In Pinneberger Apotheken und Arztpraxen ist das Serum gegen Grippe nicht überall verfügbar
Pinneberg. Den Beginn der Herbstsaison nutzen viele Patienten, um sich mit einer Schutzimpfung gegen Grippeviren zu wappnen. Nachdem die AOK Nordwest bereits Ende September mitgeteilt hatte, in Schleswig-Holstein seien flächendeckende Impfungen möglich, meldeten sich die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein und der Apothekerverband zu Wort.
Gerade einmal ein Drittel der Apotheken im Land verfüge demnach über den Impfstoff des Herstellers Novartis, hieß es vergangene Woche. Viele Ärzte im Land müssten ihre gesetzlich versicherten Patienten, für die die Impfung eine Vorsorgeleistung darstellt, vertrösten, weil das bestellte Serum noch nicht ausgeliefert wurde.
"Wir haben uns auf die Angaben des Herstellers und Lieferanten verlassen", sagt Jens Kuschel, Sprecher der AOK Nordwest. Am vergangenen Freitag besuchten Vertreter der gesetzlichen Kassen das Auslieferungslager in Unna, um sich davon zu überzeugen, dass der Impfstoff Begripal inzwischen in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Ebenfalls am Freitag hatte Novartis mitgeteilt, dass knapp 200 000 Dosen in Schleswig-Holstein und Hamburg ausgeliefert worden seien. Der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein, Marc Dethlefsen, sieht AOK und Novartis in der Pflicht. "Wir verlassen uns jetzt auf das Wort der Kassen und hoffen, dass es keine weitere Vertröstung gibt."
In den vergangenen Tagen sind Ärzte bei der Immunisierung von alten, schwachen und chronisch kranken Menschen auf andere Impfstoffe wie Fluad und Optaflu ausgewichen. Im Kreis Pinneberg haben jedoch immer noch nicht alle Apotheken den bestellten Impfstoff erhalten. In der Markt-Apotheke Pinneberg warten die Mitarbeiter seit drei Wochen auf die Bestellung. "Wir werden immer wieder vertröstet. Bei der Herstellerfirma geht niemand ans Telefon, aber wir erhalten Briefe. In dem jüngsten Schreiben steht, dass wir in dieser Woche endlich beliefert werden", sagt ein Mitarbeiter. Auch in der Rosen-Apotheke in Rellingen ist bisher noch keine einzige Dosis Grippeimpfstoff angeliefert worden. "Wir haben bisher lediglich eine Auftragsbestätigung vom Hersteller erhalten", heißt es dort. Gerhard Wandel, Vorstandsmitglied des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein sieht dennoch Anzeichen für eine Wende. "Die Lage scheint sich langsam zu entspannen. Der Impfstoff Optaflu kann bestellt und nach Herstellerangaben auch ausgeliefert werden."
Dennoch müsse das gesamte Verfahren überdacht werden. Kritik kommt auch von der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. "Das Problem darf nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden. Wir fordern mit Blick auf das kommende Jahr, das neue Verfahren grundsätzlich zu überprüfen", sagte die gesundheitspolitischen Sprecherin Marret Bohn. In diesem Jahr kam zum ersten Mal ein neues Bundesgesetz zur Anwendung: Um Kosten zu sparen, hatten in diesem Jahr die gesetzlichen Kassen über die Herstellung des Grippeimpfstoffs einen Exklusiv-Vertrag mit einem Hersteller geschlossen.