Kreis Pinneberg . Der Biologe Eckhard Garve ist Experte für eingeschleppte Pflanzenarten und weiß, was gegen sie hilft. Doch längst nicht alle bedrohen die heimische Flora
Sie sind nicht gern gesehen in unserer Landschaft, gelten als Störenfriede, die über alles hinwegwuchern. Dabei sind nur ein geringer Anteil der Neophyten, wie eingeschleppte Pflanzenarten genannt werden, für die heimische Natur eine Bedrohung. „Mit 90 Prozent können wir bedenkenlos zusammenleben“, sagt Eckhard Garve vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. Der Dezernent für regionalen Naturschutz hielt auf Einladung des Naturschutzbundes (Nabu) im Katharina-von-Bora-Haus in Pinneberg einen Vortrag zu diesem Thema. „Nur die invasiven Neophyten verändern die Vegetation und gefährden die biologische Vielfalt.“
Unbedenklich sei beispielsweise die Krähenfußblättrige Laugenblume aus Afrika, die als eine der ersten Eindringlinge bereits in Caroli Linnaes „Species Plantarum“ (1753) aufgeführt wurde – nach ihrem Fund im niedersächsischen Emden, so der Biologe. Oder das Schmalblättrige Greiskraut, das mit der Wolle von Schafen aus Südafrika nach Deutschland kam und leuchtend gelb entlang der Mittelstreifen von Autobahnen ein neues Zuhause fand. „Keiner weiß, warum sich diese Pflanze erst seit 1970 massenhaft ausbreitet“, sagt Garve. Ebenso auf dem Mittelstreifen von Autobahnen zu sehen ist das weißblühende Dänische Löffelkraut, das lange Zeit nur an der salzigen Küste der Nordsee zu finden war, mit dem Streusalz aber ins Landesinnere vorrückte.
Es gibt in der Lüneburger Heide 14 Mal mehr wilde Kulturheidelbeeren wie angebaute
„Die Elbe-Spitzklette hat sich nach Einschleppung der Eltern aus Nordamerika sogar als eigene Art in Europa herausdifferenziert“, sagt Garve. Das sei selten und beschränke sich auf circa zehn Neophyten. Ein weiteres Beispiel dafür sei die Kulturheidelbeere, gezüchtet aus nordamerikanischen Arten. Von Vögeln aus den Anbaugebieten in die Natur geschleppt, wächst sie nun in der Lüneburger Heide. „Es gibt dort 14 Mal mehr verwilderte Kulturheidelbeeren wie angebaute“, so Garve.
Andere invasive Arten stellen hingegen ein großes Problem dar. So kämpfen Uwe Langrock, Vorsitzender des Nabu Pinneberg, und seine Mitstreiter seit zehn Jahren gegen den Riesenbärenklau auf den Naturschutzflächen in Appen an der Au. In Zusammenarbeit mit der UNB (Untere Naturschutzbehörde) wird die etwa sieben Hektar große Fläche seit 2011 von Highlandrindern beweidet.
Die robusten Tiere fressen den Riesenbärenklau – allerdings nur, wenn er noch nicht zu groß und holzig ist. So kann immerhin die Ausbreitung verhindert werden. Maßnahmen zur Eindämmung sind die einzige Chance, die Herkulesstaude zu stoppen. „Los werden wir ihn nicht“, sagt Eckhard Garve. „Hier lautet das Ziel: Samenbildung bekämpfen.“ Bei kleinen Beständen empfiehlt er, bis Mai die Wurzeln abzustechen und auszugraben.
Der Staudenknöterich wurde 1823 als Zierpflanze aus Japan eingeführt
Die wirksamste Bekämpfungsmethode ist das Abschneiden und Verbrennen sämtlicher Blütendolden vor der Samenreife. Die Pflanze stirbt dann ab und treibt auch im Folgejahr nicht wieder aus. Eine Mahd vor der Blüte dagegen lässt die Herkulesstaude immer wieder nachtreiben. Da im Boden noch langlebige Samen lagern, müssen die Maßnahmen mehrere Jahre lang wiederholt werden. Allerdings ist Vorsicht geboten. Gelangt Pflanzensaft auf die Haut, kommt es unter Einfluss des Sonnenlichts zu schmerzhaften Hautverbrennungen, die sogar Narben hinterlassen können. „Eine regelmäßige Nachsorge ist unerlässlich“, sagt Garve. Die Alternative sei ein Einsatz von Bioziden, der aber auch die übrige Vegetation schädige und daher nur mit Genehmigung der Behörden möglich sei.
Auch der Staudenknöterich, von dem es drei Arten gibt, überwuchert alles. „Am häufigsten finden wir hier den Japanischen“, sagt Garve. Übertroffen an Höhe wird er vom Sachalin-Staudenknöterich, der vier bis fünf Meter hoch wächst und dessen Blätter DIN-A-4-Größe erreichen. Beide Arten bildeten einen Bastard, den Bastard-Staudenknöterich. Der Staudenknöterich wurde 1823 als Zierpflanze aus Japan eingeführt und vermehrt sich über weitreichende Wurzelausläufer.
„Das ist wie beim Eisberg. Zwei Drittel sind nicht zu sehen“, sagt der Professor. Die ganze Kraft sitze unter der Oberfläche. Genau dort müsse man ihn schädigen. Junge Bestände lassen sich laut Garve mit einer Teichfolie großflächig abdecken. So werde lebenswichtiges Licht entzogen. Größere Bestände müssten ab ihrem Austrieb im April gemäht werden. „Ziegen und Schafe fressen den Staudenknöterich“, sagt er. Auch hier bleibt eine jahrelange Nachsorge nicht aus.
Auch nicht gern gesehen ist das Drüsige Springkraut aus dem Himalaya, das zwar schöne Blüten ausbildet, sich jedoch über den Samen unaufhaltsam ausbreitet. Die Mahd sollte daher vor der Blütenbildung im Juli und bis in den Oktober hinein erfolgen. Kleine Bestände lassen sich laut Garve auch noch gut herausreißen.