Marode Spielstätten, klamme Kassen: Jetzt reicht es den Sportlern von der VfL-Hockeyabteilung. Die Pinneberger packen's an, sie haben bereits auf der Golfanlage Weidenhof eine Fläche für den dringend benötigen Sportplatz.

Pinneberg. Es ist glühend heiß. Trotzdem haben sich an diesem Abend zum Hockeytraining zahlreiche Mädchen auf dem Feld eingefunden. Unter den Anweisungen von Alexandra Eck verbessern die Zehn- bis Dreizehnjährigen Passspiel, Agilität und Kondition. Ein paar Schritte entfernt stehen ebenfalls Sportler auf dem Feld – allerdings mit Golfschlägern.

Was so harmonisch und selbstverständlich wirkt, ist aus der Not geboren. Die Hockeysparte des VfL Pinneberg hat ein Platzproblem. Weil es für die Abteilung, die derzeit 200 Mitglieder umfasst, in der Stadt keine Sportfläche gibt, sind die Hockeyspieler auf Hilfe von außen angewiesen. Bis vor kurzem wichen sie ins etwa 20 Kilometer entfernte Norderstedt aus. Doch die Kooperation mit den Nachbarn platzte im Winter. Auf der Suche nach einer Alternative fanden die Sportler auf der Golfanlage des Weidenhofes von Detlef Voss eine Freifläche. Seitdem wird dreimal die Woche an der Mühlenstraße in Pinneberg trainiert. Eine Zusammenarbeit, aus der jetzt mehr werden soll.

Denn den Hockeyspielern reicht es. Marode Spielstätten, leere Stadtkassen: Die VfL-Sportler sind das ewige Meckern über fehlende Unterstützung leid, sie gehen in die Offensive, wollen in Eigenregie einen Kunstrasenplatz realisieren, ein positives Zeichen setzen und damit in Pinneberg eine Initialzündung für weitere solcher Projekte geben. „Wir müssen einfach mal anfangen“, gibt Spartenchef Frank Laurich die Richtung vor. Er ist sich sicher: „Wenn viele Leute etwas bewegen wollen, dann passiert auch was.“ Und Vorstandsmitglied Andreas Freyer erklärt: „Die Stadt ist chronisch pleite. Der einzige Weg ist es, selbst anzupacken.“

Ihr Projekt wollen die Hockeyanhänger deshalb auch ohne große Zuschüsse oder Fördermittel, sondern eben aus eigener Kraft mit viel Eigeninitiative und Engagement nach vorne bringen. Die Idee ist es, etwa die Hälfte der nötigen finanziellen Mittel in Höhe von etwa 140.000 Euro durch Spenden einzuwerben. Sponsoren ansprechen, Rasen vermieten, Benefizläufe: Damit Sponsoren die Taschen öffnen, haben die Sportler zahlreiche Aktionen geplant. So starteten sie unter dem Motto „Guter Sport braucht ein Zuhause“ einen Spendenaufruf über die Internetplattform „betterplace“. 312 Euro kamen so schon zusammen. „Wir müssen eine Begeisterung für die Sache schaffen“, so Laurich, der sowohl auf die hockeybegeisterte Oma aus dem Allgäu als auch auf Großsponsoren hofft.

70.000 Euro wollen die Hockeyspieler sammeln. Damit könnte ein halber Platz entstehen, der aber bereits auf Verdopplung für die Normmaße angelegt sein würde. Sogar eine mögliche Fläche haben die Hockeyspieler parat, falls es der Stadt an Alternativen fehlt. Denn in Golfanlagen-Betreiber Detlef Voss hat die Sparte einen Unterstützer gefunden. Er ist bereit, die jetzt kurzfristig zur Verfügung gestellte Fläche dauerhaft an den Verein zu verpachten.

„Die Anlage ist 80 Hektar groß. Da ist es doch eine Lachnummer, einen Hektar abzugeben. Wir haben Platz hier. Wenn wir aufeinander Rücksicht nehmen, dann passt das“, sagt Voss. Aus reiner Nächstenliebe macht er es nicht. Voss verspricht sich durch die Hockeyspieler neue Impulse für die Anlage. Vor allem hofft der Inhaber, dass mancher Hockeyspieler so auch den Weg zum Golf findet. „Die Jugendarbeit der Hockeyabteilung ist vorbildlich. Davon können wir noch viel lernen“, sagt er. Gleichzeitig profitieren die VfL-Sportler von der Infrastruktur des Golfplatzes wie WC-Anlagen, Parkplätze und Grünpfleger samt Geräten.

An all dem mangelte es auf dem Areal der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne in Pinneberg. Auf den dortigen Sportplatz waren die Hockeyspieler in ihrer Not ausgewichen. Aus Geldmangel wurde die Rasenfläche laut Freyer nicht ausreichend gepflegt. Dabei ist Naturgras in der Hockeyszene sowieso ein Auslaufmodell. Kunstrasen ist Standard, weil es das Spiel schneller macht. Da die Pinneberger das nicht haben, müssen sie am Wochenende für Punktspiele auf Reisen. „Wir haben nur Auswärtsspiele. Das ist sehr frustrierend“, sagt Freyer. Das Erstaunliche: Trotzdem wächst die Sparte seit 2010 pro Jahr um etwa zehn Prozent.

Und die Hockeyspieler haben noch viel vor. Sie wollen in Pinneberg neben Kiel und Neumünster einen Leistungsstützpunkt schaffen. Deshalb unterstützt sie der Deutsche Hockey-Bund bei ihrem Platzprojekt und hat ein Schreiben an Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg aufgesetzt, in dem um Hilfe bei der Suche nach Standort und Sponsoren gebeten wird.