Tausende von Besuchern strömen bei bestem Wetter zum Festival Summer Jazz in die Innenstadt. Musiker begeistern das Publikum bei 53 Konzerten.
Pinneberg. Die turmhohen Schulden, die Leerstände in den Geschäftszeilen der Innenstadt, die Suche nach einem neuen Bürgermeister - all das durfte Pinneberg ein paar Tage lang vergessen und sorgenfrei schöne Stunden genießen. Die 17. Auflage des Musikfestivals Summer Jazz ließ die Pinneberger und ihre Gäste mit zufriedenem Lächeln durch die City flanieren. Vier Tage lang wurde hier auf sechs Bühnen Live-Musik geboten. Sei es auf der Miniatur-Bühne bei "Vom Fass", wo sich der erst 17 Jahre alte Boogie-Woogie Pianist Luca Sestak aus Karlsruhe am Sonnabend ganz schnell in die Herzen des Publikums spielte; sei es auf der Hauptbühne vor der Drostei, wo Festival-Evergreen Tom Shaka als einer der sogenannten Topacts zusammen mit der Band Boogilicious abends mehr als 1000 Zuhörer begeisterte.
Interims-Bürgermeister Klaus Seyfert ("Das Event ist über die Jahre stetig gewachsen, auch an Beliebtheit") hat zudem Wort gehalten. Er hatte den Jazzfans schönes Sommerwetter herbeigewünscht, somit konnten die Besucher in Sommerkleid, T-Shirt und mit Sonnenbrille flanieren. Der Summer Jazz machte seinem Namen Ehre.
Über die Tage verteilt, waren es wieder etliche 1000 Zuschauer, die sich von der breiten Palette der Musik in die Kreisstadt locken ließen und sich gar zu südamerikanischer Lockerheit animieren ließen. Als etwa die Formation Un Poco Pasatiempo dem Festival-Motto "Jazz meets Salsa" musikalischen Ausdruck verlieh und lateinamerikanische Musik und Leidenschaft darbot, tanzten viele Paare aus den Reihen der Zuhörer vor der Bühne mehr oder weniger gekonnt Rumba und Cha-Cha-Cha.
Das Pinneberger Musik-Event hat seit langem ein festes Stammpublikum, vor allem zu suchen in der Altersklasse der 40- bis 65-Jährigen. Diese sogenannten Best Ager kommen längst nicht mehr nur aus der näheren Umgebung, sondern reisen aus dem ganzen Norden an. Ein Summer-Jazz-Fan aus tiefster Überzeugung ist Holger Drescher, 47, aus Rellingen: "Die ersten Festivals habe ich verpasst, weil ich damals noch in Schleswig lebte. Aber seit 2000 bin ich immer dabei. Vier Tage Summer Jazz, das ist gesetzt, da wird gar nichts anders gemacht." Seine Verbundenheit mit der Veranstaltung demonstrierte der Rellinger auch in Form seines Sommerhutes, an dem die komplette Sammlung der Festival-Pins prangte - vom Saxofon aus dem Jahre 1996 bis zu den Congas, die in diesem Jahr zum Preis von mindestens fünf Euro als eine Art Eintrittskarte unters Jazzvolk gebracht wurden. Drescher bestätigt, dass die Summer-Jazz-Pins mittlerweile hohen Sammlerwert haben: "Die Pins aus den ersten Jahren musste ich nachkaufen. Und habe richtig Geld dafür gezahlt."
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Apropos: "Wir sind mit den Pins fast ausverkauft", verkündete am Sonntag freudig Ralph Kricke im Namen der vielköpfigen Mannschaft der ehrenamtlichen Organisatoren und Helfer des Summer Jazz. "Die Menschen honorieren, was wir machen und ihnen bieten. So groß wie in diesem Jahr war die Pin-Dichte im Publikum selten" sagte Kricke. Dennoch sei und bleibe Pinneberg ein Low-Budget-Festival. Große Namen könnten nur über persönliche Kontakte zu Musikern geholt werden. Sollte einmal die gute Jazz-Fee mit einem Geldtopf zu ihnen kommen, so das Mitglied des "Staff"-Teams, wäre es ein Wunsch auch von Festival-Mastermind Günter Kleinschmidt, einmal Gitte Haenning zum Summer Jazz nach Pinneberg zu holen.
Ralph Kricke war, wie viele andere Helfer, an vier Tagen nicht nur für deutlich mehr als 30 Stunden als Pin-Verkäufer, Moderator und Bühnenmanager aktiv, sondern saß am Sonnabend selbst auf der Bühne: als Pianist der Big-Band-Formation Elms Horns. Seine persönlichen Favoriten waren diesmal die Band JamAffen, die Vibraphonistin Izabella Effenberg und das Schnelle-Hempel-Quintett.
Herbert Hoffmann, der einst mit Günter Kleinschmidt das Festival begründet hatte, schwärmte vor allem vom Auftritt von Sängerin Jessy Martens und ihrer Band auf der Drosteibühne: "Sie wird eine ganz Große, wird eine Riesenkarriere machen."
Derweil kürte die Summer-JazzJury jene Solisten und Gruppen, deren Auftritte diese zu den diesjährigen Preisträgern machten. Ausgezeichnet wurden zum Abschluss des Festivals auf der Bühne: Backtojazz, Organice, Jayblend, Jazzuccino Reloaded, Danilo Galke & Living Jazz, die Elms Horns, Un Poco Pasatiempo, das Ulli-Baum-Trio, Eggs over Easy, Luca Sestak, Christoph Gerl (Ingridience 4 Jazz) sowie Christian und Michael Dröse. Das Festival Summer Jazz gibt Amateur- und semiprofessionellen Jazz- und Bluesbands die Gelegenheit, sich im Rahmen des Musikcontests einem breiten Publikum darzustellen. Jährlich werden Förderpreise im Gesamtwert von 2500 Euro vergeben. Die Preisträger dieses Jahres haben einen Platz im Programm des Summer Jazz 2013 sicher. Denn schließlich bewerben sich etwa viermal mehr Musiker als Zeiten und Bühnen in der Pinneberger City zu vergeben sind.