Elmshorn, Pinneberg, Wedel und Quickborn zweifeln Daten der kleinen Volkszählung an
Kreis Pinneberg. Die Methodik der Zensus-Erhebung aus dem Jahr 2011 möge ja einwandfrei gewesen sein, konzediert Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl. "Allein die Zahlen sind nicht richtig." So gebe es etliche Ungereimtheiten und schlicht falsche Ergebnisse, die die Zensus-Befragung bei zehn Prozent der Haushalte ergeben hat. Krassestes Beispiel für Quickborn ist die Zahl der Einpendler. Laut Zensus fährt kein auswärtiger Arbeitnehmer nach Quickborn zur Arbeit. "De facto sind es aber nach unseren Daten 5200 Einpendler jeden Tag", sagt Köppl. "Da kann doch was nicht stimmen."
Darum hat die Stadt Quickborn jetzt beim Statistikamt Nord Widerspruch gegen den Zensus eingelegt. Damit steht Quickborn nicht alleine. Auch Elmshorn, Wedel und Pinneberg haben dieser amtlichen Zahlenerhebung widersprochen, um weitere Rechtsansprüche geltend machen zu können. Landesweit sind es laut Claudia Zempel vom Städteverband 30 Kommunen, die die Plausibilität der Daten anzweifeln. Anfang August werde es ein Gespräch der Landesstatistiker mit den Bürgermeistern der widersprechenden Städte und Gemeinden geben, kündigt Zempel an. "Das hat uns das Landesamt zugesagt." Falls es dabei zu keiner Einigung kommen sollte, ist Köppl auch bereit, den weiteren Rechtsweg einzuschlagen. "Notfalls werden wir dagegen klagen."
So können die Verwaltungschefs nicht nachvollziehen, warum die Zensus-Zahlen so erheblich von ihrem eigenen Melderegister abweichen sollen. Laut Zensus hat Quickborn 800 Einwohner weniger als im Meldeamt registriert. In Elmshorn sind es fast 2200 Einwohner weniger, in Pinneberg 1500. Wedel fehlen knapp 1000 Menschen. Das kann für diese Städte finanzielle Auswirkungen haben. So rechnet Elmshorns Bürgermeisterin Brigitte Fronzek mit einer halben Million Euro weniger Schlüsselzuweisungen vom Land, sollten die Zensus-Daten Bestand haben. In Pinneberg und Wedel könnten es ähnliche Größenordnungen sein.
Quickborn müsste allein 170.000 Euro mehr Umlagen ans Land abführen, da die Stadt als besonders finanzkräftig gilt und nun durch den Zensus "noch reicher gerechnet wurde", kritisiert Köppl. Genau könne dies aber keiner sagen, sagt Michael Artus vom Amt für Finanzen in Pinneberg. Da Schleswig-Holstein im Vergleich zu den anderen Bundesländern zu den Gewinnern des Zensus' gehört, würde der Topf des Finanzausgleichs größer. Und innerhalb des Landes wiederum hätten angeblich fast alle Kommunen Einwohner verloren, sodass dies zu einem Nullsummenspiel werden könnte, ist Artus überzeugt. Fronzek vermutet dies auch. Sie irritiert aber genauso wie ihre Kollegen, nach welchen Daten künftig geplant werden soll. Für den Bau von Kindergärten und Krippenplätzen sei es enorm wichtig zu wissen, welche Zahlen stimmen.
"Die Melderegister in den Kommunen sind schon gut", lobt Claudia Zempel vom Städteverband. Das zeige sich in der Regel bei den Wahlen, sagt Quickborns Bürgermeister Köppl. Da würde es vielleicht mal 80 Karteileichen geben, die offenbar nicht mehr da wohnen, wo sie gemeldet sind. "Aber doch nicht 800." Durch die Zensus-Zahlen ist die Bevölkerungszahl in Quickborn nun unter 20.000 gerutscht. Das hätte Auswirkungen auf die Verkehrsaufsicht, die die Stadt dann an den Kreis geben müsste, der auch wieder kommunale Aufsicht über Quickborn hätte statt der Landesregierung. Doch bis der Rechtsstreit - "das wird Jahre dauern", so Köppl - beendet ist, "sind wir mit Sicherheit wieder über 20.000 Einwohnern."
Pikant findet der Verwaltungschef auch das Zensus-Ergebnis, dass Quickborn keinen Landwirt mehr haben soll. "Unser neuer Bürgervorsteher Henning Meyn ist Landwirt." Den haben die amtlichen Zähler wohl übersehen.