Unternehmer Hans Hubertus von Stosch äußert sich im Interview über seine Vorwürfe gegen Pinnebergs Bauamtsleiter und mögliche Konsequenzen.

Hans Hubertus von Stosch hat den Stein ins Rollen gebracht: Mit einer aus seiner Feder stammenden Strafanzeige gegen Pinnebergs Bauamtsleiter Klaus Stieghorst. Seit vergangenem Freitag ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Itzehoe wegen des Verdachts der Bestechlichkeit gegen den Baudirektor der Kreisstadt ermittelt.

Geprüft wird der Verkauf eines sieben Hektar großen Teilstücks der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne an die Kieler Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Die Stadt hatte das Areal für 1,4 Millionen Euro veräußert, die LEG baut 250 Wohneinheiten – und soll die innere Erschließung des Geländes finanzieren. Im Interview steht der Bauunternehmer von Stosch jetzt Rede und Antwort. Der 71-Jährige gibt sich kämpferisch, fürchtet nicht, wegen möglicher Rufschädigung angezeigt zu werden. Und er ist überzeugt: Es wird zum Prozess kommen.

Hamburger Abendblatt: Herr von Stosch, sind Sie selbst noch auf dem Wohnbausektor aktiv?

Hans Hubertus von Stosch: Ja. Ich kaufe Grundstücke, erschließe und verkaufe sie. Mein Unternehmen HVS baut derzeit mit einem Partner in Halstenbek.

Gab es in Ihrer Funktion schon früher Berührungspunkte mit dem Pinneberger Bauamtschef Klaus Stieghorst, den Sie bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe angezeigt haben?

Von Stosch: Ja. Ich habe mal ein Grundstück an der Datumer Chaussee gekauft und Reihenhäuser beantragt. Da wurde ich dann ausgebremst. Ich fühlte mich damals betrogen.

Was sind die aktuellen Beweggründe für die Strafanzeige gegen den Bauamtschef?

Von Stosch: Es ist doch zweifellos so, dass der Kaufpreis, den die Kieler Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) für das Kasernen-Gelände gezahlt hat, überhaupt nicht nachvollziehbar ist. 1,4 Millionen Euro – ich weiß gar nicht, wie man darauf kommen kann.

Es gab eine Ausschreibung. Die Hürden für interessierte Unternehmen wurden allerdings sehr hoch gelegt. Bieter mussten beachtliche Referenzprojekte vorweisen. Hätten Sie gern um die Pinneberger Kaserne mitgeboten?

Von Stosch: Ja. Auf jeden Fall. So eine Gelegenheit lässt man sich doch nicht entgehen. Und auch ich habe ja in Pinneberg schon für viele Millionen Euro Grundstücke gekauft und entwickelt. Beispielsweise in der Vogelsiedlung. Ich sage es ihnen ganz ehrlich: Im Augenblick ist der Markt dermaßen verrückt wegen der günstigen Zinsen. An dem Standort können 350 Euro pro Quadratmeter und mehr aufgerufen werden, die Flächen gehen trotzdem weg. Ich habe in Halstenbek gerade Grundstücke zu Preisen zwischen 380 und 600 Euro verkauft. Ich gehe davon aus, dass das Projekt von Anfang der LEG zugespielt werden sollte.

Was wäre Ihrer Ansicht nach ein angemessener Preis für die vom Investor zu erschließenden sieben Hektar Land auf dem Kasernen-Gelände gewesen?

Von Stosch: Acht Millionen Euro wären durchaus angemessen gewesen. Wenn Sie heute einen Gutachter holen, geht der nach dem Mittelwert der vergangenen drei Jahre. Wenn man den betrachtet, liegt der von der Stadt aufgerufene Preis von 1,4 Millionen Euro weit darunter. Durch den niedrigen Zins werden die Preise immer weiter nach oben getrieben. Fraglos ist der Stadt ein erheblicher Schaden entstanden, vermutlich mindestens in Höhe von 6,6 Millionen Euro. Mal ganz abgesehen davon, dass die Landesentwicklungsgesellschaft ihre Gewinne nicht in Pinneberg versteuert.

Der Kaufpreis für die Kasernenflächen wird mit den hohen Kosten der Erschließung begründet. Und damit, dass die Kieler Landesentwicklungsgesellschaft Gebäude auf dem Areal abreißen muss ...

Von Stosch: Man geht in der Regel von etwa 50 bis 60 Euro pro Quadratmeter aus, die für die Erschließung aufgewendet werden müssen. Ich vermute, dass der Abriss pro Gebäude mit etwa 100.000 Euro zu Buche schlägt. Die für Erschließung und Abriss veranschlagten 8,5 Millionen Euro dürften also völlig übertrieben sein.

Herr von Stosch, mit dem Bauamtschef Klaus Stieghorst gehen sie einen der höchsten Verwaltungsbeamten der Stadt Pinneberg öffentlich an. Haben Sie keine Angst, wegen Rufschädigung verklagt zu werden?

Von Stosch: Nein. Soll er es doch versuchen. Fakt ist, dass meine Vorwürfe der Pinneberger Stadtverwaltung schon im November 2014 bekannt gewesen sein müssen. Seinerzeit hatte ich den Kreis Pinneberg bereits informiert, der mein Schreiben nicht an die Staatsanwaltschaft Itzehoe, sondern direkt an die Stadt weitergeleitet hat. Seitdem ist nichts geschehen. Und das wundert mich nicht. Die Untreue ist so was von offensichtlich.

Was erwarten Sie denn jetzt von der ermittelnden Staatsanwaltschaft in Itzehoe?

Von Stosch: Ich gehe davon aus, dass es zum Prozess kommt. Seitdem die Öffentlichkeit über den Vorgang informiert ist, erreichen mich immer mehr Informationen aus verschiedenen Ecken. Ich werde alles an die ermittelnden Behörden weiterleiten. Es wundert mich auch sehr, dass einige Pinneberger Politiker jetzt öffentlich kundtun, sie hätten sich von Anfang an über den geringen Kaufpreis gewundert. Warum haben sie dann für den Verkauf gestimmt? Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Gibt es weitere Schritte, die für Sie denkbar sind?

Von Stosch: Mein Anwalt wird Akteneinsicht beantragen. Man könnte hinterfragen, ob auch dem Bund, der die Kaserne an Pinneberg verkauft hat, letztlich Schaden entstanden sein könnte. Ich kenne allerdings die Kaufverträge mit der Landesentwicklungsgesellschaft noch nicht. Wir hoffen, sie einsehen zu können.