SPD, Grüne und FDP verabschieden erstmals gemeinsam 770-Millionen-Doppeletat. Kein Geld für Planung der K 22
Kreis Pinneberg. Markige Worte bestimmten die Haushaltsdebatte im Kreistag. „Frechheit“, „dreist“, „Unverschämtheit“, „Machtgier“ schimpfte die CDU-Fraktionschefin Heike Beukelmann in Richtung der neuen Ampel-Koalition, die „ein zutiefst undemokratisches Verhalten“ gezeigt hätte. Pirat Sven Lange sah ein „Hinterzimmer-Geklüngel“ am Werk, das jede Form von „Transparenz und Bürgernähe“ vermissen ließe. Statt „Sternstunde des Parlaments“ sei es ein „Haushalt der Macht“, geißelte CDU-Abgeordnete Britta von Appen. Aber auch diese scharfen Worte konnten nach fast dreistündiger Debatte nicht verhindern, dass SPD, Grüne und FDP erstmals den Kreishaushalt zusammen verabschiedeten, der ein Gesamtvolumen von 767,5 Millionen Euro für die Jahre 2015 und 2016 aufweist.
„Machtverlust bringt Frust“, kommentierte FDP-Fraktionschef Klaus G. Bremer den Ärger in den Oppositionsreihen. Schließlich war dies der erste Haushalt seit elf Jahren, der ohne Mitwirken der CDU zustande kam.
Seit September bastelten SPD, Grüne und FDP an diesem Projekt, das allen Seiten Kompromisse abverlangte. So ist auf Drängen der Grünen und Liberalen kein Geld mehr für die Planung des K22-Ausbaus vorgesehen. „Wir treten nach wie vor für den Bau dieser Kreisstraße zwischen Tornesch und Uetersen ein“, betonte SPD-Fraktionschef Hannes Birke und sagte in Richtung CDU, die vergeblich versuchte, wieder sieben Millionen Euro Planungskosten dafür bereit zu stellen: „Sie hatten zehn Jahre Zeit, die Straße zu bauen. Aber Sie haben sie nicht gebaut.“ Weiterhin sei das Planfeststellungsverfahren nicht abgeschlossen. Die SPD werde sie aber nur dann in Angriff nehmen, wenn zeitgleich von der Deutschen Bahn AG die Untertunnelung der Bahnlinie mitgebaut werde.
Ohnehin ließe die K22 den Haushalt „platzen“, indem er nicht vom Innenministerium genehmigt werden könnte, kritisierte Birke die Zusatzforderungen von 7,8 Millionen Euro, die die CDU ohne Deckungsvorschläge einbringe. Schon jetzt ginge der Kreis Pinneberg mit Investitionen von 44,8 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren, die er komplett über Kredite finanzieren müsse, an die Grenze des Möglichen, weil seine Ausgabenpolitik durch den Konsolidierungsvertrag mit dem Land unter strikter Aufsicht stehe. Feuerwehrzentrale, Rettungsleitstelle und Kreisberufsschule Pinneberg werden neu gebaut. Heideweg-, Raboisen- und Berufsschule Elmshorn werden aufwendig umgestaltet, marode Kreisstraßen für 650.000 Euro saniert, Kreisimmobilien für zwei Millionen Euro instand gehalten, sodass bis Ende 2016 der Schuldenstand mit 102 Millionen Euro einen Höchststand erreicht. Gleichwohl schließt der Doppelhaushalt seit vielen Jahren nicht mit einem Defizit, sondern mit einem Überschuss von etwa einer Million Euro ab.
Freiwillige Ausgaben machten gerade mal 1,4 Prozent des Haushaltsvolumens aus, führte Finanzausschussvorsitzender Bremer aus. Immerhin könnte dank der Landeszuschüsse die Schulsozialarbeit an 78 Schulen des Kreises mit 1,9 Millionen Euro pro Jahr unverändert fortgesetzt werden. Die Personalkosten für die 620 Vollzeitstellen in der Kreisverwaltung hat die Ampelkoalition um etwa eine Million auf rund 44 Millionen Euro begrenzt. Die Verwaltung erhält das Geld als Budget, über das sie weitgehend frei verfügen kann. Damit sollen 26 zusätzliche Personalstellen vor allem in der Jugend- und Sozialhilfe eingestellt werden können, die gesetzlich notwendig geworden seien.
Dass der Kreissportverband 66.000 Euro zusätzlich und damit jetzt 551.000 Euro pro Jahr bekommen soll, brachte die CDU-Fraktion in Rage. Weil sie schon vor einem Jahr für 60.000 Euro zusätzlich für den KSV plädiert hatte, kritisierte sie, die Ampel habe ihre Anträge „konsequent bei der CDU abgeschrieben", so Britta von Appen. „Der KSV bekommt genau das Geld, das er braucht. Die CDU gibt nur das Geld, wir geben Geld und Konzepte“, entgegnete Burkhard Stratmann, Grüne.
Am Projekt Haus der kleinen Forscher entzündete sich weiterer Streit. Vor zwei Jahren hatten SPD, CDU und FDP auf Antrag der CDU per Kreistagsbeschluss den 40.000-Euro-Zuschuss nach 2014 für beendet erklärt. Nun plädierte die CDU für eine weitere Förderung des bundesweiten frühkindlichen Bildungsprojektes, was Rot-Gelb-Grün ablehnte. Der Kreis Pinneberg sei der einzige im ganzen Land, der es alleine in dieser Größenordnung finanziere, sagte Helga Kell-Rossmann, SPD. Zudem habe es der Kreisjugendring versäumt, private Sponsoren dafür zu gewinnen.