In der Unteroffizierschule der Luftwaffe in Appen werden Freiwillige der Bundeswehr für den Ebola-Hilfseinsatz in Liberia ausgebildet. Berliner Bundestagsabgeordnete informieren sich über Ausbildung.
Appen. Es ist warm, Maschinen dröhnen. Knisternd und raschelnd bewegen sich Menschen in bunten Schutzanzügen durch die Halle. Mit behäbigen Schritten gehen sie zur Desinfektion, stellen sich ins Chlorbad. „High Risk Zone“ steht auf einem Schild.
Gefahr besteht in der Halle auf dem Gelände der Appener Unteroffizierschule der Luftwaffe (USLw) zwar nicht. Dennoch muss jeder Schritt bei der Ausbildung von Freiwilligen der Bundeswehr für einen Einsatz im Ebola-Krisengebiet in Monrovia, der Hauptstadt Liberias, akribisch ausgeführt werden. Nur wenn das Anziehen und Ausziehen der Schutzanzüge korrekt durchgeführt wird, kann das Risiko, sich mit der tödlichen Krankheit zu infizieren, gering gehalten werden.
Fünf Tage lang werden die Freiwilligen in der Appener Kaserne für ihren Einsatz in Westafrika ausgebildet. Das Anlegen und Ausziehen des Schutzanzugs und das Arbeiten in voller Montur gehören ebenso dazu wie Lehrstunden zu interkultureller Kompetenz, Länderkunde und Aufklärung über die Gefahren durch Ebola, durch Tiere, Unruhen in der Bevölkerung und andere Krankheiten wie Cholera oder Malaria.
Bei den Vorbereitungen kommt ein Ausbilder auf zwei Soldaten, ein Fehler in der Prüfung ist ein Ausschlussgrund für den Einsatz. Zudem werden die Helfer psychologisch vorbereitet. „In Westafrika werden sie täglich mit dem Tod konfrontiert sein“, sagt Major Nils-Alexander Simon, der die Helfer ausbildet. „Die Gefahr, infiziert zu werden, ist sehr groß. Jeder Fehler kann tödlich sein.“
Simone P. wird in einigen Wochen nach Liberia reisen. In dieser Woche beendet sie ihre Ausbildung für den Hilfseinsatz. Die 34 Jahre alte Hamburgerin arbeitet mit Kollegen vom Bundeswehrkrankenhaus im Fachbereich Tropenmedizin am Bernhard-Nocht-Institut. Sie wird als Mitglied des Sanitätspersonals für vier bis fünf Wochen nach Liberia gehen. Kuschelig warm sei es in den Schutzanzügen, sagt sie. Dabei herrschen in der Appener Halle gerade einmal um die 25 Grad Celsius. In Westafrika wird es ungleich heißer sein. Maximal eine Stunde arbeiten die Helfer in den Schutzanzügen, danach folgt eine Regenerationsphase. „Am Ende der 60 Minuten stehen sie in ihrem eigenen Saft“, sagt Major Simon. Deshalb sei es wichtig, genug zu trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.
Simone P. hat sich freiwillig für den Einsatz gemeldet. „Durch meine tägliche Arbeit im Labor bringe ich das nötige Know-how für den Hilfseinsatz mit“, sagt sie. „Dafür mache ich meinen Job.“ Angst habe sie nicht, sagt P., „aber Respekt schon. Ich glaube, wenn man Angst hat, ist man dort falsch. Wer Angst hat, macht Fehler.“ Neun Auslandseinsätze hat sie bereits hinter sich, unter anderem in Mali und im Kongo. „Meine Familie war, wie bei jedem Auslandseinsatz, wenig begeistert. Aber sie vertraut mir, dass ich das Risiko richtig einschätze“, sagt die junge Frau. „Ich helfe gern, das ist mein Job.“ Hätte Ministerin von der Leyen nicht einen Freiwilligenaufruf gestartet, hätte P. sich auf anderem Wege für einen Hilfseinsatz gemeldet.
Am Dienstag kamen die Bundestagsabgeordneten Charles Huber, Anita Schäfer und Thomas Stritzel nach Appen, um sich über die Ausbildung der Helfer zu informieren. Sie drückten den Freiwilligen ihre Anerkennung für den Mut aus, in das Krisengebiet zu gehen, um zu helfen. „Das ist ein anstrengender und gefährlicher Einsatz. Umso größer ist unser Respekt vor ihrer Aufgabe“, sagte Schäfer.
Allerdings fühlten sich viele der Freiwilligen privat ausgegrenzt, sagt Major Simon. Viele Menschen hätten Angst vor den zurückkehrenden Helfern. „Es ist eine zusätzliche Belastung für die Helfer und ihre Familien, wenn Kindern im Kindergarten gesagt wird: Wenn dein Vater aus Afrika wiederkommt, musst du erst mal zu Hause bleiben“, so Simon. Er appelliert an die Politiker, den Rückhalt und die Anerkennung der Freiwilligen zu stärken.
In Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz werden die Freiwilligen in Liberia vor allem mit einheimischen Kräften arbeiten. 90 Prozent der Helfer kommen aus Liberia. Die einheimischen und ausländischen Hilfskräfte kommunizieren auf Englisch, einen speziellen Sprachkursus gibt es nicht. Die Ausbildung soll die Helfer gut vorbereiten, doch ein Restrisiko bleibt. „Wenn der Einsatz beginnt, steht auch die Rettungskette“, sagt Brigadegeneral Michael Traut. Denn bei aller Vorsicht, auszuschließen ist ein Ansteckung nie.