Rückblick auf das Wirtschaftsjahr 2011: Umsatzriesen und Optimisten, Firmenpleite nach Dioxin-Skandal in Uetersen und vieles mehr.
Das Wirtschaftsjahr 2011 begann mit einem Riesenskandal, der von Uetersen aus die Republik erschütterte - und endete mit einer Positivmeldung. Der Uetersener Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch stand ab Januar im Mittelpunkt des bundesweiten Dioxin-Skandals. Knapp zwölf Monate später führte ein Ranking des Wirtschaftsmagazins Focus Money den Kreis als den wirtschaftsstärksten Landkreis in Schleswig-Holstein auf.
5. Januar 2011, auf dem Gelände des Futterfette-Herstellers Harles und Jentzsch an der Deichstraße in Uetersen beginnt eine groß angelegte Razzia, Polizisten beschlagnahmen Beweismittel. Wie sich herausstellt, haben der hiesige Betrieb und eine Tochterfirma in Bösel (Niedersachsen) mit giftigem Dioxin belastetes Futtermittel an diverse landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland verkauft. Die gesamte Branche kommt in Verruf, es entsteht ein Schaden von vielen Millionen Euro sowie ein gewaltiger Imageverlust. Ein paar Tage nach der Razzia meldet Harles und Jentzsch Insolvenz an. Mittlerweile ist von einem der größten Lebensmittelskandale aller Zeiten die Rede. Bis zu 150.000 Tonnen verseuchtes Tierfutter sollen in Umlauf gekommen sein. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Itzehoe gegen die Verantwortlichen werden voraussichtlich im Januar 2012 abgeschlossen - der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss.
Hohes Tempo auf der Datenautobahn wird auch für die Wirtschaft im Kreis Pinneberg ein immer wichtigeres Thema. Die Kommunen Quickborn, Barmstedt, Halstenbek und Pinneberg setzen auf eine flächendeckende Versorgung und investieren viele Millionen Euro in die Glasfasertechnologie.
Die Kreisverwaltung als Wirtschaftsfaktor: Über Monate hinweg wird das ehemalige Talkline-Gebäude am Grauen Esel in Elmshorn als neues Kreishaus umgebaut. Anfang Oktober wird der eigentliche Umzug der Kreisverwaltung, der rund 1,9 Millionen Euro kostet, vollzogen. Annähernd 500 Verwaltungsmitarbeiter arbeiten fortan in Elmshorn - und fehlen den Geschäftsleuten im vorherigen Standort Pinneberg bitter als tägliche Kunden.
Eine Studie der vier Hamburger Randkreise inklusive Pinneberg belegt, dass im sogenannten Hamburger Speckgürtel enorme Wirtschaftskraft zu finden ist. Im Kreis Pinneberg gibt es demnach fast 79.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze; jeder achte Euro, der in Schleswig-Holstein erwirtschaftet wird, wird hier verdient.
Positive Zahlen werden auch von der Kreis Pinneberger Hochseeinsel Helgoland vermeldet. Im März werden die Zahlen für das Jahr zuvor vorgelegt. Demnach gab es bei den Übernachtungen ein Plus von satten 7,5 Prozent im Vergleich zu 2009. Als im September die Bilanz für den Sommer 2011 gezogen wird, ist der Touristenmagnet wiederum im Plus, schlechtes Wetter im Hochsommer verhindert eine Rekordbilanz.
Im Mai haben Vermarkter und Lebensmittelhändler im Kreis erneut mit einer Krise zu kämpfen. Die Angst vor dem EHEC-Erreger geht um - und bei heimischen Landwirten wie Marktbeschickern die Umsätze in den Keller.
Die Kreisstadt Pinneberg muss im Sommer, neuerlich, einen Tiefschlag hinnehmen. Im August wird bekannt, dass das Unternehmen Bergquist Company die Stadt verlässt und nach Halstenbek umzieht. Pinneberg verliert einen großen Gewerbesteuerzahler, zwischen Politik und Verwaltung entbrennt ein Grundsatzstreit um die Wirtschaftsförderung. Kurz darauf kündigt der Geschäftsführer von FahnenFleck an, dass die Traditionsfirma in absehbarer Zeit nach 35 Jahren in Pinneberg zurück gen Hamburg zieht.
Für Positivschlagzeilen sorgt derweil zum wiederholten Male die Quickborner Comdirectbank, der größte Steuerzahler der Stadt. Wie im September berichtet wird, peilt die Bank für 2011 einen Rekordgewinn von bis zu 100 Millionen Euro an. Die Zahl der Beschäftigten steigt um 30 auf inzwischen 950 Mitarbeiter.
