Sorge um beendete Rettungsallianz mit Hamburg. Pinneberger versuchen, Wogen zu glätten
Schenefeld. Verschlechtert sich die Rettungslage für die Schenefelder? In welches Krankenhaus werden sie transportiert? Kommen die Pinneberger Helfer im Notfall so schnell an die Landesgrenze wie die Hamburger? Und sind die Schenefelder überhaupt zu retten? All diese Fragen und Sorgen trieben zahlreiche Besucher am Dienstagabend ins Rathaus. Der Andrang war so enorm, dass die Sitzung des Hauptausschusses spontan in den größeren Ratssaal verlegt werden musste. Grund für das große Interesse an dem politischen Gremium war das Thema Rettungsdienst. Die geplanten Änderungen beunruhigen viele Schenefelder.
„Es hat sich eine Welle älterer Mitbürger im Rathaus gemeldet, die sich Sorgen machen. Es ist ein Thema, das die Öffentlichkeit sehr bewegt“, so Bürgermeisterin Christiane Küchenhof. Um diesem Informationsbedarf gerecht zu werden und selbst ein paar klärende Fragen loszuwerden, hatte sie auf Wunsch der Kommunalpolitiker die Pinneberger Helfer nach Schenefeld geholt. Von der Rettungsdienst-Kooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH), die den Job von der Hamburger Feuerwehr übernehmen wird, kamen Geschäftsführer Michael Reis, Ralf Rieckhoff als Leiter der Pinneberger Rettungswache, André Gnirke als Ärztlicher Leiter sowie Stephan Bandlow von der Regionalleitstelle Elmshorn. Zusammen versuchten sie, die Wogen zu glätten. Teilweise mit Erfolg.
Anlass für die Unruhe ist das Ende der länderübergreifenden Rettungskooperation. Seit 2004 hilft Hamburgs Feuerwehr in Schenefeld aus. Das lag vor allem an der telefonischen Verbundenheit. Denn wer bislang in der Düpenaustadt mit der 040-Vorwahl die 112 wählte, landete automatisch bei den Hamburger Einsatzzentralen. Um durch eine Weiterleitung nach Elmshorn keine Zeit zu verlieren, wurde die Kooperation besiegelt. Seitdem versorgen die Berufsfeuerwehren mit Sitz in Osdorf und Stellingen die Schenefelder. Damit ist bald Schluss. Der dafür geschlossene Vertrag läuft Ende des Jahres aus und wird nicht verlängert. Die Pinneberger Rettungswache der RKiSH an der A 23 im Gehrstücken übernimmt die Einsätze in Schenefeld. Dafür muss dort aufgerüstet werden.
Möglich ist das, weil sich das Rufnummernproblem erledigt hat. Aufgrund einer neuen Verordnung sind die Telekommunikationsanbieter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Notrufe dort landen, wo sie örtlich gesehen hingehören – im Schenefelder Fall also in der Regionalleitstelle in Elmshorn. Mit dem Handy klappt die Verbindung schon, aus dem Festnetz noch nicht. Die endgültige Umstellung ist in diesem Jahr geplant.
Der Anschluss in den Kreis Pinneberg begeistert die Schenefelder nicht. Sie fühlen sich ausgegrenzt von Hamburg und wollen zurück zu alten Zeiten, wie einige Redebeiträge am Dienstagabend deutlich machten. Das geht nicht, stellte Bandlow von der Leitstelle mit Blick auf die neue Gesetzeslage klar. RKiSH-Geschäftsführer Reis hob die Vorzüge der Pinneberger Retter hervor, wies auf Auszeichnungen hin, die die Kooperation für ihre Qualität im Rettungsdienst erhalten habe. „Wir können uns rettungsdienstlich sehen lassen.“ Die Angst vieler Schenefelder, sie kämen jetzt automatisch ins Pinneberger Krankenhaus, konnte er ihnen nehmen. „Wir transportieren die Patienten dorthin, wohin sie wollen“, versprach er mit der Einschränkung, dass die Klinik Platz habe und für die Behandlung geeignet sei. Während er diese Bedenken ausräumen konnte, blieb das Fragezeichen in Sachen Anfahrtswege. Von Pinneberg aus bei Stau über die Autobahn bis an die Schenefelder Stadtgrenze fahren – und das in der vorgeschriebenen Hilfsfrist von zwölf Minuten? „Uns ist nicht ganz klar, wie sie das schaffen wollen“, so Küchenhof. Reis verwies auf eine optimierte Alarmierung und darauf, dass es in Hamburg überhaupt keine gesetzliche Hilfsfrist gibt.
Das sieht die Hamburger Feuerwehr anders. Zwar gebe es keine gesetzliche Vorschrift, aber festgelegte Rahmenbedingungen, an die sich die Retter zu halten haben. „Die Vorgabe für die Fahrzeit eines Rettungswagen beträgt im Hamburger Stadtgebiet fünf Minuten“, sagt Steven Eckardt von der Feuerwehr Hamburg auf Abendblatt-Anfrage. Nach dieser Planungsgröße richte sich die Feuerwehr zum Beispiel beim Bau von Rettungswachen. Zu den fünf Minuten Fahrzeit kommt dann noch die Zeit für die Alarmierung oben drauf. In 75 Prozent der Fälle braucht der Rettungswagen in Hamburg acht Minuten bis zum Einsatzort.
„Das schaffen wir auch“, erklärt Reis, allerdings mit Blick auf das gesamte Kreisgebiet. Konkrete Zahlen für Schenefeld, die die Bürgermeisterin einforderte, wollte er ohne Rücksprache mit den Gesellschaftern nicht herausgeben. Andreas Wilken (OfS), Vorsitzender des Hauptausschusses, versprach: „Wir bleiben für die Schenefelder an dem Thema dran.“