Ein besonders individueller Adventskalender: In der Firma SchokoFoto werden Wunschmotive der Kunden auf leckere Pralinen gedruckt.
Wedel. Hinter dieser unscheinbaren Tür verbirgt sich also das Paradies für Schokoladenmäuler. Schon beim Öffnen derselbigen strömt dem Besucher ein Duft aus Kakao und Vanille entgegen. Im Flur ist es ganz still. Erst in den Produktionsräumen von SchokoFoto in Wedel an der Industriestraße lässt sich die Hektik des Weihnachtsgeschäfts erahnen. Die Auftragsbücher sind bis Heiligabend voll. Zwei Mitarbeiterinnen verpacken im Akkord Pralinen in kleine rote Schächtelchen für den Adventskalender. Der Konditor füllt mit einem Trichter Orangencreme in weiße Trüffel. In der anderen Ecke summt der Drucker mit der Lebensmittelfarbe ohne Unterlass und zaubert das hübsche Gesicht einer jungen Frau auf Nougatkonfekt. Vermutlich ein süßes Geschenk für ihren Liebsten.
"Die Technik stammt aus Holland", sagt Marion Franz. Die "SchokoFoto"-Chefin ist trotz der täglichen Versuchungen erstaunlich schlank geblieben. "Ich esse lieber herzhaft", sagt die gelernte Restaurantfachfrau und lacht. Bisher wurde die Drucktechnik nur von einem Konditor in Süddeutschland angewendet, "für ausgewählte Kunden", sagt Marion Franz. Ihre Manufaktur hat die Technik erstmals in Deutschland für alle zugänglich gemacht.
Als Mutter zweier Kinder wollte kein Hotelmanager sie ausschließlich für die Frühschicht einstellen. Marion Franz ließ sich nicht entmutigen. Sie besuchte ein Existenzgründerseminar und machte sich selbstständig. Im März 2003 gründete sie "SchokoFoto", zunächst in Hamburg-Sülldorf. 2007 zog "SchokoFoto" nach Wedel auf eine Fläche von 25 Quadratmetern. Schnell wurden die Räume zu klein. Heute umfasst der Betrieb 290 Quadratmeter. 14 000 Pralinen können sie am Tag herstellen. 6000, wenn sie bedruckt werden. "Zu Beginn verbrauchten wir 25 Kilogramm Schokolade im Monat, heute sind es 600", sagt sie und zeigt auf die Säcke feinster belgischer Schokolade, die sich in einem Nebenraum stapeln.
Vieles hat sich Marion Franz selbst beigebracht durch Ausprobieren. Zum Beispiel, wie die Viskosität der Füllung so wird, dass die Pralinen nicht ausbluten. Hilfe erhielt sie von ihrem Mann. Stephan Franz arbeitete lange Zeit als Chefpatissier im Hotel Adlon in Berlin und später im Restaurant "Seven Seas" am Hamburger Süllberg. 2003 war er von Gault Millau ausgezeichnet worden. Seine Erfahrungen bringt er heute in den Familienbetrieb ein.
Die Adlon-Gäste überraschte er mit Schokolade, die er mit einem aufwendigen Siebdruckverfahren bedruckte. Damals war weiße Schokolade in den guten Häusern verpönt. Beides hat sich mittlerweile geändert.
"Heute befüllen wir einen Tintenstrahldrucker mit Lebensmittelfarbe, der Motive auf Folien druckt, die wir später wie Abziehbilder auf die Schokolade ziehen", sagt sie. Marion Franz zieht eine Palette mit fertigen Pralinen-Auflagen aus dem Regal. Sie prüft die Qualität. Die dünnen Vorlagen können beim Abziehen leicht brechen. Es gibt einiges zu beachten. "Wenn das Stärke-Kakaobutter-Verhältnis nicht stimmt, entstehen Schattierungen." Zudem kann nur auf weißer Schokolade gedruckt werden, denn auf braunem Untergrund wäre kaum etwas zu sehen. Seit einigen Monaten haben sie eine Neuerung, die Folien überflüssig macht. Ein neuer höhenverstellbarer Drucker in der Preisklasse eines Mittelklassewagens, wo die Schokolade direkt untergelegt und bedruckt wird.
Die Motive liefern die Kunden selbst. Über den Onlineshop ( www.schokofoto.de ) schicken sie ihre Fotos und wählen aus der Produktpalette: Pralinen in Herzform, rund oder quadratisch? Karamell-, Nougat-, Orangenfüllung oder doch lieber Kaffee? "Wir drucken auch Einladungs-, Menü-, Visitenkarten oder Tortendeko." Aus Schokolade, das versteht sich von selbst. Anlässe gibt es viele: Geburtstage, Firmenfeiern, Taufen. Manche schicken auch erotische Bilder. Eine Kundin schoss dabei aber über das Ziel hinaus. Die Fotos waren nicht gerade jugendfrei.
Die Kunden kommen von Rügen bis Bad Tölz, sogar aus Hongkong kam eine Bestellung. Tischkarten für das Kreuzfahrtschiff Europa, Foto-Pralinen für den norwegischen König, Streckenpläne für den Hamburger Verkehrsverbund und Menükarten für die Fernsehsendung "Das perfekte Dinner" sind nur einige, der besonderen Aufträge.
Am Ende erliegt der Besucher der Versuchung und nascht von der SchokOliv, einer Schokolade, für die Olivenöl verwendet wird. Einfach lecker . . .