Das Lehrerzimmer, Baujahr 1958, war ursprünglich für 23 Frauen und Männer konzipiert worden. Jetzt hocken hier bei Konferenzen bis zu 70 Pädagogen eng an eng beieinander.
Pinneberg. Wer in der großen Pause in das Lehrerzimmer der Pinneberger Grund- und Gemeinschaftsschule im Quellental kommt, den erschlägt es erst einmal. Wenn man versucht, mit den Lehrerinnen und Lehrern zu sprechen, kann man sein eigenes Wort und das des Gegenübers kaum verstehen. Ein großer Lärmteppich liegt über den Tischen, eine Kakophonie weiblicher und männlicher Stimmen.
Kein Wunder: Wir befinden uns im wohl engsten Lehrerzimmer des Kreises Pinneberg. 60 Lehrer und zehn pädagogische Mitarbeiter konferieren hier und sollen sich in den Pausen erholen. Das ist aber nicht möglich. Das Lehrerzimmer, Baujahr 1958, war ursprünglich für 23 Frauen und Männer konzipiert worden. Jetzt hocken hier bei Konferenzen bis zu 70 Pädagogen eng an eng beieinander. Nicht alle haben dann einen Sitzplatz. „Wir haben leider nicht für alle Lehrer eine Sitzgelegenheit“, analysiert Schulleiter Thomas Gerdes. „In den Hochzeiten müssen wir umschichtig sitzen.“
Die Lehrerinnen Ingrid Wild, Hilde Vink und Helke Katt sitzen Bein an Bein an einem Tisch. Auf dem Tisch stapeln sich Hefte, Papier und volle Klarsichtordner und -hüllen. Hilde Vinks Laptop thront auf einem besonders hohen Stapel. Dabei geht es den drei Lehrerinnen noch besser als dem großen Rest im winzigen Lehrerzimmer: Ordner und Bücher können sie auf einer Fensterbank lagern.
„Es ist hier sehr beengt, und das bedeutet Stress“, lautet Helke Katts Urteil. „Die Situation im Lehrerzimmer ist belastend und beeinträchtigt meine Arbeitsfreude“, konstatiert Hilde Vink. Es sei weder eine erholsame Pause möglich, noch seien Arbeitsgespräche zu führen. „Ich finde es viel zu laut hier“, resümiert Ingrid Wild, „es ist so gut wie unmöglich, sich gut auszutauschen.“
Die Folge: Etwa ein Drittel der Lehrerinnen und Lehrer verbringt die großen Pausen gar nicht mehr im Lehrerzimmer. Die Lehrkräfte machen ihre Pausen dann in den Klassenräumen, wo sie gerade Unterricht geleistet haben.
Rektor Thomas Gerdes fällt denn auch ein hammerhartes Urteil: „Ein ordnungsgemäßer Schulbetrieb ist hier nicht mehr möglich. Die Zustände im Lehrerzimmer sind katastrophal, sie sind gesundheitsgefährdend. Hier sind schon Lehrer in Tränen ausgebrochen, weil es so unerträglich laut war. Zum Teil steht den Lehrern weniger als ein halbes DIN-A-4-Blatt Tischfläche zur Verfügung. Die Unfallkasse Nord wird die Zustände begutachten.“
Die Pinneberger Grund- und Gemeinschaftsschule ist derweil nicht die einzige Schule im Kreis Pinneberg, die über ein zu kleines Lehrerzimmer klagt. Auch an der Johannes-Brahms-Schule in Pinneberg können die 105 Kollegen nicht im Lehrerzimmer konferieren. „Konferenzen laufen im viel größeren Musikraum“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Susanne Godbersen-Schulz-Langendorf, „obwohl wir schon einen Nebenraum nutzen.“
Das dröhnende Miniklassenzimmer indes ist bei Weitem nicht der einzige Missstand an der Grund- und Gemeinschaftsschule an der Richard-Köhn-Straße. Die Fassade ist marode, von Wärmedämmung keine Spur, die Farbe blättert ab, Toilettenrohre verrosten, Putz bröckelt von der Decke, Risse mäandern an den Wänden; es fehlen Fachräume für Grundschüler, und zwei naturwissenschaftliche Räume müssen saniert werden.
Der Kommunale Servicebetrieb (KSP) hat unlängst einen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf von sieben Millionen Euro festgestellt. Auch an der Theodor-Heuss-Schule, in unmittelbarer Nachbarschaft, müssen laut KSP 6,5 Millionen Euro investiert werden. Um alle Schulen fit für die Zukunft zu machen, muss die hoch verschuldete Stadt Pinneberg in den kommenden Jahren mehr als 25 Millionen Euro ausgeben. Wie viel Geld der Pinneberger Rat tatsächlich freigeben wird, ist offen.
Am Freitag hat sich der Pinneberger SPD-Ortsvereinsvorsitzende und Landtagsabgeordnete Kai Vogel zu Wort gemeldet. „Schulpolitik in Pinneberg darf nicht dadurch geprägt sein, dass die Schule als erstes Geld erhält, die am lautesten schreibt“, sagt der Genosse. „Bedarf gibt es überall.“
Die Klasse 8 b der Pinneberger Grund- und Gemeinschaftsschule im Quellental hat den Kreativwettbewerb der Kreis-Umwelt-Tage 2013 gewonnen. Die Mädchen und Jungen haben sich in mehreren Unterrichtseinheiten gemeinsam mit ihrer Lehrerin Helke Katt sehr kreativ mit dem Thema Plastikmüll befasst und in verschiedenen Kleingruppen drei Wettbewerbsbeiträge erarbeitet.