Wedels Sparzwang trifft das Ernst Barlach Museum mit voller Wucht. Museumsleitung ist über beschlossene Zuschusskürzung schockiert. Kulturfreunde schließen sich zusammen, um der Einrichtung zu helfen.
Wedel. Ernst Barlach hatte es in seiner Heimatstadt nicht immer leicht. Als der Bildhauer nach einem zweijährigen Studium in Paris 1901 als freischaffender Künstler nach Wedel zurückkehrte, wurde seine Arbeit skeptisch beäugt. Ob als Schutz oder als ironische Reaktion, Barlach lieh sich damals Landmaschinen und stellte sie anstatt seiner Arbeiten in den Fenstern aus – wie Heike Stockhaus erzählt. Derzeit muss die Leiterin des Ernst Barlach Museums in Wedel oft an diese Anekdote denken. Sie ist zwar noch nicht soweit, dass sie Landmaschinen in der Einrichtung ausstellen will, aber auch sie hat das Gefühl, dass in Wedel das Schaffen des Barlach Museums nicht ankommt.
Stockhaus hat den Schock noch nicht überwunden, dass der städtische Zuschuss für die Einrichtung fast komplett gestrichen werden soll. CDU, Grüne und FDP hatten beschlossen, dem Museum die Förderung von 40.000 Euro in 2015 auf einen Versicherungsbeitrag in Höhe von 3600 Euro zu kürzen.
„Das ist eine Demütigung für das Museum und für uns“, sagt Stockhaus. Eine Erklärung für den kompletten Liebesentzug hat sie nicht. Zumindest ist der Anlass klar: Wedel muss den Gürtel enger schnallen. Nachdem insgesamt 28 Millionen Euro Gewerbesteuern wegbrachen, regiert jetzt der Rotstift.
„Unsere Arbeit wird nicht honoriert. Das Ernst Barlach Museum erhält im Vergleich zu allen anderen öffentlich geförderten Einrichtungen der Stadt den niedrigsten Zuschuss, und den streicht man uns auch noch“, kritisiert Stockhaus. Das Geld dient als Anschubfinanzierung der wechselnden Ausstellungen. Für 2015 war geplant, die von Fotograf August Sander festgehaltenen Menschen des 20. Jahrhunderts zu zeigen und dem Phänomen Hundertwasser nachzuspüren. Beides steht auf der Kippe.
Doch es gibt Hoffnung für Hundertwasser und Co. – zumindest ein klein wenig. Nachdem die Kürzung und der damit verbundene Ausstellungsstopp öffentlich wurden, meldeten sich Freunde des Hauses. Es hat sich eine Initiative gebildet, die helfen will. Einer von ihnen ist Lothar Barop, der auch für die SPD im Rat sitzt. Allerdings betont er, dass sein Engagement in diesem Fall unpolitisch sei. Vielmehr möchten er und andere Kulturinteressierte überparteilich ein Zeichen für das Museum setzen und Spenden sammeln. Grafiker Jürgen Pieplow hat dafür eine Zeichnung der Barlach-Figur „Der singende Mann“ zur Verfügung gestellt. Sie soll vervielfältigt und als Postkarte zum Beispiel am Sonnabend in der Bahnhofstraße verkauft werden. „Uns geht es darum, eine Lösung zu finden, damit das Museum seine gute Arbeit für die Stadt weitermachen kann“, erklärt Barop.
Eine Art Bündnis für Barlach zu initiieren, war ohnehin ein Plan der Museumsleitung. Denn der Zuschuss der Stadt reichte bei weitem nicht aus. Die für 2015 geplanten zwei Ausstellungen kosten allein 122.000 Euro. Die Finanzierung stemmte die Ernst Barlach Gesellschaft durch Ausstellungen in anderen Häusern. „Wir tragen den Namen dieser Stadt in die Welt“, so Stockhaus. Und die Ausstellungen wiederum lockten die Welt nach Wedel.
Umso weniger begreife sie, so Stockhaus, warum erneut die Existenz des Barlach Museums in Frage gestellt wird. Bereits 2007 wurde der Zuschuss gestrichen. Drei Jahre lang gab es nur eine Dauerausstellung, bis man sich auf neue Förderichtlinien einigte. Für Stockhaus steht fest: „Wir haben das schon einmal erlebt und kennen die Konsequenzen. Noch einmal fange ich nicht von vorne an.“
Wer spenden möchte, kann dies über das Konto der Sparkasse Wedel unter dem Stichwort: Bürger für Barlach tun. Die IBAN-Nummer dafür lautet: DE40 2215 1730 0000 0553 95