Die Vertriebsgesellschaft der Stadtwerke Barmstedt soll nach dem Willen des Werkleiters nicht dem kommunalen Arbeitgeberverband beitreten, um deren Mitarbeiter nicht tariflich bezahlen zu müssen. Der Betriebsrat ist dagegen.

Barmstedt. Droht den Mitarbeitern der Stadtwerke Barmstedt künftig eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“? Das befürchtet die Betriebsratsvorsitzende Silke Kruse. Weil die vor zwei Jahren gegründete Vertriebsgesellschaft der Stadtwerke nicht dem kommunalen Arbeitgeberverband beigetreten ist, braucht Werkleiter Fred Freyermuth deren Mitarbeiter nicht nach dem für Stadtwerke geltenden Tarifvertrag Versorgung (TVV) zu bezahlen. „Das darf nicht sein“, sagt Silke Kruse und fordert die Barmstedter Politiker auf, „endlich klare Verhältnisse zu schaffen“. Eine Diskussion im Werkausschuss führte zu keinem Ergebnis.

Freyermuth begründet die unterschiedliche Bezahlung der 70 Mitarbeiter seines Unternehmens mit dem scharfen Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Darum habe er die Gründung der Vertriebs GmbH initiiert, die sich vor allem um das Energiegeschäft außerhalb Barmstedts kümmern sollte, die inzwischen 20.000 Gas- und 5000 Stromkunden betreut und zwei Drittel des 40-Millionen-Euro-Jahresumsatzes umfasst. „Da will ich mich nicht einem starren Tarifvertrag unterwerfen, sondern flexibel reagieren können“, sagt Freyermuth und betont: „Keiner der jetzigen Mitarbeiter verliert seinen Besitzstand. Es geht nur um neue Mitarbeiter.“ Und die würden keineswegs Dumpinglöhne erhalten, sondern außertariflich bezahlt, wie es bei den beiden bislang einzigen Mitarbeiterinnen der Vertriebs GmbH der Fall sei.

Doch daran entzünde sich der Streit zwischen dem Betriebsrat und der Stadtwerke-Geschäftsleitung, erklärt Silke Kruse. Anfangs habe es geheißen, dass die Vertriebsgesellschaft nur das Risiko der Expansion tragen, aber keine Mitarbeiter beschäftigen sollte. Nun plötzlich gelte diese Vorgabe nicht mehr und die Vertriebsgesellschaft würde „allmählich mit Personal bestückt und das am Betriebsrat vorbei“, ärgert sie sich. „Wer sich für den öffentlichen Dienst entscheidet, weiß in der Regel, dass er dort nicht das meiste Geld verdient, dafür aber einen sicheren Arbeitsplatz und eine gute Altersvorsorge bekommt.“

Vor allem die guten Rentenansprüche, wie sie die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für den öffentlichen Dienst gewährleiste, stößt Werkleiter Freyermuth sauer auf. „Da kommst du nie wieder raus.“ Oder es werde sehr teuer, wie sich beim Ausstieg einiger Umlandgemeinden aus dem Zweckverband des Altenheims Barmstedt-Rantzau gezeigt habe. Silke Kruse kontert: Es gebe durchaus VBL-Leistungen, die flexibler seien, wie zum Beispiel in Mecklenburg. Diese könnte Barmstedt übernehmen. Wenn Freyermuth behaupte, er könne qualifiziertes Fachpersonal nicht bekommen, wenn er nach Tarif bezahle, verkenne er, dass auch der Tarifvertrag Zielvereinbarungen und Leistungszulagen offenlasse. „Man muss es nur wollen.“

Dietrich Tetz, CDU, der dem Werkausschuss vorsitzt, sieht „keinen Handlungsdruck“, darüber zu entscheiden. Letztlich sollte es auf einen Haustarifvertrag für die Vertriebs GmbH hinauslaufen, schlägt er vor. „Es geht um das Beste für die Stadt. Die Stadtwerke bestehen nur im Wettbewerb, wenn sie flexibel im Markt reagieren können.“