Muslime, Juden und Christen unterstützen gemeinsam die Elmshorner Spendenaktion. Der Schal gegen Armut und Ausgrenzung wird versteigert.
Elmshorn. Etwas mulmig war Hidayet Evcil dann doch zumute, als er den Davidstern an der Fassade der Haci-Bayram-Veli-Moschee anbrachte. Allerdings nur, weil er fürchtete, dass ihm angesichts der unruhigen Zeiten, in denen sich in Israel die Glaubensrichtung so unversöhnlich gegenüberstehen, eine solche Aktion gleich als Anschlag ausgelegt werden könnte. Tatsächlich kamen auch gleich einige muslimische Jugendliche auf Evcil zu und hakten nach. Der konnte die Situation als gemeinsame Aktion der drei großen Religionsgemeinschaften in Elmshorn aufklären. Neben dem Stern als Symbol des Judentums hingen am Ende an der Moschee an der Biernatzkistraße auch das Kreuz des Christentums und der grüne Halbmond als Zeichen des Islams ganz friedlich nebeneinander. "Das gibt es so nirgendwo in Deutschland noch zu sehen", sagt Evcil. Nein, ganz sicher gibt es so viel religiöse Einigkeit selten. Denn nicht nur die drei Symbole waren an diesem Tag vereint, sondern auch die Elmshorner Religionsgemeinschaften zogen gemeinsam an einem Strang - um genau zu sein an einem Strickschal.
Am längsten Schal Elmshorns arbeiten seit knapp sechs Wochen Vereine und Verbände der Stadt. Die Idee, die hinter der Initiative der Diakonie Rantzau-Münsterdorf steckt, ist es zusammen ein Zeichen gegen Armut und Ausgrenzung zu setzen. Der Schal steht dabei symbolisch für Wärme gegen gesellschaftliche Kälte. Wo der Schal am Ende präsentiert oder ausgestellt werden soll, ist noch unklar.
Fest steht, dass alle beteiligten Organisationen zusätzlich noch einen kleinen Schal stricken. Diese sollen dann zugunsten Benachteiligter versteigert werden. Mehrere Meter umfasst das bunte Gemeinschaftswerk bereits. Die dabei verwendete Wolle haben Spender zur Verfügung gestellt.
Zuletzt arbeiteten die Mitglieder des Frauenrats der Türkisch-Islamischen Gemeinde an dem Schal. Am Montag wechselte er den Besitzer. Aus den Händen der muslimischen Frauen nahm Dennis Ince von der jüdischen Gemeinde den Schal entgegen. Propst Thomas Bergemann vom Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf wollte sich diese Übergabe vor der Elmshorner Moschee nicht entgehen lassen.
Gemeinsam mit Dennis Ince nahm er anschließend die Einladung zu einem Besuch des Gebetshauses ein. "Das ist mein erster Besuch in einer deutschen Moschee", sagte Bergemann. "Und wie das immer so ist, wenn etwas neu und unbekannt ist, war ich aufgeregt." In einer großen Runde standen die Vertreter des Kirchenkreises, der Türkisch-Islamischen und der Jüdischen Gemeinde zusammen im Gebetsraum der Moschee und tauschten sich aus. In Zeiten, in denen Bomben an Bahnhöfen gefunden werden und Verbindungen zu radikalislamischen Gruppen hergestellt werden, sei es besonders wichtig, einander kennenzulernen, betonte Bergemann. "Wir sind alle Geschöpfe eines Gottes, egal welchen Gottes. Wenn wir das zusammen einüben, vereint uns das wieder." Mit dem Strickprojekt gegen Armut und Ausgrenzung habe man in Elmshorn ein Band geschaffen, das verbinde und weiter wachse.
Warum in Elmshorn klappt, was woanders undenkbar ist? "Weil die religiösen Gemeinden in Elmshorn sehr miteinander verwoben sind, gibt es hier keine Probleme", erklärt Hidayet Evcil. Er selbst gehört beiden Seiten an, wie er sagt. Evcil ist Mitglied der türkisch-islamischen Gemeinde, sein Bruder Ali der Vorsitzende, sein Vater Mitbegründer der 1986 ins Leben gerufenen Elmshorner Vereinigung. Auf der anderen Seite arbeitet Hidayet Evcil für die Diakonie Rantzau-Münsterdorf. So knüpfte er die Kontakte. Evcil war es auch, der nach längerer Suche die Verbindungen zur jüdischen Gemeinde herstellte, die ihre neue Synagoge vor kurzem im Flamweg eröffnete. Übrigens genau über einem türkischen Kulturtreff.
Um in Elmshorn die Berührungsängste zwischen den Religionen noch weiter abzubauen, investiert die Türkisch-Islamische Gemeinde derzeit in einen Anbau. Hinter ihrer Moschee entsteht bis März ein Jugendzentrum für rund 280.000 Euro. Das Projekt stemmt die 420 Mitglieder große Gemeinde aus Eigenmitteln, dank vieler Spender. Nachdem zwei Elmshorner Jugendtreffs in der Vergangenheit dicht machten, soll es an der Biernatzkistraße einen neuen Treffpunkt geben. Auf den 160 Quadratmetern können ausdrücklich Jugendliche aller Konfessionen dann in Kontakt kommen.