Zwei Jahre nach Edeka-Aus arbeiten am Osterbrooksweg mehr Menschen als zuvor. Alle Logistikflächen sind vermietet.
Schenefeld. Es war ein Schock für die Mitarbeiter, als Edeka das Aus für das Schenefelder Logistikzentrum verkündete. 176 betroffene Arbeitsplätze und die Furcht vor einer jahrelang brachliegenden Bauruine jagte auch den Schenefeldern Politikern einen gehörigen Schrecken ein. Knapp zwei Jahre ist das her. Verschmähte Ruinen? Leer stehende Hallen? Ganz im Gegenteil. Auf dem 16 Hektar großen Gewerbeareal am Osterbrooksweg ist wieder Leben eingekehrt. Zahlreiche Firmen wie der NDR, Rudolf Schachtrupp KG als Spezial-Importeur für landwirtschaftliche Artikel aus Asien oder die Spedition Dümler haben sich hier angesiedelt. Sie und die weitere Unternehmen wie Hermes oder Fabfab beschäftigen derzeit hier 350 Angestellte.
Mit dem neuesten Zuzug der expandierenden Firma Hanseatischer Food Service ist endgültig der letzte freie Meter der insgesamt 46.000 Quadratmeter umfassenden Logistikflächen weg. Und sogar für die alte Tankstelle der Edeka-Zulieferer hat sich mit dem Omnibusbetrieb J. Baehr ein Abnehmer gefunden. Was das Erfolgsrezept für den rasanten Ausverkauf und das kleine Wirtschaftswunder von Schenefeld ist? "Eine Hamburger Vorwahl und ein schleswig-holsteinischer Steuersatz, das macht die Flächen sehr attraktiv", sagt Markus Holstein. Er ist Vertreter der Immobiliengesellschaft IVG, der das Areal seit 2006 gehört.
Die derzeitigen finanziellen Probleme seines Unternehmens sollen laut Holstein aber keinen Einfluss auf die Schenefelder Immobilien haben. Die börsennotierte Gesellschaft mit Sitz in Bonn stand zeitweise vor der Pleite, in den vergangenen Tagen verständigten sich die Gläubiger des verschuldeten Unternehmens scheinbar auf eine Sanierung. "Der Betrieb geht normal weiter. Das hat keine Auswirkung", verspricht Holstein.
Fakt ist: In den vergangenen Monaten flossen 1,5 Millionen Euro in die Sanierung und Modernisierung der Schenefelder Immobilie, und es wird auch weiter investiert. Das ist auch nötig. Denn die Gebäude stammen noch aus den Zeiten, als die Spar Handelsgesellschaft florierte und hier ihren zentralen Sitz hatte. 1960 sicherte sich die Spar die Flächen am Osterbrooksweg. Bis zu 1400 Menschen arbeiten zu Glanzzeiten für die Spar, bis Edeka 2005 das Unternehmen schluckte. 2011 wurde der Standort dann geschlossen. Der größte Sanierungsbrocken ist das einzig unvermietete ehemalige Verwaltungsgebäude am Osterbrooksweg. "Erst wenn dafür ein großer Mieter vor der Tür steht, können wir das angehen", so Holstein.
Doch für Büroflächen ist der Bedarf einfach nicht so groß wie für die Logistikflächen. Holstein dazu: "Wir hatten viele Anfragen und hätten am Ende die Logistikflächen doppelt vergeben können." Bereits jetzt meldet die Hanseatische Food Service, die aus dem Schenefelder Unternehmern Schloss Göhrde hervorging, weiteren Flächenbedarf für 2014 an. Derzeit lagern am Osterbrooksweg auf 6000 Quadratmetern in den Hochregalen Lebensmittel für Gastronomiebetriebe, Hotels und Bäckereien. Zudem hat man sich im Nebengebäude Büroflächen gesichert.
Im Stockwerk darunter ist das Internet-Unternehmen Fabfab eingezogen. Die Geschichte des Stoffgroßhändlers, der seine Waren übers Internet vertreibt, hat etwas Märchenhaftes. Was vor zehn Jahren mit einer guten Idee auf 60 Quadratmetern in Halstenbek begann, hat sich zu einem weltweit operierenden Unternehmen mit Lagerflächen von 7000 Quadratmetern in Schenefeld gemausert. Dort, wo einst Edeka Lebensmittel lagerte, werden jetzt Stoffe aller Art umgeschlagen und zugeschnitten. Das einstige abgeschirmte Zigarettendepot oberhalb der Lagerfläche hat sich in ein Eldorado für Knopf- und Reißverschlussliebhaber verwandelt. Allein 1000 Knopfmodelle werden hier zum Versand aufbewahrt.
Statt Konserven also Knöpfe - statt um Salate und Grünzeug dreht sich in der Nachbarhalle alles um Schleifmittel: Denn das ehemalige Gemüselager der Edeka-Zentrale nutzt das Luruper Unternehmen Hermes heute als Produktionsstätte. Etwa 120 Mitarbeiter arbeiten für den Schleifmittelproduzenten in Schenefeld, der in den vergangenen Jahren einen Sanierungsprozess mit verbundenem Arbeitsplatzabbau hinter sich brachte. "Durch das Tal der Tränen sind wir durch", sagt Geschäftsführer Jan Cord Becker. Jüngst wurden neue Patente angemeldet und in die von Lurup nach Schenefeld verlegte Produktionsstätte weiter investiert. Gerade in die dortige Schleifkornfertigung setzt Becker Hoffnungen für die Zukunft.