Die Moorreger Variante des berühmten Londoner Konzerts lockt Jahr für Jahr mehr als 1000 Besucher an. Ehrenamtliche Helfer machen das Spektakel möglich, das am 13. September in die 19. Runde geht.

Moorrege. 364 Tage im Jahr schleppt er Steine, schaufelt tonnenweise Sand, ist sich für keine Arbeit zu schade. Doch einmal im Jahr darf der Radlader des Moorreger Bauhofs seine sanfte Seite zeigen. Denn bei den Vorbereitungen zur Moorrege Proms Last Night, der örtlichen Variante des berühmten Abschlusskonzerts der Londoner Promenadenkonzerte, trägt das Kraftpaket einen der Stars des Konzerts buchstäblich auf Händen.

Auf der schweren Schaufel des Radladers, die für diesen Anlass gründlich mit dicken Kissen gepolstert wird, schwebt Jahr für Jahr der schwere Flügel aus dem Moorreger Schulzentrum in die benachbarte Mehrzweckhalle An’n Himmelsbarg, die sich für diesen einen Spätsommerabend in ein Mekka der leichten Muse verwandelt. „So sanft wie mit dem Radlader könnte man den Transport per Hand und mit dem Rollwagen gar nicht machen“, sagt Bauhofsleiter Stefan Lübcke.

Das Bild vom klassischen Flügel auf dem rustikalen Radlader könnte symbolisch für die Moorrege-Proms stehen. Bei der im Kreis Pinneberg einzigartigen Veranstaltung verbindet sich anspruchsvolle klassische Unterhaltung mit ländlicher Bodenständigkeit. Heraus kommt ein Publikumsmagnet, der jeden Sommer mehr als 1000 Prominente und Normalbürger in einträchtiger Andacht auf den voll besetzten Stuhlreihen der festlich dekorierten Sporthalle vereint.

Am Sonnabend, 13. September, steht die 19. Auflage des Klassikspektakels an. Von 19 Uhr an spielt die KlassikPhilharmonie Hamburg unter Leitung von Robert Stehli eine Mischung aus bekannten Opern- und Operettenarien. In diesem Jahr stehen beispielsweise der „Gefangenenchor“ aus Verdis Oper „Nabucco“, Gershwins „Ein Amerikaner in Paris“ sowie Kompositionen von Mozart und Offenbach auf dem Programm.

Solistische Glanzlichter setzen die junge Geigerin Anite Stroh, der Tenor Jun-Sang Han und die Chorknaben Uetersen unter Leitung von Hans-Joachim Lustig. Karten zu jeweils 20 Euro pro Person gibt es im Vorverkauf unter anderem beim Amt Moorrege, Amtsstraße 12, und im Wedeler Buchhaus Steyer, Bahnhofstraße 46.

Vor dieser Klassik-Kür steht allerdings zunächst die Pflicht. Und die beginnt für Dutzende von ehrenamtlichen Helfern und Mitarbeitern lange bevor der erste Ton erklingt.

„Das erste Vorgespräch führen wir mit Herrn Stehli üblicherweise im März“, sagt Bürgermeister Karl-Heinz Weinberg, der die Moorrege Proms vor fast zwei Jahrzehnten maßgeblich mitinitiierte. Unterstützt von seiner rechten Hand Regina Klüver vom Amt Moorrege spricht Weinberg Termin und Programm ab. „Wir sagen Herrn Stehli, was bei uns in der Region gut ankommt“, sagt Weinberg. „Wir wollen bei den Proms ja eher das Leichte betonen, das jeder verstehen kann.“

Dann legt Koordinatorin Regina Klüver los. Sie verschickt Einladungen an Prominente aus Politik und Wirtschaft, sämtliche Moorreger Vereine, Bürger und die Lokalpresse, gestaltet Karten und das Programmheft, informiert die Vorverkaufsstellen und versorgt sie mit Karten. Sie entwirft auch die Begrüßungsrede für Bürgermeister Weinberg. Den Sonntag nach dem Konzert verbringt sie mit Buchhaltung. Denn gleich am Montag wird mit den Vorverkaufsstellen abgerechnet. Und dann beginnen schon die Planungen für die nächste Runde. „Eigentlich bin ich das ganze Jahr über damit beschäftigt“, sagt Regina Klüver.

Startschuss für Hans Werner Hamann, seit 14 Jahren Hausmeister des Schulzentrums und damit einer der erfahrensten Konzerthelfer überhaupt, ist am Donnerstag vor dem Konzert, Punkt fünf Uhr früh. Gemeinsam mit dem neunköpfigen Bauhofteam unter Leitung von Stefan Lübcke baut er die 14 mal zwölf Meter große Bühne auf, verteilt 1050 Stühle strikt nach dem Bestuhlungsplan des Ordnungsamts, schleppt Getränkekisten und die 100 Rosenkübel für die Dekoration. Unterstützung bei der Installation der Licht- und Tontechnik bekommen Hamann und die Bauhofleute von den Spezialisten einer Haseldorfer Firma.

„Bis Freitagabend muss alles fertig sein, denn am Sonnabend wird nichts mehr gemacht“, sagt der Bürgermeister, der den Aufbau höchstpersönlich abnimmt und hier und da korrigiert. Denn ab 15 Uhr spielt sich in der Halle das Orchester ein. Und bedient sich am kalten Buffet, das die Moorreger DRK-Chefin Marita Batschko mit zwölf Helferinnen vorbereitet. Ab zehn Uhr stehen die Damen in der Schulküche, verwandeln 14 Meterbrote nebst Belag im Akkord in Schnittchen für annähernd 100 Musiker, bauen im Regieraum das Buffet auf. „Da bleibt nichts übrig“, sagt Marita Batschko. „Das Orchester ist eigentlich immer ziemlich ausgehungert.“

Unterdessen bereitet sich die Jugendfeuerwehr auf ihren Einsatz vor. Ab 16.30 Uhr hilft sie Besuchern bei der Parkplatzsuche und steht mit Fackeln Spalier, auf dem Weg zum Eingang. Die Kameraden der aktiven Wehr übernehmen vor allem den Sanitätsdienst. „In 19 Jahren ist aber zum Glück, abgesehen von einem glimpflich verlaufenen Treppensturz, noch nichts passiert“, sagt Wehrführer Sven Heitmann. Er selbst und sein Stellvertreter geleiten ausgewählte Gäste wie etwa Landtagspräsident Klaus Schlie oder Landrat Oliver Stolz zur Halle.

Dort werden sie von festlich gekleideten Damen der Moorreger Karnevalisten in Empfang genommen. Der Verein begrüßt die Besucher, verkauft Programmhefte, hilft beim Ausschank und verteilt nach dem Konzert Rosen an die Musiker. Einlasskontrolle und Abendkasse verantwortet das Team des Moorreger Kulturforums. „Wir sind auch Ansprechpartner für die Gäste“, sagt Forum-Chef Dieter Norton.

In diesem Jahr betreuen sie auch die beiden Getränkezelte, die erstmalig beiderseits des Eingangs aufgestellt werden. Hermann Wilkens schließlich lichtet Besucher und Musiker von allen Seiten ab. Die besten Aufnahmen stellt er der Gemeinde zur Verfügung, die sie als kleine Erinnerung an ausgewählte Gäste versendet. „Ohne das ehrenamtliche Engagement ginge das alles gar nicht“, sagt der Bürgermeister. Er ist derjenige, der unauffällig den Startschuss fürs Konzert gibt: Daumen hoch. Auf dieses Signal wartet hinter dem Vorhang Stehlis Konzertmanager. Erst dann erklingt der erste Ton.