner hat jetzt neueProjekte im Auge
Gerhard und Antje Wellner haben jedenfalls beschlossen, nach dem Altstadtfest aus der Gruppe auszuscheiden. Für die Darstellung auf dem Fest steht Wellner aber zu seinem Wort als Vertreter der Gruppe vor Ort. Pflichtbewusst versucht er für die Veranstaltung zu retten, was zu retten ist. So wird eine kleinere Gruppe im Probstengarten lagern.
Wellner jedenfalls wird die Stellung halten und vielleicht abends am Lagerfeuer sitzen und an alte Zeiten denken. Das wird dann aber auch das letzte Mal sein, schließlich hat er gemeinsam mit seiner Frau Antje schon ein neues Projekt im Auge. Er wird sich der zivilen Darstellung historischer Charaktere in Museumsdörfern und an historischen Orten widmen, dem Erzählen von Geschichten vor Publikum und dem Singen alten Liedguts. „Die Leute sind mehr auf historische Genauigkeit bedacht“, sagt Wellner. „Recherche, Spiel und Sprache — alles detailgetreu.“ Seine Frau Antje ist voller Vorfreude: „Das Rollenspiel reizt mich natürlich auch extrem.“ Nach dem Altstadtfest wird Wellner seine Uniform ausziehen. „Mein Mann wird dann endlich wieder Zivilist“, sagt sie.