Trotz Wohnungsmangels nach Großbrand soll die Stadt nachträglich 23 Flüchtlinge aufnehmen
Elmshorn. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Diese Erfahrung muss jetzt die Stadt Elmshorn machen. Durch das Großfeuer in einem Hochhaus an der Beethovenstraße verloren im Juni 169 Menschen ihre Wohnungen. Bürgermeister Volker Hatje hatte daraufhin von Landrat Oliver Stolz die Zusage bekommen, dass die Stadt in dieser Notlage vorerst keine Flüchtlinge zugewiesen würden.
Neun Wochen später haben immerhin 159 Brandopfer wieder dauerhaft eine Wohnung gefunden – die meisten in Elmshorn. Die Kreisverwaltung fordert nun allerdings, die Anzahl der Flüchtlinge, die während der Krise von anderen Gemeinden beherbergt wurden, nachträglich in Elmshorn unterzubringen, um die Quote zu erfüllen. Stadtrat Dirk Moritz überrascht diese Ansage. „Es war nie die Rede davon, dass wir die Flüchtlinge nachträglich noch aufnehmen müssen“, sagt er.
Das Land Schleswig-Holstein weist dem Kreis Pinneberg zurzeit 20 Schutzsuchende pro Woche zu – Tendenz steigend. 780 Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten sind derzeit im Kreis gemeldet. Zum Vergleich: 2008 waren es lediglich 80 Flüchtlinge. Elmshorn muss von ihnen laut einem Zuweisungsschlüssel, der sich an der Einwohnerzahl orientiert, 16 Prozent aufnehmen. Nachträglich soll die Stadt nun 23 Flüchtlinge aus der Zeit des vorübergehenden Aufnahmestopps nachträglich unterbringen.
„Wir wollen tun, was wir leisten können“, sagt Moritz. So habe die Stadt sogar während des vorübergehenden Aufnahmestopps eine achtköpfige Familie aus Syrien aus dem Resettlement-Programm, dem Deutschland 2011 beigetreten ist, aufgenommen. „Aber was die Kreisverwaltung nun fordert, übersteigt unsere Kräfte“, sagt Moritz.
Zehn Brandopfer seien immer noch in städischen Unterkünften untergebracht, in angemieteten Wohnungen, die eigentlich für Asylbewerber vorgesehen waren. „Uns bliebe nur die Möglichkeit, wohnraum zu deutlich überhöhten Preisen für die Asylbewerber anzumieten“, sagt der Stadtrat. Die Kosten für die Unterbringung tragen zwar zu 30 Prozent der Kreis und zu 70 Prozent das Land. „Aber nur bis zu einer bestimmten Höhe“, sagt Moritz. Alles darüber hinaus müsste die Stadt finanzieren.
Erst Dienstag hat Elmshorn wieder regulär Flüchtlinge aus Afganistan aufgenommen. Die fünf Neuankömmlinge wurden in von der Stadt angemieteten Wohnungen untergebracht. Für Moritz eine Selbstverständlichkeit. Was aber die 23 Flüchtlinge angeht, die nachträglich aufgenommen werden sollen, da sei das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Am Freitag ist ein Treffen mit den Amtleitern anberaunt. „Ich würde mir vom Kreis mehr Verständnis für unsere prekäre Lage wünschen“, so Moritz. Zumal andere Kommunen in der Vergangenheit die ihnen zugewiesenen Flüchtlinge ohne vorherige Absprache mit der Stadt in Elmshorn einquartiert und so die Quoten-Regelung umgangen hätten. Auch dieses Thema steht Ende der Woche auf der Agenda.
„Wir stehen derzeit vor der allgemeinen Problematik, dass die Asylbewerberzahlen weiter steigen“, sagt Kreissprecher Marc Trampe. Trotz Gesprächsbereitschaft seitens des Kreises sieht er daher keine Möglichkeit, dass Elmshorn um die Aufnahme der 23 Flüchtlinge herumkommt. „Alles andere wäre den anderen Gemeinden gegenüber unfair.“ Der Landrat hätte bei der Zusage, Elmshorn vorübergehend keine Flüchtlinge zuzuweisen, zudem deutlich gemacht, dass die Quote nachträglich ausgeglichen werden müsse.
Der Kreis prüft zurzeit, ob Gemeinschaftsunterkünfte für die Ayslbewerber geschaffen werden sollen, um den Zustrom überhaupt noch bewältigen zu können. Bisher hatte man von der Unterbringung in Sammelunterkünften abgesehen, weil dies zur Ausgrenzung beitrage. Die politische Entscheidung soll am Mittwoch, 3. September, im Hauptausschuss fallen.
Parallel dazu hat der Kreis alle Kommunen und Städte um Mithilfe bei der Suche nach geeigneten Standorten für ein Asylbewerberheim angeschrieben. „Einige Antworten stehen noch aus“, sagt Trampe. Im Gespräch als mögliche Standorte sind die Marseille-Kaserne in Appen und die ehemalige Sendefunkanlage in Klein Offenseth-Sparrieshoop.
Wie sehr sich die Stadt Elmshorn grundsätzlich bemüht, den Asylbewerbern die Ankunft zu erleichtern, zeigt das Projekt „Willkommensteam für Flüchtlinge Elmshorn“ unter Leitung der Integrationsbeauftragten Allegra Tekleab. Ehrenamtliche sollen die Flüchtlinge unterstützen und ihnen die erste Orientierung erleichtern. Bisher haben sich 34 freiwillige Helfer gemeldet, die am Donnerstag, 25. September, von 18 bis 20 Uhr Mehrzwecksaal im Rathaus, Schulstraße 15-17 geschult werden. Wer noch mitmachen möchte, kann sich bis zum 18. September noch in der Koordinierungsstelle Integration der Stadt Elmshorn 04121/231 470 oder per Mail koordinierungsstelle.integration@elmshorn.de anmelden.