Schenefelder Unternehmen schult Kapitäne, wartet 600 Schiffe und entwickelt neue Software
Auf Knopfdruck in Shanghai – das gibt es so auch nur in Schenefeld. Um genau zu sein, im Schulungszentrum des Unternehmens Interschalt maritime systems. Hier dauert es nur wenige Minuten, und die Szenerie wechselt zwischen dem Hamburger Hafen und dem Port Jackson in Sydney – oder das Wetter springt um. Die ruhige See verwandelt sich per Animation in große Wellen.
Über insgesamt vier Brücken verfügt der Schiffssimulator, in den das Unternehmen drei Millionen Euro investierte. Seit 2007 existiert der Schiffssimulator, mit dessen Hilfe jedes Jahr Hunderte von Kapitänen und Nautiker lernen, wie sie die großen Pötte durch Unwetter auf dem Meer sowie Engstellen in den Häfen lenken oder auch einem Piratenangriff begegnen. Allein 2013 waren es 500, seit Start des Simulators mehr als 3000 Teilnehmer, die ihr Schifffahrtswissen ausgerechnet in dem sonst von Wasser nicht so verwöhnten Schenefeld vertieften.
Das „Maritime Education & Training Center“ (MET) gehört zu den zahlreichen neuen Dienstleistungen, die Interschalt den Reedereien heute anbietet. Das 1954 gegründete Unternehmen entwickelt und liefert weltweit maritime Systeme und Anlagen der Elektrotechnik, Automation und Informationstechnologie für Kunden im Bereich des Schiffsbaus und der Schifffahrt. Auf zahlreichen Containerschiffen, die auf den Weltmeeren unterwegs sind, fahren Schaltpulte, Alarm- und Kontrollsysteme oder Navigationsgeräte mit. Hinzu kommen die vielen Software-Produkte, die den Reedereien dabei helfen, ihre Schiffe besser zu überwachen oder sie möglichst optimal mit Containern zu beladen. 1983 brachte Interschalt den ersten Ladungsrechner auf den Markt.
Am Osterbrooksweg sitzt die Firmenzentrale des mittelständischen Unternehmens, das auch selbst ausbildet – unter anderem Industriekaufmann/-frau, Elektroniker für Betriebstechnik und Elektroniker für Geräte und Systeme. Weitere Niederlassungen hat Interschalt in Flensburg, Bergen, Fichtenwalde, Schönberg, Rotterdam, Shanghai, Houston, Fort Lauderdale und Singapur. 170 der weltweit 300 Mitarbeiter sind in Schenefeld tätig. Hier sitzt auch die Abteilung Service mit rund 40 Mitarbeitern, die sich um die rechtzeitige Wartung der Teile von etwa 600 Schiffen kümmern. „Wir sind ein mittelständisches Unternehmen, das sich in den vergangenen Jahren von einem reinen Hardware-Produzenten zu einem globalen maritimen Software- und Service-Dienstleister weiterentwickelt hat“, erklärt Ulf Hansen, der neu an Bord ist. Hansen bildet seit knapp einem Jahr zusammen mit dem bisherigen Geschäftsführer Robert Gärtner die Doppelspitze von Interschalt.
Die doppelte Kraft in der Chefetage braucht es auch. Denn Interschalt hat einiges vor. Das Unternehmen ist auf Wachstumskurs. Den Schub soll eine neue Software bringen, die Interschalt jetzt passend zur Schiffbaumesse in Hamburg zum ersten Mal präsentierte. „Das ist eine Weltneuheit aus Schenefeld“, sagt Hansen. „StowMan S“ heißt die Software, an der in den vergangenen Jahren in Zusammenarbeit mit der Universität in Kopenhagen intensiv gearbeitet wurde. „Ziel ist es, unter ökonomischen und logistischen Gesichtspunkten den optimalen Stauplan zu entwickeln“, erläutert der Geschäftsführer. „Das Ergebnis ist mehr Ladung an Bord der Schiffe.“
Klingt so einfach, ist aber hoch komplex. Drei bis sechs Stunden arbeiten Stauplaner, wie die Experten für die Containerlösungen heißen, an der möglichst optimalen Beladung eines Schiffes. Dabei müssen sie beispielsweise auf Gefahrenstoffe, auf das Gewicht beziehungsweise die Stabilität des Schiffes achten und auch auf so Kleinigkeiten wie die Steckdosen für die gekühlten Waren im Container. Mit Hilfe der Software soll ihnen innerhalb von 30 Sekunden eine Basis von Varianten geschaffen werden, aus der sie mit ihrem Erfahrungsschatz dann die beste auswählen. Das spart Zeit und Geld.
„Diese neue Software revolutioniert die Stauplanung“, ist sich Hansen sicher, der sich derzeit mit vielen Reedereien zum Beispiel aus Asien und Europa in Verkaufsgesprächen befindet. Er rechnet damit, dass in einigen Jahren der Marktanteil in diesem Bereich bei 50 Prozent liegt und Interschalt dafür bis zu 150 neue Arbeitsplätze schafft. Das ist bereits in den vergangenen 13 Jahren gelungen. Denn im Jahr 2000 lag die Mitarbeiterzahl noch bei 120. Der Umsatz betrug 2013 rund 60 Millionen Euro, davon wurden 35 Millionen Euro bereits mit dem Bereich Software erwirtschaftet. Tendenz steigend.