Nach Reparatur des Belags der Hauptstraße mit Rollsplit hagelt es Proteste. Nachbesserung ist jedoch nicht in Sicht
Appen/Kreis Pinneberg. Hans-Joachim Banaschak ist sauer auf die Straßenbauer. „Das rüttelt hier wie auf einem Massagebett“, beschreibt Appens Bürgermeister das neue Fahrgefühl auf der Hauptstraße. Seitdem im August eine Kolonne der Straßen- und Autobahnmeisterei Elmshorn anrückte, um Risse und Aufbrüche im Fahrbahnbelag zu reparieren, sieht die Appener Ortsdurchfahrt im Verlauf der Landesstraße 106 wie ein kilometerlanger Flickenteppich aus.
Rollsplitt ist die Bezeichnung für das Material, mit dem die Hauptverbindungsstraße zwischen Pinneberg und Uetersen winterfest gemacht werden sollte. Rollsplitt ist jedoch in der Gemeinde längst zum Reizwort geworden. Denn es hagelt Proteste und Beschwerden, seitdem die Straßenbauer abgezogen sind und eine Holperstrecke hinterließen.
„Nicht nur die Appener sind sauer, wir bekommen auch jede Menge Anrufe und E-Mails von Leuten aus Pinneberg, Uetersen und Moorrege, die unsere Ortsdurchfahrt benutzen“, sagt Christdemokrat Banaschak, der ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde ist. Ein Test des Abendblatts mit zwei verschiedenen Autos bestätigt, dass die Placken aus der Hauptstraße eine Mini-Achterbahn gemacht haben. Je nach Fahrwerksauslegung geht es bei Tempo 50 entweder schaukelnd wie bei Seegang oder hart rüttelnd wie auf einer Schlaglochpiste über die L106. Besonders heftig sind die Erschütterungen in Fahrtrichtung Pinneberg zu spüren.
Dort folgen die quer zur Fahrbahn verlegten Rollsplittriegel hinter dem Ortseingang in dermaßen kurzem Abstand, als sollten die Schwellen eine Tempobremse bei Einfahrt in eine Spielstraße sein.
Bürgermeister Banaschak hat inzwischen in Überreinstimmung mit der Amtsverwaltung Moorrege einen Beschwerdebrief an die Straßenmeisterei geschickt. Der wurde auch an die vorgesetzte Dienststelle, die Niederlassung Itzehoe des Landesbetriebs für Straßenbau und Verkehr weitergeleitet. Banaschak beklagt sich über die Bauausführung und moniert außerdem, dass weder er noch die Amtsverwaltung über die Straßenbauarbeiten zuvor informiert wurden. Außerdem seien die Reste des aufgetragenen Rollsplitts erst nach mehr als zwei Wochen abgeräumt worden.
Hoffnung auf Nachbesserung können sich die Benutzer der Hauptstraße allerdings nicht machen. Aus Sicht von Burkhard Kötter, dem stellvertretenden Leiter der Niederlassung, sind die Arbeiten korrekt ausgeführt worden. Kötter bedauert, dass die Appener nicht vorher über die Bauarbeiten informiert wurden. Dies werde in Zukunft geändert.
Die Verwendung von Rollsplitt ist laut Kötter ein bewährtes Verfahren, um oberflächliche Risse zu flicken und damit das Eindringen von Wasser und nach folgende Frostaufbrüche während der Winterperiode zu verhindern. Auf die beschädigte Fahrbahn werde zunächst eine Bitumenemulsion aufgetragen, die dann mit den Steinchen des Rollsplitts abgestreut werde.
Der Fahrzeugverkehr sorge dann für die Verfestigung des Splitts im Fahrbahnbelag. Offenbar hatten die Straßenbauer auf der Hauptstraße den Belag zu dick aufgetragen und damit die Appener Welle verursacht. Bei Reparaturen auf der Landesstraße 104 zwischen Halstenbek und Schenefeld haben die Rollsplittflicken die Straße nicht in eine Rumpelpiste verwandelt.
Aus Sicht des ADAC ist der Einsatz von Rollsplitt ohnehin nur „Flickschusterei“, so der Kieler Sprecher des Automobilclubs, Ulf Evert. „Rollsplitt bewirkt keine nachhaltige Reparatur der Fahrbahn. Beim nächsten harten Winter wird es neue Schäden geben“, prophezeit der ADAC-Sprecher. Besser wäre es, die Fahrbahnen von Grund auf zu erneuern, als nur die Oberflächen auszubessern, empfiehlt Evert. Doch dafür fehlten offenbar die Mittel.
Rollsplitt richtet auch kurz nach dem Abstreuen Schäden an, wenn die spitzen Partikel des Granulats von den Autoreifen hoch geschleudert werden und auf Lack und Fenstern nachfolgender Fahrzeuge treffen, heißt es im Fachblatt Autobild.
In Appen, wie auch auf der Strecke nach Schenefeld, wurde zwar nach dem Rollsplitt-Auftrag vorübergehend Tempo 40 angeordnet. Doch nicht alle Autofahrer halten sich an das Limit. Fachleute empfehlen deshalb, Straßen mit frisch aufgetragenem Rollsplitt möglichst zu umgehen.