Bauern aus dem Kreis Pinneberg ziehen gegen Auflagen zum Knickschutz zu Felde. Landwirte befürchten großflächigen Wegfall von Ackerfläche und Einnahmeverluste. Umweltminister als Reizfigur.
Kreis Pinneberg/Kiel . Geht es nach den Landwirten im Kreis Pinneberg, kann man die neuste Verordnung des Umweltministers knicken. Die seit Anfang Juli gültige Neuregelung zum Knickschutz in Schleswig-Holstein verhagelt den hiesigen Bauern gehörig den Sommer. Weil sie gemäß der neuen Verordnung bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen bestimmte Abstände zu den Knicks als geschützten Biotopen einhalten müssen, befürchten die Landwirte den großflächigen Wegfall von Ackerfläche und damit massive Einnahmeverluste. "Ich verliere alleine auf dieser Fläche von eineinhalb Hektar mehrere Hundert Quadratmeter Nutzfläche", sagte am Mittwoch Lars Kuhlmann, Vorsitzender des Kreisbauernverbands. Der Tangstedter hatte mit Vorstandskollegen zum Ortstermin auf einen seiner Maisacker geladen.
Die Erzeuger aus dem Kreis Pinneberg fühlen sich von der neuen Knickverordnung aus dem Hause des Kieler Ressortchefs Robert Habeck von den Grünen besonders betroffen. Zum einen gibt es im Südwesten des Landes ein explizit gut erhaltenes Knicknetz. Zum anderen ist kein anderer Landkreis derart dicht besiedelt, die landwirtschaftlichen Flächen sind also rar und teuer. "Ich bestreite, dass ich mit meiner bisherigen Bewirtschaftung dem Knick hier geschadet habe", sagte der Kreisbauernchef am Mittwoch kategorisch.
Kuhlmann, Vorstandskollege Werner Kruse aus Heede und Peer Jensen-Nissen, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands, hatten eigens eine große Holzschablone gebastelt, um die Auswirkungen der Neuregelung zu visualisieren. Vom Fuß des Knickwalls aus muss in Zukunft ein 50 Zentimeter breiter Saumstreifen eingehalten werden. Dieser Streifen darf nicht befahren werden; Kulturpflanzen dürfen nicht angepflanzt werden, Pflanzenschutzmittel sind hier tabu. "Das ist in der Praxis sehr schwer zu realisieren", sagte Lars Kuhlmann, "denn es ist manchmal ganz schwer zu sagen, wo genau der Knick anfängt." Es handele sich um ein typisches Beispiel für eine Verordnung, die am Schreibtisch entstanden sei. Werner Kruse vermutet, dass viele Landwirte sicherheitshalber mehr Abstand halten als erforderlich, um keinen Ärger mit den Behörden zu bekommen. Denn Zuwiderhandlungen werden als Ordnungswidrigkeit behandelt. Wie es hieß, drohe den Landwirten bei Verstößen gegen die Neuregelung ein Verlust von ein bis drei Prozent ihrer staatlichen Prämie. Wiederholungstäter könnten gar bis zu 20 Prozent ihrer Prämie gekürzt bekommen.
Laut Jensen-Nissen gibt es landesweit annähernd 68.000 Kilometer Knicks, im Kreis Pinneberg sind es vermutlich rund 9000 Kilometer. Der Verlust des Saumstreifens koste die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein bis zu 3500 Hektar Ackerfläche und 2000 Hektar Grünland. Das entspreche der Fläche von mehr als 13.500 Fußballfeldern - auf denen man bis zu 27.000 Tonnen Weizen erzeugen könnte.
Die Vertreter des Kreisbauernverbands betonten, dass ihnen sehr wohl am Erhalt der Knicks gelegen sei. "Unsere Vorfahren haben sie in den vergangenen 200 Jahren angelegt und gepflegt", so Kuhlmann. Eine erhebliche Verkleinerung des Knicknetzes, wie ihn Robert Habeck ins Felde führt, sehen die Bauern aus dem Kreis Pinneberg nicht. Das sogenannte Aufputzen, also das seitliche Schneiden der Knickvegetation, ist in Zukunft erstmals sechs Jahre nach dem Auf-den-Stock-setzen erlaubt. Das seitliche Einkürzen ist nur noch im Winkel von 70 Grad zulässig. "Die Knickpflege ist zukünftig nur noch mit Winkel, Geodreieck und Maßband möglich", so Jensen-Nissen.
Derweil sich der Knick im oberen Bereich seitlich stark ausbreiten könne, könne der Flächenverlust für den einzelnen Landwirt bis zu zehn Prozent betragen. "Mit dem großen Trecker komme ich an den seitlichen Rand gar nicht mehr ran", sagt Lars Kuhlmann. Eventuell könnten am Rand der Äcker Streifen von bis zu drei Metern Breite nicht mehr bewirtschaftet werden. Das Land greife in großem Maße in das Eigentum der Erzeuger ein.
"Wir als Landwirte, die die Knicks in aller Regel erhalten und pflegen, werden jetzt bestraft", so der Tangstedter. Der grüne Umweltminister ist für ihn und seine Berufskollegen längst ein rotes Tuch. Habeck habe auf dem Kreisbauerntag Anfang des Jahres in Ellerhoop den Dialog mit den Landwirten angekündigt - davon sei nicht mehr die Rede. "Wir wollen nicht die billige Wahlkampf-Staffage der Grünen sein", sagt der Kreisbauernvorsitzende.