Wie eine Statistik der HSH-Nordbank im Sommer ausweist, kommen fünf der 14 umsatzstärksten Betriebe in Schleswig-Holstein aus dem Kreis Pinneberg. Am höchsten platziert (2. Platz) in dieser Wirtschaftshitparade ist die Mineralölgesellschaft Orlen mit Sitz in Elmshorn mit einem Jahresumsatz von 2,5 Milliarden Euro. Die anderen Umsatzriesen im Kreis sind die Deutsche Tamoil (Elmshorn, Jahresumsatz 1,65 Milliarden Euro), Energieversorger E.on Hanse (Quickborn/1,4 Milliarden), AstraZeneca (Wedel/1,0 Milliarden) und Autoliv (Elmshorn/816 Millionen).
Gute Nachrichten aus der Elmshorner Innenstadt: Im September wird das seit Jahren leer stehende ehemalige Hertie-Kaufhaus an das Immobilien-Investment-Unternehmen Cornerstone Real Estate Advisers verkauft. Bis zu 20 Millionen Euro sollen investiert werden, um bis 2013 neues Gewerbe im alten Kaufhaus anzusiedeln.
Ein ehrgeiziges Projekt wird im September ebenfalls in Wedel vorgestellt. In den "BusinessPark Elbufer" auf dem ehemaligen Gelände der Raffinerie sollen bis zu 300 Millionen Euro investiert werden.
Eine der Traditionsbranchen im Kreis Pinneberg leidet in 2011 unter dem zu schlechten Wetter. Der verregnete Sommer beschert den annähernd 300 hiesigen Baumschulen eine Flaute. Dennoch rechnet Frank Schoppa, Geschäftsführer des Bundes deutscher Baumschulen mit Sitz in Pinneberg im Oktober vor, dass die Baumschulen mit einem Jahresumsatz von rund 200 Millionen Euro die Zahlen aus 2010 erreichen werden. Mehr Absätze, aber weniger Erlöse - so lässt sich das Geschäft der Grünen Branche zusammenfassen.
Ganz schlechte Nachrichten für die 120 Mitarbeiter des Haus Flora in Elmshorn. Der schwedische Betreiber der Senioren- und Pflegeeinrichtung meldet im November Insolvenz an.
Derweil kommen die Industrieunternehmen aus dem Kreis im November mit Rekordzahlen daher: Laut Statistischem Landesamt können die Industrieunternehmen in 2011 erstmals in der Geschichte die Umsatzschwelle von vier Milliarden Euro erreichen. An der Spitze rangiert die pharmazeutische Industrie, die voraussichtlich bis zu 1,14 Milliarden Euro erwirtschaften wird.
So gar nicht geht die Post bei der Post im Kreis ab. Nach einem Bericht des Hamburger Abendblatts über unpünktliche oder unregelmäßige Zustellungen, gehen zahllose Beschwerden von Bürgern ein. Die Post, die in Elmshorn das Briefverteilungszentrum für den gesamten Westen Schleswig-Holstein betreibt, bestreitet, dass es ein generelles Zustellungsproblem gibt.
Viele Orte hätten ihn gerne bekommen, Elmshorn hat ihn: Anfang Dezember eröffnet im Gewerbegebiet am Elmshorner Ramskamp ein neuer Media Markt, der zweite im Kreis. Zur morgendlichen Öffnung um 6 Uhr stürmen annähernd 1000 Kunden den Elektronikmarkt.
Sorgenfalten haben indes Geschäftsleute im Stadtzentrum Schenefeld, dem einzigen großflächigen Einkaufszentrum im Kreis Pinneberg. Ausgerechnet im 20. Jahr des Bestehens beklagen viele Kaufleute erhebliche Umsatzeinbußen.
Das Wirtschaftsjahr 2011, es endet mit positiven Nachrichten. Als der Unternehmensverband Unterelbe-Westküste im Dezember die Ergebnisse seiner aktuellen Konjunkturumfrage vorstellt, lautet der Slogan: Um die heimische Wirtschaft braucht sich niemand Sorgen zu machen. Der Optimismus der Unternehmer sei zuletzt etwas gedämpft geworden, ein wirtschaftlicher Abschwung aber sei nicht in Sicht, so der Unternehmensverband.
Und in den letzten Tagen des Jahres schließlich tituliert Focus Money den Kreis Pinneberg zum wirtschaftlich stärksten Kreis im Norden. Im deutschlandweiten Vergleich kommt Pinneberg demnach auf Platz 32.