Die aggressiven Schädlinge, die im Gegensatz zu den einheimischen Käferarten kerngesunde Bäume angreifen, haben sich weiter nach Norden ausgebreitet und gefährden Bäume und Wälder.
Kreis Pinneberg. Der weltweite Warenhandel, der immer mehr Produkte aus China nach Europa schafft, wirkt sich negativ auf die heimische Flora und Fauna aus. So haben der mit den Transporten eingeschleppte asiatische Laubholz- (ALB) und der Citrusbockkäfer (CLB) in Norditalien bereits Hunderte Quadratkilometer Wald befallen. Die aggressiven Schädlinge, die im Gegensatz zu den einheimischen Käferarten kerngesunde Bäume angreifen, haben sich weiter nach Norden ausgebreitet und gefährden inzwischen Bäume und Wälder in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. In Schleswig-Holstein ist der ALB erstmals 2010 in Lübeck aufgetaucht.
Die Käfer wandern in der Regel über eingeführte Bäume und in Holz verpackte Granitsteine aus China nach Europa ein. Ihre Verbreitung hat den Bund deutscher Baumschulen (BdB) in Alarmzustand versetzt, sagt Landesgeschäftsführer Frank Schoppa. Da beide Käferarten von der Europäischen Union zu Schadorganismen erklärt sind, die zwei Kilometer rund um den entdeckten Schädlingsbefall Quarantäne auslösen, könnte dies im Kreis Pinneberg mit seinen 300 Baumschulbetrieben im schlimmsten Fall Dutzende Unternehmen auf einmal treffen. „Das hätte schwerwiegende Konsequenzen“, stellt Schoppa dar. „Sie dürften dann zwei Jahre keinen Handel treiben und müssten faktisch schließen. Die wenigsten von ihnen würden das überleben.“
Dieser möglichen flächendeckenden Existenz-Bedrohung will der BdB nicht tatenlos zusehen und hat sich eine effektive Abwehrstrategie überlegt: Spürhunde gegen die Käferlarven. So ließ der Verband einen Jagdhund und einen Beagle zwei Wochen lang in Österreich, wo das Problem wegen der Bedeutung der Bergwälder für den Erosionsschutz besonders akut ist, zu zertifizierten Spürhunden ausbilden. Sie sind die bislang einzigen Käferspürhunde in Schleswig-Holstein.
Cara und Tara sind nun mit ihrer feinen Nase in der Lage, die Geruchsstoffe, die die Käferlarven in den Holzspänen absondern, zu erschnüffeln. Wenn das der Fall ist, schlagen sie sofort bei ihren ebenfalls speziell dafür ausgebildeten Hundehalterinnen Angelika Jensen und Gisela Stegelmann-Müller an. Sie kümmern sich um die beiden einzigen Käferspürhunde in ganz Schleswig-Holstein.
Die Landwirtschaftskammer werde sie kommende Woche erstmals bei Kontrollgängen in verdächtigen Bereichen im Kreis Pinneberg einsetzen, kündigt Heike Nitt von der Abteilung für Pflanzenschutz an, die landesweit neun Inspektoren für diese Aufgabe vor allem in Häfen und Flughäfen im Einsatz hat. „Wir werden vornehmlich das Straßengrün in Gewerbegebieten untersuchen, weil sich diese Käferarten im Süden zunächst um die Gewerbegebiete ausgebreitet haben.“ Auch ein erster Baumschulbetrieb will eine Lieferung aus Italien von den vierbeinigen Kammerjägern im Grünen inspizieren lassen. Sollten sie etwas entdecken, geht die Ware sofort wieder zurück, betont Schoppa.
Für den Menschen seien befallene Bäume nicht zu erkennen und vor allem nicht das Ausmaß der Schäden einzuschätzen, erklärt Heike Nitt. „Mithilfe der Käfer-Spürhunde könnten wir jetzt einen möglichen Schadensfall eingrenzen und damit die Zahl der zu rodenden Bäume reduzieren.“
„Es ist unglaublich, was die Spürhunde können“, ist Schoppa fasziniert. Nur kleinste Moleküle haften den Bohrspänen der Holzbockkäfer an und dies reiche den Hunden schon aus, den Befall eines Baumes zu entdecken und die so gefährlichen Käfer-Varianten zu entlarven. „Es gibt keine Alternative. Wir müssen dieses Mittel einsetzen.“ 12.000 Euro habe der BdB in die Käferjagd investiert. Nun könnten alle Baumschulen oder Betriebe, die in Holz verpackte Waren aus China importieren, den vorbeugenden Pflanzenschutz auf leisen Pfoten gegen Gebühr anfordern. Mitglieder zahlen für diesen Service 100 Euro, alle anderen 175 Euro je Hund und Stunde zuzüglich Fahrtkosten, Einsatzpauschale und Mehrwertsteuer.
Die Landwirtschaftskammer hat für den Einsatz der Käfer-Spürhunde 5000 Euro im laufenden Haushalt eingeplant. Künftig dürfte dieser Etat noch steigen. Im Vergleich zu den Millionenschäden, die der asiatische Holzbockkäfer allein schon in Bayern verursacht hat, seien dies Peanuts, sagt Schoppa.
Das Existenz bedrohende Szenario habe seinen Verband zudem angeregt, auch politisch Vorsorge zu treffen. Denn eine Versicherung gegen Schädlingsbefall gebe es für die Baumschulen nicht. Auch ein staatlicher Ausgleich, wie ihn Landwirte bei Schweinepest erhalten, sei nicht vorgesehen. So fordere der BdB von der Bundesregierung, dass die Betriebe steuerfreie Rücklagen für solche Lagen bilden dürften. In den ersten Entwurf des Koalitionsvertrages habe es diese Initiative geschafft. Dann sei sie wieder gestrichen worden.