Erst sollten sich die Bürger frei entscheiden dürfen - jetzt wird Zwang ausgeübt und überall renoviert.

Schenefeld. Dieter Spincke ist sauer. Seit 1980 wohnt der Schenefelder mit Ehefrau und zwei Kindern zur Miete in einem Reihenhaus der Soka-Bau am Möwenring. Jetzt soll sein Zuhause zwangssaniert werden. Betroffen davon sind oder waren die Bewohner von 247 weiteren Mietobjekten der ortsbildprägenden Siedlung aus den 60er-Jahren. 95 Häuser sind bereits modernisiert worden.

Vor Beginn der gigantischen Aktion (Kostenaufwand 28 Millionen Euro) war den Mietern auch angeboten worden, auf eine Sanierung verzichten zu können. Doch davon ist jetzt keine Rede mehr: "Inzwischen mussten wir feststellen, dass wir nicht umhin können, jeweils alle Häuser einer Gebäudezeile zusammenhängend zu sanieren", heißt es unmissverständlich einem Brief der Soka-Bau. "Das ist Wortbruch", schimpft Spincke. Verärgert sind vor allem jene Mieter, die in Jahrzehnten große Investitionen in ihre Behausungen auf eigene Kosten vornahmen. Denn die Soka-Bau hatte die Reihenhäuser (80 Quadratmeter Wohnfläche) jahrzehntelang verkommen lassen.

Mit pauschalen Entschädigungen dafür ist nach Worten von Soka-Manager Hans-Jürgen Krampitz nicht zu rechnen. Für die Mieter gibt es drei Möglichkeiten:

  • Umzug in ein bereits saniertes Reihenhaus,
  • übergangsweiser Umzug in eine Geschosswohnung,
  • Aufgabe des Reihenhaues und Umzug in eine preiswerte Geschosswohnung.

Eine weitere Soka-Alternative: "Es steht Ihnen frei, das Mietverhältnis zu kündigen." 43 Mieter gaben ihre Häuser auf; neue Mieter zogen ein.

Mit der "Luxussanierung" (bis zu 110 000 Euro pro Haus) sind für Spincke und die Nachbarn erheblich erhöhte Mietkosten verbunden. Von 600 auf 800 Euro steigt die Kaltmiete. Ein schwacher Trost: Die Energiekosten sollen geringer ausfallen.

Frust herrscht bei vielen Bewohnern wegen baulicher Veränderungen, wie Schießschartenfenstern statt Balkonen, Erdarbeiten in Gärten, die nicht angekündigt wurden, und Funkstille bei Anfragen und Beschwerden. Nach dem Umbau soll es zwar fünf Quadratmeter mehr Raum geben, doch würde Spinckes Schrankwand dann wegen des breiteren Schornsteinschachts nicht mehr ins Wohnzimmer passen. Das Soka-Angebot dazu: Die Möbel sollen fachgerecht verkürzt, also abgesägt werden.