Stadt erstellt nach Großrazzia im Rathaus einen Krisenplan. Kollegen übernehmen Baustellen der Architektinnen, die im großen Stil Baumaterial auf Kosten der Stadt privat verwendet haben sollen.
Elmshorn. Während die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Kiel gegen vier Mitarbeiter des Gebäudemanagements in der Elmshorner Verwaltung wegen Untreue und Bestechlichkeit auf Hochtouren laufen, hat die Stadt nun einen Krisenplan vorgelegt. Denn für mehrere Großbaustellen stehen nun die Hauptverdächtigen, zwei städtischen Architektinnen, nicht mehr zur Verfügung. Doch die Projekte müssen weiter voran getrieben werden.
Am Mittwoch vergangener Woche hatten mehr als 100 Kräfte des Landeskriminalamtes unter anderem das Elmshorner Rathaus durchsucht. Hintergrund war die Anzeige der Stadt gegen die zwei Architektinnen, einen Hausmeister und eine weitere Verwaltungskraft, die der Untreue, Bestechlichkeit und der Beihilfe zur Untreue verdächtigt werden. Sie sollen über einen längeren Zeitraum hinweg einen Schaden in mindestens mittlerer fünfstelliger Höhe verursacht haben. Offenbar sollen Baumaterialien auf Kosten der Stadt beschafft und dann privat verwendet worden seien.
Im Zentrum der massiven Korruptionsvorwürfe stehen die beiden Architektinnen Nicole H. und Inga B., langjährige Mitarbeiterinnen im Rathaus. Über ihr Privatleben ließen sie offenbar nicht viel nach Außen dringen. Nach Abendblatt-Informationen soll erst während der Ermittlungen bekannt geworden sein, dass die beiden in einer festen Partnerschaft zusammenleben. Dies ist insofern pikant, als dass in der Elmshorner Verwaltung das Vier-Augen-Kontrollprinzip gilt – wie in den meisten anderen Verwaltungen auch. Dieses wurde im aktuellen Fall ausgehebelt, weil das Paar gemeinsam für die Stadt viele Baustellen betreute. Da jede einzelne der betroffenen Rechnungen unter dem Betrag von 10.000 Euro liegt, gingen diese am Rechnungsamt vorbei.
Um laufende Projekte nicht zu gefährden, werden die Aufgaben der freigestellten Mitarbeiter nun anders verteilt. „Die Bauaufsicht übernimmt die Verwaltung des Treuhandvermögens für den Stadtumbau West“, sagt Stadtrat Dirk Moritz. Auch für das große Sorgenkind, die Erich Kästner Gemeinschaftsschule (KGSE) – der Neubau ist schon ein Jahr im Verzug –, gibt es eine Lösung.
„Bauingeneur Alexander Kischmann wird die Projektleitung übernehmen und dafür von anderen Projekten freigestellt.“ Das Flächenmanagement wird die Liegenschaften verwalten und die Abnahme des KGSE-Außengeländes übernehmen. Ende Sommer 2015 soll der Neubau dann eingeweiht werden.
Während die 6,6 Millionen teure Sanierung des Anne-Frank-Gemeinschaftsschule in den Händen der unbescholtenen Architektin Britta Henze bleibt, soll der zweite Bauabschnitt am Stadttheater komplett extern vergeben werden. Hier werden Lüftung, Außenfassade und Stuck saniert. „Die Hauptplanungskosten lagen im ersten Bauphase“, sagt Moritz. Somit blieben weitere Kosten überschaubar.
Das Pumpenhaus, das im Zuge des Stadtumbaus West neu gestaltet werden soll, wird vom Amt für Stadtentwässerung und dem Amt für Stadtentwicklung übernommen. Der Abriss des Parkdecks Südufer bleibt in der Hand des Gebäudemanagements. „Wir werden ein Projekt nach dem anderen abarbeiten und nicht wie bisher an vielen gleichzeitig arbeiten“, sagt Moritz, den der Zusammenhalt und die Hilfsbereitsschaft der Mitarbeiter aus den anderen Amtsbereichen tief beeindruckt. Die Stadtverwaltung beweise wie schon nach dem Großbrand im Hochhaus an der Beethovenstraße im Juni ein gut funktionierendes Krisenmanagement. Das Großprojekt Rathaus-Neubau muss allerdings vorerst hintenangestellt werden. „Hier haben wir uns aber in der Konzeptplanung bereits einen zeitlichen Puffer erarbeitet“, sagt Moritz.
Das Hauptgeschäft des von dem Skandal betroffenen Gebäudemanagements ist die Bauunterhaltung. Hier werden zunächst nur noch die dringendsten Reparaturen an den insgesamt 71 Liegenschaften ausgeführt. Ein Notdienst wird aufrecht erhalten. „Wenn irgendwo in einer Schule die Heizung ausfällt, fährt wie gehabt sofort jemand raus“, sagt Moritz.
Wichtig sei es jetzt, den Mitarbeitern im Rathaus Mut zu machen und ihr Selbstvertrauen zu stärken. Dies sei von den Geschehnissen der vergangenen Tage erschüttert worden. „Das ist ein schlimmer Imageschaden“, sagt Moritz. Mut mache der Zuspruch aus der Bevölkerung. „Viele Bürger haben uns ihr Vertrauen ausgesprochen.“