In vielen Orten wird es zum Problem, tagsüber genug Einsatzkräfte alarmieren zu können. Nachbarschaftshilfe ist obligatorisch.
Kreis Pinneberg . Wenn jemand die Hilfe der Feuerwehr braucht, sieht das im Planspiel so aus: Es brennt im ersten Obergeschoss, Personen sind in der Wohnung, der Rettungsweg ist nicht begehbar. Anhand dieses, angenommenen, Szenarios planen alle Feuerwehren im Kreis Pinneberg ihren Bedarf an Einsatzkräften. Doch das wird immer schwieriger. Denn es fällt den freiwilligen Brandbekämpfern schwer, vor allem tagsüber jene 13 Kräfte aufzubieten, die mindestens nötig sind, um ein solches Standard-Feuer zu bekämpfen. Während die Einsatzbelastung gleichbleibend hoch ist, müssen die Wehren zunehmend um Aktive kämpfen.
"13 Leute, das ist eine ganze Menge", sagt Uwe Kuhlmann, seit 23 Jahren Wehrführer in Pinneberg. Nachdem die Wehr der Kreisstadt in der Vergangenheit vom Mitgliederschwund verschont geblieben war, musste sie seit 2011 einen erheblichen Aderlass verkraften. Wie während der jüngsten Jahreshauptversammlung berichtet wurde, hat die Pinneberger Wehr noch 87 Aktive, sechs weniger als ein Jahr zuvor. Im Jahresbericht ist von "dramatischen Zahlen" die Rede. Kompensiert wurden die Abgänge durch Zugänge aus der Jugendwehr. Ausgerückt war die Pinneberger Wehr im vorigen Jahr zu 349 Einsätzen. Der Wehrführer selbst arbeitet im Rathaus, wenige Meter von der Feuerwache entfernt, und gehört damit meist zum ersten Trupp, den die Pinneberger in den Einsatz schicken. "Es wird immer wichtiger, dass die Arbeitgeber flexibel sind", so Kuhlmann.
"Der Kelch dieses Problems geht an keinem von uns vorbei", bestätigt Kreiswehrführer Bernd Affeldt. Innerhalb des Kreisfeuerwehrverbands profitiere man noch von der seit Jahren vorbildlichen Jugendarbeit. Aber auch, wenn man die Zahl der Mitglieder konstant halte, bleibe das Problem der Tagesverfügbarkeit. Affeldt schlägt als Lösungsansatz eine doppelte Mitgliedschaft vor. Feuerwehrleute könnten somit Mitglied ihrer Heimatwehr bleiben, tagsüber aber in die Wehr des Ortes einscheren, in dem sie arbeiten.
Kreisweit sind etwas mehr als 2500 Frauen und Männer in den Freiwilligen Feuerwehren aktiv. Im Jahr 2011 hatten sie mehr als 3250 Einsätze gefahren. Die Zahlen für 2012 werden gerade zusammengestellt. "Ich gehe von einem gleichbleibend hohen Niveau aus", sagt Michael Bunk, Sprecher der Kreisfeuerwehr. Wie er sagt, alarmiere man häufiger als in der Vergangenheit mehrere Nachbarwehren gleichzeitig.
Bei der mit 138 Jahren ältesten Wehr im Kreis Pinneberg in Barmstedt hat sich inzwischen die Personallage beruhigt, sagt Wehrführer Uwe Schinkel. Vor zwei Jahren drohte beinahe eine Zwangsverpflichtung von Bürgern für die Feuerwehr, wie es sie in Burg/Dithmarschen und List auf Sylt heute schon gibt, weil die Mannschaftsstärke auf unter 60 Mann gesunken war. "Wir waren runter auf 58", sagt Schinkel. "Jetzt haben wir wieder 64 aktive Kameraden." Die Umstrukturierung der Jugendwehr brachte neuen Zuwachs. Die Zahl der Einsätze ist 2012 mit 93 auf hohem Niveau geblieben.
In Quickborn kommt der Freiwilligen Feuerwehr das Wachstum der Stadt zugute, sagt Wehrführer Christof Fehrs. "Wir haben keine Nachwuchssorgen". 105 Mann hat er zur Verfügung. Diese Zahl sei seit Jahren konstant, weil aus der Jugendwehr immer wieder Kameraden nachrückten. "Die Jugendwehr zählt 25 Mädchen und Jungen. Mehr geht nicht." Die Zahl der Einsätze ist 2012 von 226 auf 201 zurückgegangen.
In Wedel ist es für die Feuerwehr indes schwer, zwischen 6 und 18 Uhr genügend Einsatzkräfte zusammenzutrommeln. Etwa 100 aktive Mitglieder umfasst die Freiwillige Feuerwehr in Wedel, die im vergangenen Jahr 320 Einsätze absolvierten. Viele von ihnen arbeiten außerhalb der Stadt, andere können sich nicht loseisen, weil ihre Arbeitgeber kein Verständnis dafür haben. Dadurch bilden nur 15 Kameraden den harten Tagesgeschäfts-Kern. Dass es überhaupt 15 sind, verdankt Wedel dem vom Kreiswehrführer propagierten Modell "Gastfeuerwehrmann". Seit drei Jahren setzt man in Wedel darauf, aktiv Kameraden anderer Feuerwehren auch für den freiwilligen Dienst in Wedel zu gewinnen. Ein Drittel der Tageskräfte stammt aus Hetlingen, Kölln-Reisiek oder Klein Nordende. Die Idee der geliehenen Kameraden ist gut, die Umsetzung schwer, wie Gerätewart Norbert Carstens erklärt. "Wir würden uns wünschen, dass der Kreisfeuerwehrverband sich mehr dahinter klemmt und eine Liste erstellt, wer wo arbeitet. Wir haben doch alle das Problem", so Carstens.
131-mal waren die 76 aktiven Mitglieder der Schenefelder Wehr 2012 im Einsatz. Sprecher Helge Kudenholdt sagt mit Blick auf das Tagesgeschäft: "Wir sind am Rande dessen, was wir alleine abbilden können." Gleich sechs Mitglieder der Jugendwehr wurden jüngst in die aktive Wehr mitaufgenommen. Trotzdem reicht es nicht. "Wir haben Konsequenzen gezogen. Bei großen Einsätzen wird Halstenbek automatisch mitalarmiert", sagt Kudenholdt.