Haiprodukte sind auch auf dem deutschem Markt zu finden. Der Verein „Stop Finning“ klärt auf, in welchen Produkten Hai verarbeitet wurde und suchen das Gespräch mit Supermarktketten und Fischhändlern.
Elmshorn. Jedes Jahr sterben weltweit 25.000 Menschen durch Hunde. Lediglich fünf werden bei Haiangriffen getötet. „Dennoch gilt der Hai vielen als Inbegriff der blutrünstigen Bestie“, sagt Oliver Feist. Der 29-Jährige aus Elmshorn wundert sich über die seit den 80er Jahren anhaltende Massenhysterie. Mit Gleichgesinnten aus ganz Deutschland kämpft er für die bedrohte Spezies, deren Lobby sich selbst vierzig Jahre nach Spielbergs Thriller „Der weiße Hai“ noch in Grenzen hält.
Wachgerüttelt wurde der Hobbytaucher 2007 durch den kanadischen Dokumentarfilm „Sharkwater – Wenn Haie sterben“. Feist begann Informationen in einem Blogg zusammenzutragen. Dann kamen soziale Netzwerke und andere Mitstreiter dazu. Im August hat Feist den Verein „Stop Finning“ gegründet, um etwas gegen die gestiegene Nachfrage nach Haiprodukten zu tun. Die bislang sieben Vereinsmitglieder setzen sich dafür ein, dass Haiprodukte vom deutschen Markt verschwinden.
Finning bezeichnet die besonders im asiatischen Raum verbreitete Praxis, Haien die Flossen abzuschneiden und die verstümmelten, oft noch lebenden Tiere zurück ins Meer zu schmeißen. Vor allem die Flossen bringen Geld ein. So gilt Haiflossensuppe vielen Asiaten als Zeichen von Wohlstand. „Durch die Überfischung sind die Bestände gefährdet“, sagt Feist. Denn Haie wachsen nur langsam, erreichen spät die Geschlechtsreife und bekommen nur wenige Nachkommen. „Wir kämpfen nicht um den Erhalt der Spezies, weil Haie unsere Lieblingstiere sind. Ohne die Topräuber brechen die Ökosysteme der Meere zusammen.“ Jedes Jahr werden 120 bis 200 Millionen Haie gefangen. Einige landen als Beifang in Netzen.
Finning ist zwar in der Europäischen Union seit 2003 verboten, doch gab es Ausnahmeregelungen und kaum Möglichkeiten, die Fischer zu kontrollieren. Die Mitgliedstaaten konnten Fangerlaubnisse erteilen, die es zum Beispiel erlaubten, gefangene Haie an Bord von Schiffen zu verarbeiten. Spanien und Portugal nutzen diese Schlupflöcher. 2013 besserte die EU nach und schreibt nun vor, dass Haie intakt an Land gebracht werden müssen. Kein Grund zum Aufatmen: „Der Dornhai wird nun im Nordatlantik gefangen, weil dort die Bestände angeblich noch in Ordnung sind“, sagt Feist. Dabei sei dies widerlegt.
Finning ist längst kein Problem, dass sich auf den asiatischen Markt beschränkt. „Auch in Deutschland sind Haiprodukte im Handel“, sagt Feist. Seeaal (Dornhai), Haisteaks (Blau- oder Heringshai) und Haiflossensuppe sind in vielen Geschäften und Restaurants zu finden. Auch hinter den Bezeichnungen Kalbsfisch, Steinlachs, Ozeanfilet oder Surimi verbirgt sich Hai. Schillerlocken sind hierzulande die wohl bekanntesten Haiprodukte. Das es sich dabei um die Bauchlappen des Dornhais handelt, ist vielen Konsumenten hingegen nicht bewusst. „Auch auf dem Wochenmarkt in Elmshorn und dem Fischmarkt in Hamburg wird Dornhai verkauft“, sagt Feist. Das Gespräch mit den Händlern, die sich häufig gleich in ihrer Existenz bedroht fühlen, sei jedoch oft schwieriger als die Verhandlungen mit großen Supermarktketten, die auf ihr Image bedacht sind.
Ihr bisher größter Erfolg: Die Rewe-Gruppe nahm im vergangenen Jahr deutschlandweit alle Dornhai-Produkte aus dem Sortiment – zwei Wochen nachdem Feist und Freunde das Gespräch gesucht und eine Online-Pedition in dieser Angelegenheit gestartet hatten. Mit offenen Augen gehen sie über Wochenmärkte und durch Geschäfte. „Wir haben auch schon im Onlinehandel Tierfutter mit Haiknorpel entdeckt, aber auch in Gelenk- und Rheumastoffen“, sagt Feist.
Erst vergangene Woche haben die Naturschützer in der Apotheke Rheumakapseln von Doppelherz herausgefischt, die Haiknorpel beinhalten. Nun suchen sie das Gespräch mit der in Flensburg ansässigen Firma Queisser Pharma. „Es geht nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen, sondern für das Thema zu sensibilisieren“, sagt Feist. Das klappt nicht immer. In einem mongolischen Restaurant in Elmshorn, das Haiprodukte auf der Karte führt, argumentierten die Besitzer mit der kulturellen Bedeutung. „Dabei liegt die Mongolei nicht einmal in Meeresnähe“, sagt Feist.
Haiflossen schmecken nicht nur nach nichts, sie sind für den Menschen auch gesundheitlich bedenklich. „In vielen Haiprodukten lassen sich erhebliche Mengen des hochtoxischen Nervengifts Methylquecksilber nachweisen“, sagt der gebürtige Berliner. Die Meere sind mit Schwermetallen belastet und die sammeln sich wie in einem Endlager im Körper derjenigen, die am Ende der Nahrungskette stehen.
Wer Haiprodukte im Handel findet und diese melden möchte, kann das unter www.stop-finning.com.