Kreis Pinneberg . Notbetriebin den Kitas in Halstenbek und Quickborn, kein Ausstand in Uetersen. In Pinneberg legen Schulsozialarbeiter und Jugendpfleger Arbeit nieder
Elvira Nickmann
Es ist lautes Kinderlachen zu hören. Und dennoch geht es viel leiser zu als sonst. In der Kita am Halstenbeker Bickbargen 124 und in der Kita an der Quickborner Kampstraße ist die Zahl der Kinder am Freitag überschaubar. Die beiden kommunalen Einrichtungen werden bestreikt, bieten aber einen Notbetrieb an. Alle Eltern, die keine alternativen Betreuungsmöglichkeiten gefunden haben, können ihre Kinder in die Kitas bringen.
Etwa ein Drittel der Eltern nutzte am Freitag das Angebot. Während die Notbetreuung am ersten Tag des unbefristeten Arbeitskampfes reibungslos lief, trafen sich die streikenden Mitarbeiter in Elmshorn. „Ich bin gerne Erzieher, es fällt mir sehr schwer, nicht zu arbeiten“, sagt Olaf Gätjens. Er ist als einziger Mann in der Kita in Halstenbek tätig, in der 25 Mitarbeiter 145 Kinder betreuen. „Die Eltern haben Verständnis für unsere Forderungen.“
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di fordert für die Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst eine höhere Eingruppierung, was einen Lohnzuwachs von zehn Prozent bedeuten würde. „Wir brauchen mehr Anerkennung für unseren Beruf“, sagt der Halstenbeker. Die Eingangsvoraussetzung seien gestiegen. So hätten viele Neueinsteiger Abitur und Sozialpädagogik studiert. „Aber unsere Eingruppierung stammt noch aus den 70er-Jahren“, so der Erzieher weiter. Das Einstiegsgehalt liegt brutto bei 2221 Euro. „Viele Kollegen arbeiten in Teilzeit oder haben nur befristete Verträge.“ Angesichts dieser Voraussetzungen würden viele vor der Berufswahl Erzieher zurückschrecken, weiß Gätjens.
Außer den kommunalen Kitas in Halstenbek und Quickborn hatte Ver.di für Freitag auch städtische Einrichtungen in Uetersen und Pinneberg zum Streik aufgerufen. „In Uetersen haben sich die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter entschieden, sich nicht am Streik zu beteiligen. In Pinneberg beginnt der Arbeitskampf am Montag“, berichtet der zuständige Gewerkschaftssekretär Jens Festersen.
Bereits am Freitag legten in der Kreisstadt die Schulsozialarbeiter und die Mitarbeiter der offenen Kinder- und Jugendarbeit geschlossen ihre Arbeit nieder, betroffen waren 18 Mitarbeiter. An zehn Schulen fiel die Sozialarbeit aus, alle vier Jugendtreffs blieben geschlossen. „Natürlich macht einem das ein schlechtes Gewissen, dass die Schüler zurzeit nicht mit ihren Problemen zu uns kommen können“, sagt Schulsozialarbeiterin Regine Fiedler. Und auch Jens Schmidt vom Geschwister-Scholl-Haus sieht sich angesichts des Streiks in einer Zwickmühle. „Aber es kann nicht sein, dass man blind oder total idealistisch sein muss, wenn man diesen Beruf ergreift.“ Er spricht von einem regelrechten Lohndumping in der Branche.
Gewerkschaftssekretär Festersen fordert betroffene Kita-Eltern auf, Beiträge für die Tage ohne Betreuung von der Kommune zurückzufordern. „So etwas gibt unsere Beitragssatzung nicht her“, sagt Susanne Dietrich, die zuständige Fachbereichsleiterin in Halstenbek. Eine Rückzahlung müsste von der Politik genehmigt werden. Diese Möglichkeit wurde am Donnerstagabend im Ausschuss für Kinder, Schule und Sport angesprochen, jedoch nicht entschieden. Die Gemeinde spart die Löhne der streikenden Erzieher. „Es macht mir Sorge, dass der Arbeitgeber sogar von diesem Streik profitiert“, sagt Erzieher Gätjens.
Fachbereichsleiterin Susanne Dietrich sorgt sich, wie sie die Kinder künftig unterbringen kann. Für die Himmelfahrtswoche ist die Betreuung in Halstenbek gesichert. Das liegt auch daran, dass die Grundschule Bickbargen schulfrei hat und daher viele Kinder nicht in die Hortgruppen kommen.
Die Gemeinde hat bei allen Eltern angefragt, ob und wenn ja, zu welchen Zeiten sie auf die Kita angewiesen sind. „Allen Eltern, die einen Betreuungsbedarf für ihr Kind haben, können wir helfen.“ Der Notbetrieb werde dank nicht streikendem Personal aufrechterhalten, teilweise arbeiten diese Mitarbeiter sogar länger. Außerdem hat der Kreis eine Ausnahmegenehmigung erteilt, sodass zwei Erzieher vorübergehend bis zu 25 Kinder betreuen dürfen. Normalerweise liegt die Obergrenze bei 20 Kindern. Weil voraussichtlich auch in der Woche ab dem 18. Mai gestreikt wird, will die Gemeinde ab Dienstag eine erneute Elternumfrage zum Betreuungsbedarf starten.
Andrea Schattschneider, deren zwei Kinder in den Halstenbeker Hort gehen, hält die Erzieher für unterbezahlt. „Für die Personen, denen ich mein Kind anvertraue, sollte man schon dort ansetzen, dass es interessant ist, den Beruf auch auszuüben.“ Der unbefristete Streik setze Eltern stark unter Druck, findet sie.
Maja Hennings, deren Sohn Luca, 3, die Kita Zauberbaum (148 Plätze) in Quickborn besucht, hat ebenfalls Verständnis für den Streik. Doch man müsse auch die Situation der Eltern berücksichtigen, sagt sie. „Ich hoffe einfach, dass die sich einigen. Ich schiebe die Verantwortung für die Situation weder Träger noch Erziehern zu, aber es kann doch nicht sein, dass sie fünf Runden lang keine Lösung finden.“
Benjamin Hitzmann, dessen Tochter Lia, 4, in die Quickborner Kita geht, sieht im Streiken eine momentane Modeerscheinung. „Stell dir mal vor, du musst das Kind mit der Bahn zur Kita bringen.“ Er sehe nicht ein, für den Streik extra Urlaub nehmen zu müssen. Seine Frau Solveigh hält die Forderungen der Erzieher für zu hoch. Sie ärgert, dass die Eltern nun Geld für eine Betreuung zahlen, die sie nicht erhalten. „Ich selbst bin in der Ausbildung, was soll ich denn machen? Ich kann nicht einfach Urlaub nehmen.“
In Quickborn wurde am Freitagnachmittag darum gerungen, ob auch in der Himmelfahrtswoche eine ausreichende Notbetreuung angeboten werden kann. Fachbereichsleiter Carsten Möller hatte die Eltern vorgewarnt, dass die Stadt zunächst nur 30 Notfallplätze zur Verfügung stellen kann.