Netzbetreiber Tennet legt die Trassenpläne für Deutschlands längstes Stromnetzprojekt auf den Tisch und will betroffene Kommunen in der Elbmarsch auf Regionalkonferenzen über geplante Höchstspannungsleitung informieren
Kreis Pinneberg. Der erste große Ausbau einer Höchstspannungstrasse ist im August bei Kummerfeld gestartet. Nun ist eine zweite 380.000 Volt-Stromleitung durch den Kreis Pinneberg in der Debatte. Die ebenfalls von Tennet geplante Trasse, die ab 2022 Strom aus Windkraft von der Nordsee nach Süden transportieren soll, würde von Wilster im Kreis Steinburg über Raa-Besenbek, vorbei an Elmshorn, Groß Nordende, Uetersen sowie über Heist und Haselau und Hetlingen über die Elbe führen.
Der Korridor wäre identisch mit der bestehenden Stromtrasse, die 220-Kilovolt-Wechselstromleistung hat. Sie sei die Variante, die Menschen und Natur am wenigsten beeinträchtige, weil keine neuen Flächen für die Stromleitung benötigt würden, so Tennet.
Ein Grund für diese zweite Variante könnte sein, dass die erste weiter verzögert wird. So ist zwar die Verbindung von Stade bis Norderstedt planfestgestellt und bei Kummerfeld im Bau. Weil aber die geplanten bis zu 70 Meter hohen Stromtrassen unmittelbar an 2000 betroffenen Bürgern und zwei Schulen in Quickborn vorbei führen, hat die Stadt Quickborn dagegen vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Eine Entscheidung steht noch aus. Nun will Tennet mit einer zweite Trasse offenbar keine Zeit verlieren, falls das Gericht den genehmigten Trassenverlauf bei Quickborn aufheben sollte.
Die bisherigen Stromleitungen reichen nicht aus, um die für die Energiewende notwendigen Strommengen nach Süddeutschland zu transportieren. Bis 2015 rechnet das Land Schleswig-Holstein mit 9000 Megawatt elektrischer Leistung, die aus erneuerbaren Energien in das Netz eingespeist werden. Diese Zahl werde sich deutlich erhöhen, wenn auch die Offshore-Windparks mit knapp 3000 Megawatt ans Netz gehen sollten. Schleswig-Holstein benötigt von dieser Energie lediglich 2000 Megawatt Strom. Der Überschuss soll bis nach Bayern transportiert werden.
Die Bürgermeister entlang der neuen Trasse sind bereits informiert. Haselaus Bürgermeister Rolf Herrmann bestätigt das. Er hat Post von Tennet erhalten. „Neben einem Prospekt, der über das Projekt informiert, wurde uns mitgeteilt, dass es mehrere Regionalkonferenzen geben soll“, sagt Herrmann.
Er begrüßt diese Informationspolitik des Netzbetreibers, weil der Dialog mit den Betroffenen gesucht werde, bevor die Projekte unveränderlich festgezurrt seien. Beim Planverfahren der ersten Höchstspannungstrasse hatten viele Anwohner die Informationspolitik des Netzbetreibers, bemängelt, weshalb es fast 2000 Einwände gab.
„Für unsere Gemeinde wird es eine Belastung geben“, ahnt Herrmann. Unklar sei aber, ob diese Belastungen Auswirkungen auf die Umwelt hätten. „Wir wissen noch nicht, ob es zu Elektrosmog kommen wird, das müssen wir klären.“ Die Höchstspannungsleitungen werden weitgehend oberirdisch verlaufen. Geplant sei auch, mit Gleichstrom statt Wechselstrom zu arbeiten, um so im Stromnetz eine höhere Transporteffizienz zu erzielen.