Die Geschäftsführung der Krankenhäuser legt Pläne für eine Umstrukturierung auf den Tisch. Betroffen sind 340 Mitarbeiter im Dienstleistungsbereich. Sie sollen in Billigtöchter ausgegliedert werden.
Kreis Pinneberg. Die Stimmung schwankte zwischen Wut, Angst und Trauer. Am Montagnachmittag informierte die Geschäftsführung der Regio Kliniken zwei Stunden lang die Mitarbeiter im Sportlife-Hotel über die geplante Umstrukturierung der Gesellschaft. Betroffen sind 340 Mitarbeiter in den Dienstleistungsbereichen des Konzerns. Sie sollen in Billigtöchter ausgegliedert werden und müssen starke Gehaltseinbußen befürchten.
„Es passiert genau das, was die Kollegen seit fünf Jahren befürchten“, sagt Herta Laages, die Betriebsratsvorsitzende des einstmals kreiseigenen Klinik-Konzerns. Die defizitäre Gesellschaft war 2009 zu knapp 75 Prozent vom privaten Sana-Konzern übernommen worden. Das Münchner Unternehmen versucht seitdem, die Regio Kliniken aus den roten Zahlen zu führen.
Dies soll nun gelingen, indem die Mitarbeiter in den Dienstleistungsbereichen wie etwa Küche, Technik und Reinigung Federn lassen müssen. Für viele von ihnen gilt noch der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD). Mit der Auslagerung in Billig-Töchter der Sana-Gruppe würden für die Mitarbeiter deutlich schlechtere Tarifverträge greifen oder sie würden gar keinem Tarif mehr unterliegen.
Der Betriebsrat will das verhindern. „Diese Pläne sind für die Mitarbeiter eine Katastrophe“, sagt Laages. Wer betroffen ist, verdiene ohnehin keine Reichtümer, sagt Heike Maser-Festersen von der zuständigen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Künftig würden einige nur knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen, so die Verdi-Funktionärin weiter. Auch die Gewerkschaft kündigte Widerstand gegen die Pläne an.
Für die Regio-Geschäftsführung ist das Sparkonzept alternativlos. Sie hält die betroffenen Bereiche für nicht wettbewerbsfähig und erwartet von der Neustrukturierung jährliche Einsparungen in Millionenhöhe. Geschäftsführerin Angela Bartels wies auf den Verlust von neun Millionen Euro hin, den die Klinikgruppe 2013 erwirtschaftet hat. Auch das diesjährige Geschäftsjahr werde mit einem Minus abgeschlossen. Es soll unter dem von 2013 liegen, jedoch höher sein als noch zu Beginn des Jahres prognostiziert. Laut Bartels bewegen sich die Regio Kliniken in einem „hart umkämpften Markt“. Angesichts der finanziellen Situation reiche ein Ausbau der medizinischen Leistungen zur Steigerung der Einnahmesituation nicht mehr aus. Man müsse gleichzeitig die Kostenstruktur anpassen, so die Geschäftsführerin.
Die Regio Kliniken verfügten im März noch über 2071 Mitarbeiter. Weiteres Personal ist bereits in der Pinneberger Kliniken Servicegesellschaft (PKS) ausgelagert. Diese Billigtochter entstand 2004 noch unter der Regie des Kreises als Eigentümer. Seit 2011 gilt für die PKS-Beschäftigten ein Haustarifvertrag. „Der ist der Geschäftsführung auch ein Dorn im Auge. Wir befürchten, dass auch hier der Hebel angesetzt werden soll“, berichtet Laages.
Die PKS wechselte Anfang 2014 den Eigentümer, sie gehört seitdem zur Sana Personal Service GmbH (SPS). Die SPS unterliegt keiner Tarifbindung. Das Einstiegsgehalt für eine Reinigungskraft oder eine Küchenhilfe beträgt 9,12 Euro pro Stunde. Das ist 62 Cent über dem von Union und SPD während der Koalitionsverhandlungen vereinbarten Mindestlohn.
Betriebsrat will mit anwaltlicher Hilfe die rechtliche Seite prüfen und weitere Schritte beraten
Der Betriebsrat werde mit anwaltlicher Hilfe die rechtliche Seite prüfen und über die weiteren Schritte beraten. „Wir werden versuchen, für die betroffenen Mitarbeiter einen Überleitungstarifvertrag zu vereinbaren. Wir müssen verhindern, dass für die Betroffenen ein tarifloser Zustand entsteht“, so Laages weiter. Die Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung sollen 2015 beginnen. „Wir gehen von einem mehrmonatigen Verhandlungsprozess aus“, sagt Sebastian Kimstädt, der Sprecher der Klinikgruppe. Nach seinen Worten werde die Geschäftsführung auch die Vorschläge des Betriebsrates in die Entscheidungsfindung einbeziehen. „Welche Ergebnisse herauskommen, wird man erst am Ende der Verhandlungen sehen.“
Für Betriebsrat und Gewerkschaft ist klar, dass es der Geschäftsführung nur um eine Ausgliederung gehen kann. Und auch Kliniksprecher Kimstädt räumt ein, dass eine Übertragung von Aufgaben an Sana-eigene Dienstleistungsfirmen „naheliegend“ wäre. Er könne die Verunsicherung der Mitarbeiter nachvollziehen, so Kimstädt weiter. Betriebsratschefin Laages fordert alle Mitarbeiter auf, gemeinsam Front gegen die Pläne zu machen. „Wir müssen alle solidarisch sein. Eine Klinik funktioniert nicht nur mit Ärzten und Pflegekräften. Alle Mitarbeiter leisten ihren Beitrag dazu, dass der Laden läuft.“