Der parteilose Bernd Möbius ist IT-Experte und will am 21. September Bürgermeister in der Rosenstadt Uetersen und damit Nachfolger der amtierenden Verwaltungschefin Andrea Hansen, SPD, werden.

Uetersen. Bernd Möbius, 55, will als unabhängiger Kandidat bei der Wahl am 21. September den Sprung in das Uetersener Rathaus schaffen. Warum der Uetersener das unbedingt will , das erklärt er im Abendblatt-Interview.

Hamburger Abendblatt: Herr Möbius, was hat Sie dazu bewogen, sich als Bürgermeisterkandidat zu präsentieren?

Bernd Möbius: Bekanntlich ist Leben ja das, was passiert, während man etwas anderes plant. Meine Planung hat weder den Politiker, den Festivalveranstalter noch den Verwaltungschef vorgesehen. Vor der Kommunalwahl mutmaßte meine damalige Lebensgefährtin aber, dass ich eines Tages noch Bürgermeister werde. Damit hatte ich einen Floh im Ohr. Jetzt möchte ich Demokratie leben und eine Wahlvielfalt ermöglichen. Zudem will ich nicht am 22. September die Frage offen haben, ob ich eine Chance gehabt hätte. Und mit gesundem Selbstbewusstsein gesprochen: ich traue es mir zu!

Sie treten als parteiloser Kandidat an, obwohl sie ohne Parteibuch für die Grünen im Stadtrat sitzen. Wollen Sie keine Wahlkampfhilfe von den Grünen?

Möbius: Da ich als Verwaltungschef ja nicht mehr Politiker bin, sondern der Leiter des Rathauses, ist es von Vorteil und glaubwürdiger, in keiner Partei zu sein. Hier greift der Gedanke der Neutralität. Allen Bürgern und dem Wohl der Stadt verpflichtet und nicht nur denen mit dem richtigen Parteibuch. Und über eine Hilfe im Endspurt des Wahlkampfes haben wir gesprochen, die werde ich aus der Fraktion erhalten.

Sie sind als IT-Experte kein Verwaltungsfachmann. Ist es eigentlich von Vorteil, fachfremd zu sein?

Möbius: Jeder Wechsel und jeder Neuanfang in einem fremden Unternehmen stellt eine Herausforderung dar. Das ist nichts ungewöhnliches. Ich stehe bei einem Wahlerfolg dann an der Spitze der Verwaltung, die mit Fachleuten besetzt ist. Teamfähigkeit, Führungsqualität und Wertschätzung sind als wesentliche Begriffe einer guten Zusammenarbeit hervorzuheben. Zudem bin ich nicht völlig ahnungslos. Ich saß ja bereits vor meiner Zeit als Kommunalpolitiker über Jahre in den Ausschuss- und Ratssitzungen als Gast und konnte mir also durchaus ein Bild machen, wie die Zusammenarbeit von Verwaltung und Selbstverwaltung funktioniert.

Ein Dauerthemen ist Uetersens wirtschaftliche Entwicklung. Das Windpark-Repowering ist gestoppt, Firmen ziehen weg. Was läuft in Uetersen falsch?

Möbius: Ich glaube, so einfach mit einer Richtig-Falsch-Beurteilung ist diese Frage nicht zu beantworten. Uetersen ist eine alte Stadt, hat Geschichte, und in dieser sind Entscheidungen zulasten der Stadt beschlossen worden. Etwa die Ablehnung der Bahnlinie durch Uetersen. Die vorhandenen Flächen sind in der Stadt rar, nicht zusammenhängend und vielleicht nicht einmal bekannt. Wir brauchen daher ein funktionierendes Flächenmanagement, in das der Leerstand eingebunden gehört, um schneller reagieren zu können. Ich möchte von Firmen aber auch nicht mehr hören, dass die Stadt wenig Verständnis für deren Wachstumssorgen hat. Der Erhalt von Arbeitsplätzen und bestenfalls die Schaffung neuer hat oberste Priorität. Aber es wird immer auch Firmen geben, die die Stadt verlassen. Was wir daher auch brauchen, ist eine vernünftige Verkehrsanbindung. Die K22 muss kommen.

Was ist außerdem nicht so gut gelaufen?

Möbius: Das Nein zum Repowering. Ich habe mich massiv für das Repowern eingesetzt und der CDU wirtschaftsfeindliches Verhalten und Planungsunsicherheit für die Stadt vorgehalten. Investitionen von 20 Millionen Euro und Gewerbesteuereinnahmen von über 1,5 Millionen Euro nur aus gutnachbarschaftlichem Verhältnis abzulehnen, obgleich wir dem Wohle unserer Stadt verpflichtet sind, ist falsch. Hier hat aber auch der Investor Fehler gemacht und die Stimmung vor Ort und im Umfeld falsch gedeutet.

Welche Probleme sehen Sie noch?

Möbius: Die Haushaltskonsolidierung muss fortgesetzt werden. Dem demographischen Wandel müssen wir uns stellen, indem wir bezahlbares Wohnen ermöglichen und uns mit Altersarmut auseinandersetzen. Wir brauchen eine Jugendarbeit, in der die Wünsche der Jugendlichen an die Politik herantragen und Lösungen gefunden werden. Wir müssen die Integration voranbringen. Die Erstellung eines Integrationskonzeptes ist ein guter Schritt, ebenso die interkulturelle Woche. Wir müssen Visionen entwickeln, um dem Leerstand zu begegnen, um Neuansiedlungen für neue Technologien zu ermöglichen. Der Hafen müsste überplant werden und wir sollten überlegen, ob Fahrradleihstationen wie in Hamburg nicht an bestimmten Stellen auch in Uetersen sinnvoll sind. Außerdem braucht Uetersen eine Imagekampagne, die zeigt, dass Uetersen trotz oder gerade wegen seiner Lage und Situation toll ist.

Sie sind in Uetersen für ihr soziales Engagement weithin bekannt, etwa als Veranstalter des Rock'n'Rose Festivals. Was wird künftig aus all diesen Aktivitäten?

Möbius: Mein großer Vorteil ist, keiner kann mir Aktionismus nur wegen der Wahl vorwerfen. Es gibt auch keinen Grund, nach einer gewonnenen Wahl nichts mehr zu machen. Aktivitäten neben dem Job würden verdeutlichen, dass ich den Begriff der Bürgernähe lebe. Sicher, ich bin das Gesicht von Rock’n’Rose, die gerade zu Ende gegangene vierte Veranstaltung stand aber auch bereits auf breiteren Füßen. Ich möchte es dennoch nicht komplett aus meinen Händen geben.

Wieviel vom alten Bernd Möbius bleibt denn bei einem Wahlsieg erhalten? Ihren Bart wollen sie ja nicht abrasieren...

Möbius: Das ist eine Frage der Definition von ‚alter Bernd Möbius’. Kleidungsmäßig werde ich mich anpassen. Aber hier will ich nicht von müssen reden, sondern von können oder wollen. In meinem Kleiderschrank befinden sich Krawatten, Hemden und Anzüge. Ich werde Uetersen nicht blamieren. In einer Reihe von zehn Anzugträgern wird man mich sofort erkennen können, in einer Reihe mit neun Frauen aber auch.