Früher wollte sie Kinderärztin werden – über den Girl’s Day, bei dem ihr Vater sie mit in die Kaserne nahm, fand Antonia Klawon, 23, ihren Beruf. Jetzt wird sie in der Appener Marseille-Kaserne zum Felwebel ausgebildet.

Appen. „Ich bin da praktisch reingeboren“, sagt Antonia Klawon und meint die Bundeswehr, bei der sie sich zurzeit in Appen zum Feldwebel ausbilden lässt. Da schon ihr Vater in einer Kaserne arbeitet, lag es nahe, den Girls’ Day in der sechsten Klasse auch dort zu verbringen. An diesem Tag saß sie das erste Mal im Cockpit des Transportflugzeuges der Bundeswehr, der Transall – ihrem heutigen Arbeitsplatz.

An einem früheren Girls’ Day hatte die Schülerin den ganzen Tag in einem LKW gesessen und auf die Straße geguckt. „Da wusste ich sofort, das ist nichts für mich.“ Der Tag in der Kaserne ein Jahr später war wohl nicht zwangsläufig der Anfang ihrer Karriere. Sicher ist aber, dass sie damals einen tieferen Einblick in den Alltag der Soldaten erhalten hat. Am heutigen Girls’ Day sollen möglichst viele Mädchen typische Männerberufe kennenlernen – wie Antonia Klawon vor einigen Jahren.

Die 23-Jährige kommt aus Wunstorf bei Hannover, wo auch der Bundeswehr-Standort ihres Vaters ist. Heute arbeiten Vater und Tochter praktisch Tür an Tür. Ihre Teileinheiten kooperieren eng. „Ich arbeite am Deckel und er am Topf“, so beschreibt die Soldatin die Hydraulik, für die der Vater zuständig ist, und die Mechanik, mit der sie sich auskennt. Genau in der Halle, wo sie ihre Ausbildung absolviert hat, hat sie sich vor etwa zehn Jahren umgesehen. „Wenn ich das alles so geplant hätte, wäre es wahrscheinlich nicht passiert“, sagt sie. „So war es dann Zufall.“

Für Antonia Klawon war und ist ihr Vater ein Vorbild und er ist sicher ein Grund dafür, dass sie sich für zwölf Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet hat. In der Schule hatte sie zunächst das Fachabitur mit sozialem Schwerpunkt gewählt, aber schnell gemerkt, dass sie vom Handwerk nicht weg kommt und in die technische Richtung gewechselt. „Ganz früher wollte ich Kinderärztin werden, heute strebe ich die Feldwebellaufbahn an.“

Die Soldatin macht zur Zeit den Feldwebellehrgang in der Marseille-Kaserne in Appen. Insgesamt drei Monate verbringt die 23-Jährige an der Unteroffizierschule der Luftwaffe. Sie ist eine der wenigen Frauen, die hier ihre Ausbildung absolviert und eine Karriere bei der Bundeswehr anstrebt.

Seit 2001 stehen alle Laufbahnen bei den Streitkräften auch Frauen offen. Derzeit macht der Anteil der Berufs- und Zeitsoldatinnen in der Bundeswehr gut zehn Prozent aus: Von den rund 186.000 Soldaten der Bundeswehr sind knapp 19.000 Frauen. Im Sanitätsdienst beträgt der Frauenanteil 42 Prozent.

In der Marseille-Kaserne gab es in diesem Jahr viele Anmeldungen von Schülerinnen, die mehr über die Bundeswehr erfahren möchten. 27 Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren treffen sich heute auf dem Gelände. Es ist unter anderem ein Vortrag der Wehrdienstberatung Itzehoe, eine Kasernenführung und die Vorstellung des Sanitätsdienstes geplant. Am Ende gibt es eine Gesprächsrunde zum Thema „Frauen in der Bundeswehr“. „Da bleiben die Frauen unter sich“, sagt Hauptmann Christian Schmitz. Er ist einer der Organisatoren des Girls’ Day.

Seit zehn Jahren veranstaltet die Appener Kaserne den Mädchen-Zukunftstag. „Es hat sich viel getan in den vergangenen Jahren“, sagt Schmitz. Die Altersbegrenzung wurde zum Beispiel nach oben gesetzt, früher kamen auch Mädchen im Alter von elf Jahren. Aber erst Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren machten sich schon Gedanken um die Zukunft, so Schmitz.

Schülerinnen der neunten und zehnten Klassen haben heute die Möglichkeit, Fragen zu stellen zum Dienst als Frau in den Streitkräften und zu möglichen Laufbahnen, aber auch zu den Anforderungen im Soldatenberuf. Sie bekommen Einblicke in die Unterkünfte der Soldaten, sie sehen Sanitätern der Bundeswehr bei der Arbeit zu und können bei manchen Aktionen auch selber mitmachen.