100 Fahnder von Staatsanwaltschaft und LKA durchsuchen Rathaus und andere städtische Gebäude. Bürgermeister Hatje stellt vier Mitarbeiter des Gebäudemanagements frei und erteilt ihnen Hausverbot.
Elmshorn. 100 Fahnder der Staatsanwaltschaft Kiel und des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein haben am Mittwoch das Elmshorner Rathaus sowie weitere städtische Gebäude durchsucht.
Hintergrund der Razzia ist die Anzeige der Stadt gegen vier Mitarbeiter des Gebäudemanagements. Die beiden Architekten, der Hausmeister und die Verwaltungskraft werden der Untreue, Bestechlichkeit und der Beihilfe zur Untreue verdächtigt. Sie sollen über einen längeren Zeitraum hinweg einen Schaden in mindestens mittlerer fünfstelliger Höhe verursacht haben. Offenbar sollen Baumaterialien auf Kosten der Stadt beschafft und dann für private Zwecke verwendet worden seien. Dies geschah unter Mitwisserschaft von mehreren Firmen, die die Materialien anlieferten.
„Wir haben Hinweise auf bestimmte Vorgänge erhalten und sind diesen nachgegangen“, so Bürgermeister Volker Hatje. Nach einer Prüfung hätten sich die Vorwürfe bestätigt, so dass die Stadt bereits am 13. Oktober das LKA einschalten musste. Die Stadt habe sich gegen eine interne Aufarbeitung des Falles – etwa durch Disziplinarverfahren – entschieden, da sonst etwaige Beweise hätten vernichtet werden können. „Der Vorfall soll vorbehaltlos und vollständig aufgeklärt werden“, so der Bürgermeister weiter. Es handele sich um „langjährige und verdiente Mitarbeiter der Stadt“, so Hatje weiter. „Wir alle im Rathaus stehen unter Schock.“
Der Verwaltungschef informierte noch am Mittwoch während einer Personalversammlung alle Mitarbeiter über die Vorwürfe.
„Wir ermitteln gegen Amtsträger aus dem Elmshorner Rathaus wegen Untreue und Bestechlichkeit sowie gegen Mitarbeiter von Firmen wegen Beihilfe zur Bestechung“, bestätigt Birgit Heß, die Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft in Kiel. Nach ihren Angaben betrifft ein Großteil der Vorwürfe den Neubau der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule (KGSE).
Doch auch andere Projekte des Gebäudemanagements sollen betroffen sein. Etwa 100 Ermittler des Landeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft Kiel durchsuchten am Mittwoch zeitgleich diverse Objekte, darunter das Rathaus, die Bismarckschule, die Grundschule Hainholz sowie das Gelände des ehemaligen Klärwerks an der Kruck, das als Materiallager dient.
Auch die Privatwohnungen der Beschuldigten, darunter Beamte und Angestellte, nahmen die Fahnder unter die Lupe. Bis zum späten Nachmittag parkten zwei Polizeiwagen auf dem Rathausparkplatz. Um kurz nach 14 Uhr luden die Staatsanwälte kistenweise Beweismaterial, darunter Aktenordner und Computerfestplatten, in die Fahrzeuge ein.
Nach Abendblatt-Informationen soll die Lawine ins Rollen gekommen sein, als einer der beschuldigten Lieferanten eine Rechnung stellte und dabei das Bauvorhaben verwechselte. Das Papier landete daraufhin auf dem Tisch einer unbescholtenen Mitarbeiterin, die stutzig wurde und die Verwaltungsleitung informierte. Nachforschungen ließen dann immer mehr Unregelmäßigkeiten zutage treten – etwa, dass für eine Pflasterfläche von zehn Quadratmetern 140 Quadratmeter Pflaster bestellt worden war und die überschüssige Ware verschwunden ist. Hauptbeschuldigte soll eine städtische Architektin sein, die das Material dem Vernehmen nach für ein privates Bauprojekt verwendete.
Die Stadt hat die betroffenen Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung freigestellt, sie mussten Rathausschlüssel und Dienstausweis abgeben. Außerdem wurde ihnen ein Hausverbot für sämtliche Gebäude der Stadt erteilt.