Mittelstandspolitiker Christian J. Fuchs fordert, über den Tellerrand zu schauen. Die Wirtschaft sei auf Migranten angewiesen
Kreis Pinneberg. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit werden in Deutschland bis 2030 etwa 5,2 Millionen Fachkräfte fehlen. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages klagen drei von vier Mittelständlern darüber, dass sie zu wenige qualifizierte Mitarbeiter finde. Nur wenn jedes Jahr 400.000 Menschen zuwandern, könne Deutschland seine wirtschaftliche Kraft erhalten, warnt die OECD.
„Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist auf die Zuwanderung gut ausgebildeter Fachkräfte angewiesen“, sagt auch Christian J. Fuchs, stellvertretender Landesvorsitzender der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung MIT in Schleswig-Holstein sowie MIT-Vorsitzender im Kreis Pinneberg. Die CDU habe deshalb auf ihrem Bundesparteitag in Köln vor kurzem völlig zu Recht betont, dass ausländische Fachkräfte keine Bittsteller seien, sondern Leistungsträger unseres Landes werden könnten.
Aus Sicht von Fuchs ein wichtiges Signal für die Zukunft. Aufgrund des demographischen Wandels sei klar, dass Deutschland ohne Migranten sehr bald die qualifizierten Arbeitskräfte ausgehen. Schon jetzt hätten gerade mittelständische Betriebe Probleme, geeignete Bewerber zu finden. „Deshalb gibt es keine andere Möglichkeit, als über den Tellerrand zu schauen“, sagt Fuchs. Der Blick muss nach seiner Auffassung über die Grenzen gehen. Die Kriterien für qualifizierte Zuwanderung, zum Beispiel Schul- und Bildungsabschlüsse, Sprachkenntnisse, der Wille zur Integration und der Bedarf des Arbeitsmarktes müssten so klar dargestellt werden, dass interessierte Fachkräfte einfacher erkennen können, ob sie eine realistische Chance haben, hier zu arbeiten.
Das habe die CDU längst erkannt und in den vergangenen Jahren wichtige Weichen gestellt. Mit dem Berufsanerkennungsgesetz und der „Blauen Karte“ wurde ausländischen Fachkräften erleichtert, in Deutschland einen Job zu finden. Der Erfolg hielt sich bisher aber in Grenzen. Nur 170 qualifizierte Fachkräfte sind zwischen Juli 2013 und Juli 2014 laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit gekommen. Dabei belege sogar eine Studie der OECD, dass die Bedingungen für Migranten nicht schlechter als in anderen Ländern sind, so Fuchs.
Der stellvertretende Landesvorsitzende der MIT Schleswig-Holstein ist deshalb der Auffassung, dass die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte nicht nur eine Frage der Gesetze ist. „Wir müssen kommunizieren, dass Migranten willkommen sind und dringend gebraucht werden“, sagt Fuchs. Aufgrund der steigenden Zahl der Asylbewerber würden Ausländer von vielen als Belastung für den Sozialstaat gesehen. „Potentiale rücken dagegen in den Hintergrund“, sagt der Mittelstandspolitiker. Dabei kommen aus Ländern wie Syrien, Libyen, Afghanistan und dem Irak häufig gerade die Menschen nach Deutschland, die in ihrer Heimat gut ausgebildet wurden. Nur die hätten überhaupt die finanziellen Mittel, um nach Europa zu fliehen.
„Wenn wir die Fähigkeiten dieser Menschen nutzen, profitieren davon die Flüchtlinge und der Wirtschaftsstandort“, sagt er. Eine klassische Win-Win-Situation, die in der Diskussion um die Asylpolitik bisher leider eine Nebenrolle spiele. Deshalb müssen Politik und Wirtschaft nach seiner Auffassung eine gezielte Werbeoffensive starten, um jedem zu verdeutlichen, dass Deutschland ohne qualifizierte Zuwanderung im internationalen Wettbewerb sehr bald nur noch die zweite Geige spielen wird. Es gehe darum, einheimischen Betrieben die Angst vor der Beschäftigung ausländischer Fachkräfte zu nehmen und die Bevölkerung mitzunehmen. Gerade Letzteres sei nur möglich, wenn deutlich werde, dass Ausländer, die nur vom deutschen Sozialsystem profitieren wollten, unerwünscht seien. Fuchs: „Auf die leistungsbereite Altenpflegerin oder den verantwortungsvollen Kfz-Mechaniker können wir dagegen auf keinen Fall verzichten.“