1300 Lichtreflektoren sollen künftig an Gefahrenstellen Unfälle verhindern. Jäger im Kreis Pinneberg bringen sie an Leitpfosten an. Forschungsprojekt zeigt, dass die Unfallquote so um bis zu 80 Prozent gesenkt werden kann.

Kreis Pinneberg. Um Hasen, Rehe, Füchse und Wildschweine davon abzuhalten, über die Straße zu laufen und mit Autos zusammenzustoßen, haben Jäger schon einiges versucht: CDs in den Bäumen, Duftzäune oder rote Reflektoren.

„Gebracht hat es nicht viel“, sagt Hegeringsleiter Hermann Maaß-Hell aus Bokholt. Der erfahrene Jäger hofft nun, die Zahl der Wildunfälle mit blauen Lichtreflektoren am Straßenrand zu minimieren. Auf der Jahreshauptversammlung hat die Jägerschaft am Donnerstagabend in Bokel beschlossen, 1300 blaue Reflektoren an Gefahrenstellen innerhalb des Hegerings eins anzubringen. Dazu gehören Barmstedt, Bokel, Bokholt-Hanredder, Brande-Hörnerkirchen, Groß Offenseth-Aspern, Klein Offenseth-Sparrieshoop, Lutzhorn, Osterhorn und Westerhorn.

Im April soll es los gehen. Die Itzehoer Versicherung unterstützt die Aktion finanziell. Ein Reflektor kostet rund sechs Euro. Die Jäger werden sie an die Leitpfosten anbringen und dort, wo es keine gibt, welche hinsetzen. Dazu müssen sie noch die Erlaubnis der Straßenbehörden einholen.

Es gehe um aktiven Tierschutz, so Maaß-Hell. Vergangene Woche habe er während einer Lkw-Tour an einem Morgen elf tote Feldhasen am Straßenrand gezählt. Für ihn ein trauriger Anblick. In der Jagdsaison 2012/2013 kamen bei Wildtierunfällen in Deutschland 20 Menschen ums Leben, 3000 wurden verletzt. Rund 210.000 Tiere starben bei den Zusammenstößen, allein in Schleswig-Holstein 11.000 Rehe, 900 Hirsche und 400 Wildschweine.

In einem Forschungsprojekt von ADAC und Deutschem Jagdverband (DJV) wurden 2011 auf 25 Versuchsstrecken in Schleswig-Holstein die blauen Reflektoren installiert. Ihr Ergebnis: Die Wildunfälle konnten um bis zu 80 Prozent gesenkt werden. Der wissenschaftliche Versuch steht unter der Leitung des Instituts für Wildbiologie der Universität Göttingen und wird noch bis 2015 fortgeführt.

„Die Methode, mittels Reflektoren das Wild von der Straße fernzuhalten, ist ja schon rund 40 Jahre alt“, sagt Hans-Albrecht Hewicker, Vorsitzender der Kreisjägerschaft. Zunächst habe man weiße Reflektoren benutzt, dann rote, weil die Farbe für Menschen eine Signalwirkung hat, jedoch mit mäßigem Erfolg. „Vor acht Jahren hat dann ein Ingenieur erstmals darauf hingewiesen, dass Rot und Grün von Wildtieren, die nur Grautöne erkennen, nicht deutlich unterschieden werden können.“ Rot ist somit für Reh und Schwein kein Warnsignal.

Dagegen würde sich Blau, eine Farbe die in der Natur kaum vorkomme, deutlich abheben. Vor sieben Jahren griffen die Jäger des Hegerings eins die Idee auf und befestigten entlang der Bundesstraße B 4 zwischen Bilsen und Quickborn blaue Reflektoren. Auch andere Hegeringe im Kreis sind auf die blauen Reflektoren aufmerksam geworden. „Es ist überall was im Gange“, sagt er. Allerdings übernimmt der Hegering eins mit der großangelegten Aktion eine Vorreiterrolle im Kreis.

Zudem haben die Jäger eine sogenannte revierübergreifende „Wildfolgeabmachung“ eingeführt. Jeder Jagdbezirk trägt dort die Pächter mit Kontaktdaten ein, sodass die Polizei sofort weiß, wen sie anrufen muss, wenn beispielsweise ein angefahrenes Tier weggelaufen ist und von seinen Qualen erlöst werden soll. Diese umfassende Vernetzung gab es vorher nicht.

Allerdings seien die Reflektoren nur in der Nacht wirksam, wenn durch das Licht der Scheinwerfer eine Reflektorwand entsteht, so Hewicker. „Und ein Tier auf panischer Flucht, wird es auch nicht zurückschrecken.“ Deshalb appelliert er an Hundebesitzer, ihre Tiere nicht frei laufen zu lassen, um das Wild nicht unnötig aufzuschrecken.

Wer als Fahrer die Wahrscheinlichkeit eines Wildunfalls minimieren will, für den haben die Experten einmütig den Tipp, in der Nähe von Wild-Warnschildern den Fuß vom Gas zu nehmen. Sollte ein Reh auf der Fahrbahn auftauchen, heißt es abblenden, bremsen und bloß nicht unkontrolliert ausweichen.