Mit dem Import von Zierfischen hat sich die Pinnberger von Wussow GmbH im Laufe der Jahre zu einem der führenden Unternehmen der Aquaristik in Deutschland entwickelt.
Pinneberg Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt. Nässe, Nebel, Düsternis. Die Wetterlage in der Region ist in diesen letzten Novembertagen oft alles andere als erfreulich. Doch es gibt auch eine Alternative: Im feuchtwarmen Klima, bei knapp 30 Grad Celsius laufen leicht bekleidete Menschen emsig umher. Um sie herum spaddeln Tausende von exotischen Fischen, Krebsen, Garnelen und anderes schwimmendes Getier in wohltemperierten Gewässern. Ein Urlaubstraum? Keineswegs.
Schauplatz dieser Szenerie sind die von außen eher tristen Hallen in einem Pinneberger Gewerbegebiet. An der Haderslebener Straße hat die Firma von Wussow Importe GmbH ihren Unternehmenssitz. Dass es sich um eine sehr spezielle Branche handelt, macht schon eine kleine Auswahl der viele 100 Produkte umfassenden Angebotsliste deutlich. Schon mal was vom getigerten Pistolenkrebs gehört? Mit der Mafia hat der jedenfalls nichts zu tun. Unter dem Sommersprossen-Doktorfisch kann sich auch der Laie etwas vorstellen, wenngleich offen bleibt, wie es zu dem akademischen Grad kam. Beim Feuerschwanz-Fransenlipper oder dem Dalmatiner Breitmaulkärpfling sind der Fantasie dann kaum noch Grenzen gesetzt, während der Goldmolly genau so heißt, wie er aussieht: einfach goldig und eben etwas mollig.
Gut, dass die Inhaber des Unternehmens genau wissen, worum es geht. Thomas Jung, der die Importfirma 1998 vom Gründer von Wussow übernahm, führt mit Ehefrau Susann die Geschäfte. Der Mann ist vom Fach: studierter Biologe der Fachrichtung Fischereibiologie sowie Zoologe und Informatiker. Zuvor war Jung als Berufstaucher tätig. Susann Jung verfasste ihre Diplomarbeit in organischer Chemie. Im Team mit zehn Angestellten bilden die Geschäftsführer die Grundlage für den Erfolg des Unternehmens, das seit 13 Jahren in Pinneberg ansässig ist.
Mit dem Import und Großhandel ihrer Unterwasserwelt-Bewohner hat sich die von Wussow GmbH im Laufe der Jahre zum führenden Unternehmen der Aquaristik in Deutschland entwickelt. Beliefert werden Zoos ebenso wie Zoofachgeschäfte und Großhändler in vielen europäischen Ländern. Seit ein paar Jahren sind auch Einzelabnehmer im Pinneberger Unternehmen willkommen. Im Showroom von „Aqzeno“, so der Name des Einzelhandels, können Aquarienfreunde und Hobby-Meereskundler aus mehr als 100 liebevoll und artgerecht gestalteten Aquarien ihre Fische und Pflanzen auswählen: Hinzu kommt ein umfangreiches Sortiment an technischem Zubehör und Ausstattungen für Freunde der Unterwasserwelten.
Im Großhandel ist süß oder salzig keine Frage: Sowohl Meeresbewohner als auch Süßwassertiere sind im Angebot. Im Seewasserbereich ist von Wussow inzwischen größter Anbieter in Deutschland. Private Aquarianer bevorzugen allerdings meist Süßwasserfische, weil deren Haltung und Pflege weniger aufwendig ist, sagt Thomas Jung.
„Beim Import und Transport fühlen wir uns dem Prinzip des artgerechten und schonenden Umgangs mit den Tieren verpflichtet”, beschreibt der Inhaber die Unternehmens-Philosophie. Danach und nach den Vorschriften der nationalen wie europäischen Tierschutzgesetze und -verordnungen werden auch die Lieferanten in den Erzeugerländern ausgewählt und fachlich kontrolliert. Die exotischen Fische und anderen Wasserbewohner kommen aus Ländern in Mittel- und Südamerika ebenso wie aus Afrika sowie dem asiatischen Raum wie Thailand, Indonesien, Indien und Sri Lanka. Die bunten Schönlinge werden nicht etwa mit Netzen gefischt, sondern von Tauchern behutsam eingefangen.
Rund 500.000 Euro Frachtkosten fallen nach Angaben von Thomas Jung jährlich an, wenn etwa 100 Tonnen Luftfracht für von Wussow Importe befördert werden. Damit die lebende Ware gesund und munter ankommt, wird ein beträchtlicher Aufwand betrieben. „Die Tiere reisen bei uns erster Klasse, die werden besser als die Fluggäste behandelt”, sagt Jung. In Zusammenarbeit mit renommierten Airlines geht es in beheizten Frachträumen und temperierten Wasserbehältern auf die Reise nach Deutschland.
In Pinneberg angekommen machen die Unterwasserweltler, manche von ihnen sind klein wie ein Daumennagel, meist nur kurz Station. Dann geht es mit dem firmeneigenen Fuhrpark oder auch speziell ausgestatteten Speditionen zum Kunden.
Jungs Unterwasserwelt erstreckt sich über drei Ebenen auf 1500 Quadratmetern. Insgesamt stehen etwa 2000 Becken den schwimmenden Gästen zur Verfügung. Mittlerweile hat Jung auch eine eigen Nachwuchsabteilung in Pinneberg gegründet. Zur Aufzuchtstation gehören 450 Becken. Hier können sich Süßwasserfische wie Guppys, Schwertträger, Platys und Co. unter fachkundiger Betreuung vermehren.
Um den Bewohnern optimale Lebens- und Aufzuchtbedingungen zu bieten, wird das Wasser mit hochwertigen Filteranlagen umgewälzt, von Futterresten und Ausscheidungen befreit sowie mit Sauerstoff angereichert. Mehrmals täglich bekommen die Gäste Futter. Eine artgerechte Beleuchtung und optimale Temperaturen tragen zum Wohlbefinden und der daraus resultierenden hohen Qualität des empfindlichen Tierbestands bei. Parallelen zu einem All-Inclusive-Urlaub in einem Fünf-Sterne-Quartier kommen dem Beobachter dabei in den Sinn.
Auch Thomas Jung hat mit seinem Fischhandel der etwas anderen Art den Knick in Folge der internationalen Finanzkrise verspürt, jedoch mit dem Aquaristik-Einzelhandel gegensteuern können. Aktuell beläuft sich der Jahresumsatz bei von Wussow Importe auf etwa zwei Millionen Euro. „Wir suchen sogar weitere Mitarbeiter”, sagt der Chef. Wie es scheint, hat die Firma wieder Oberwasser.