Durch die Umstellung auf Winterzeit, erhöht sich die Gefahr durch Wildunfälle wieder. Denn die Dämmerung, in der Rehe und Wildschweine aktiv sind, fällt mit der Hauptverkehrszeit der Pendler zusammen.
Kreis Pinneberg. Die Kreisjagdbehörde warnt Autofahrer vor erhöhter Wildunfallgefahr, denn mit der Zeitumstellung verlängert sich auch die Hauptgefährdungsphase. „Durch die Umstellung auf Winterzeit fallen Sonnenaufgang und Dämmerung stärker mit der Hauptverkehrszeit zusammen“, sagt Kreisjägermeister Wolfgang Heins. Betroffen seien vor allem die zahlreichen Pendler nach Hamburg, die auch aus den Kreisen Steinburg und Dithmarschen kommen. Gerade in der Morgen- und Abenddämmerung ist das Wild besonders aktiv und quert auf Futtersuche auch Straßen an schlecht einsehbaren Stellen. Und auch die Autofahrer müssen sich umstellen und an die geänderten Sicht- und Straßenverhältnisse gewöhnen. Oft wird der längere Bremsweg aufgrund von Laub und Nässe auf der Straße unterschätzt.
Die Jäger hoffen, die Zahl der Wildunfälle mit blauen Lichtreflektoren am Straßenrand zu minimieren, die sie ehrenamtlich und oft auf eigene Kosten entlang der Gefahrenschwerpunkte im Kreis, zum Beispiel an der Bundesstraße B 4 zwischen Bilsen und Quickborn, anbringen. Die Zahlen aus einem Forschungsprojekt von ADAC und Deutschem Jagdverband auf Versuchsstrecken in Schleswig-Holstein geben Grund zur Hoffnung: Die Wildunfälle konnten um bis zu 80 Prozent gesenkt werden. „Wir haben auch den Eindruck, dass die blauen Reflektoren Wirkung zeigen und die Wildunfälle an diesen Stellen deutlich zurückgehen“, sagt Wolfgang Heins.
Die Statistik weist allerdings einen leichten Anstieg auf. So wurden im Kreis Pinneberg im Jagdjahr 2013/14 insgesamt 1984 Stück Rehwild gestreckt, davon 327 durch Straßenverkehr. „Das entspricht 19 Prozent der Gesamtstrecke“, sagt Hans-Albrecht Hewicker, Vorsitzender der Kreisjägerschaft. Im Vorjahr waren es lediglich 15 Prozent. Allerdings seien die Zahlen der Wildunfälle mit Rehwild seit 2009/10 konstant rückläufig. „Wir hoffen, dass beim Wild kein Gewöhnungseffekt einsetzt“, sagt er. Tiere würden sich an fast alles gewöhnen, vielleicht auch an blaue Reflektoren. Allerdings könnten Rot und Grün von Wildtieren, das nur Grautöne erkennt, nicht deutlich unterschieden werden. Rote Reflektoren, wie sie lange eingesetzt wurden, haben somit für Reh und Schwein keine Alarmwirkung wie für den Menschen. „Dagegen hebt sich Blau, eine Farbe die in der Natur kaum vorkommt, deutlich ab“, sagt Hewicker. Bislang hätte das abschreckende Wirkung gezeigt. Allerdings halte kein Reflektor ein Tier auf, das panisch vor wildernden Hunden oder lauten Crossmotorrädern fliehe.
Als Gefahrenquelle hinzu kommt die Brunftzeit der Hirsche. „Die sind in dieser Zeit unheimlich aktiv und kopflos“, sagt Hewicker. Während die Brunftzeit der Rothirsche Mitte Oktober endet, ist die des Damwildes noch bis Mitte November im Gange. Anders als das Rotwild hält es sich nicht nur in Wäldern auf, sondern steht häufig auf Wiesen und Feldern. Damwild ist im Gegensatz zum Rotwild tagaktiv, sehr unruhig und wechselt bei Störungen den Standort weitläufig. „Im Kreis Pinneberg haben wir kein frei lebendes Damwild“, sagt Hewicker. Er mahnt jedoch, verstärkt auf den Straßen in den Kreisen Segeberg und Steinburg auf querendes Damwild zu achten.
Generell gilt für Autofahrer in ländlichen Gebieten, besonders vorausschauend zu fahren. „Vom Gaspedal runter ist der beste Schutz“, sagt Heins. Wenn es doch zum Unfall kommt, nicht ausweichen, in der Spur bleiben und bremsen, rechts ranfahren, Warnblinkanlage an und Polizei informieren. „Wir haben in Schleswig-Holstein eine Meldepflicht bei Wildunfällen“, sagt der Kreisjägermeister. Dahinter stehe der Tierschutzgedanke. Bei einem Wildunfall informiert die Polizei den Jäger im Revier, der dann nachsucht und das angefahrene Wild gegebenenfalls von seinen Qualen erlöst. Dazu haben die Jäger im Kreis eine revierübergreifende „Wildfolgeabmachung“ eingeführt. Jeder Jagdbezirk trägt dort die Pächter mit Kontaktdaten ein, sodass die Polizei sofort weiß, wen sie anrufen muss.
In Schleswig-Holstein starben im 2012/13 insgesamt 2363 Rehe und Hirsche sowie 423 Wildschweine im Straßenverkehr. Unfälle mit Niederwild wie Hasen gehen kaum in die Statistik ein, weil sie nicht gemeldet werden.