Die Starköchin liest Kindern der Quickborner Kita Zauberbaum aus „Henriette Bimmelbahn“ vor. Die Aktion ist Teil der Lesestart-Initiative, die Kindern das Lesen durchs Vorlesen nahebringen will.

Quickborn. Kindern vorzulesen gehört in der Stadtbücherei Quickborn zum monatlichen Standardprogramm. Doch dieses Mal war es nicht Bärbel Müller, die den Kindern vom städtischen Kindergarten Zauberbaum das Bilderbuch „Henriette Bimmelbahn“ mit ausdrucksstarken Illustrationen von Lisl Stich und den lustigen Versen von Helgolands berühmtem Dichter James Krüss vorstellte. Starköchin Cornelia Poletto war aus Hamburg nach Quickborn geeilt, um den drei bis sechs Jahre alten Kindern aus dem bunten Abenteuerbuch vorzulesen.

Ihre jungen Zuhörer waren begeistert und voll dabei. Immer wieder unterbrachen sie die prominente Vorleserin, die sonst in ihrem Eppendorfer Lokal und im Fernsehen für ihre Gäste und das Publikum leckere Speisen zubereitet. Als die Bimmelbahn „munter durch die Wiesen“ fuhr und „bremst und pfeift bei jeder Kuh“, die hier nun gelb-schwarz gescheckt waren und Poletto sagte, die seien doch sonst lila, erhob sich sofort Widerspruch.

Schwarzweiß und braun müssten die Kühe doch sein, riefen die Kinder empört und hörten gespannt weiter zu, wie Poletto den schnarchenden Lokführer als faul und träge schalt. „Schnarcht euer Papa auch?“, fragte sie ihre Zuhörer, was die meisten mit einem kräftigen Ja bestätigten und nur einer verneinte. „Da hast du aber Glück gehabt“, sagte Poletto zu ihm. Und als in dem Bilderbuch einem Kind das Malheur passierte, dass es vor Schreck vor der Bimmelbahn ausrutschte und den gerade gepflückten Klee für die Kaninchen aus dem Korb verlor, zeigten die Quickborner Kinder sofort ihr Mitgefühl für den armen Jungen.

Der Grund dafür, dass Cornelia Poletto an diesem Vormittag keine Speisen kreierte oder ihre Kochrezepte verfeinerte, ist ihr Engagement für die Stiftung Lesen, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt wird. Für diese Stiftung fungiert die Starköchin seit drei Jahren als Lesebotschafterin. Die Quickborner Stadtbücherei hatte das Glück, dass sie als einzige der 100 Büchereien in Schleswig-Holstein, die sich an diesem Tag an der Vorlese-Aktion beteiligten, einen prominenten Vertreter der Stiftung zu Gast hatten, sagte Irina Wartenpfuhl, Projektleiterin der Stiftung Lesen.

Die Idee, auf diese Weise schon die kleinsten Kindern mit dem Lesen vertraut zu machen, komme aus England, erklärte Wartenpfuhl. Dort hatte zu Beginn der 1990er-Jahre das Programm Bookstart gute Erfolge gezeigt, gerade Kindern aus eher bildungsfernen Schichten das Lesen durchs Vorlesen näherzubringen. Daraus entstand zunächst in Sachsen und 2007 auch in Hamburg die Buchstart-Initiative, die jedem einjährigen Kind über die Kinderärzte bei der vorgeschriebenen U-6-Untersuchung Bilderbücher schenkte. Seit 2011 läuft das Programm bundesweit. Zunächst hatte es einjährige Kinder im Fokus, nun werden die Dreijährigen in den Kitas bedacht, und in weiteren drei Jahren soll es alle Grundschulen mit Lesestoff versorgen, wie Projektleiterin Wartenpfuhl berichtete. 11.000 Lesebücher seien auf diese Weise bislang verteilt worden.

Der Erfolg gibt den Initiatoren Recht. So würden die Eltern in Sachsen ihren Kindern zu einem Drittel mehr vorlesen, zitierte sie aus wissenschaftlichen Untersuchungen. Es sei belegt, dass zwei Drittel der Eltern, deren Kinder die Lesestartsets vom Kinderarzt bekommen hätten, ihren Kindern verstärkt vorlesen würden. „Regelmäßiges Vorlesen ist ganz wichtig für die Entwicklung der Kinder, weil es ihnen einen frühen Zugang zu Büchern ermöglicht“, lobte Quickborns Erster Stadtrat Klaus H. Hensel diese Aktion in der Bücherei. Und dann erklärte er den Kindern: „Die so berühmte Persönlichkeit, die euch heute vorliest, kann auch gut kochen.“ Das überraschte die Mädchen und Jungen allerdings weniger. „Meine Mama kann auch gut kochen“, sagte ein Mädchen unbeeindruckt. Zumal Cornelia Poletto eingestand: „Mein Lieblingsessen sind auch Spaghetti.“

Ihre Oma habe ihr auch immer vorlesen müssen, erzählte die Starköchin aus ihren Kindheitserfahrungen über das Lesen. Diese Tradition, Geschichten zu erzählen und vorzulesen, habe sie dann später an ihre heute zwölf Jahre alte Tochter weitergegeben. „Ich möchte mithelfen, bei Kindern die Lust am Lesen zu wecken und sie so vom Fernseher wegzuholen“, sagte Poletto über ihr Engagement bei der Stiftung Lesen. „Das Vorlesen hat mir als Kind ein Gefühl von Geborgenheit gegeben, das ich gerne an meine Tochter weitergereicht habe. Für die Fantasie eines Kindes sind Bücher ungemein wichtig. Die Bilder, die beim Vorlesen in den Köpfen der Kinder entstehen, sind so viel wertvoller als die, die der Fernseher ausspuckt.“ Sie selber komme aber meist nur im Urlaub zur Krimi-Lektüre, sagte sie. „Abends im Bett schlafe ich meist darüber ein.“