SPD prüft alternative Energiegewinnung bei der GAB. Doch das rechnet sich erst bei längerfristigen Lieferverträgen. Hohe Investitionskosten.
Kummerfeld. Rund 40.000 Tonnen Biomüll aus den Kreisen Pinneberg, Steinburg und Teilen der Stadt Norderstedt landen Jahr für Jahr in der Kompostierungsanlage der Kummerfelder GAB, der Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Abfallbehandlung, an der der Kreis Pinneberg 51 Prozent der Anteile hält. Bislang lassen die Müllexperten den angelieferten Grünschnitt, Gartenabfälle und Bioabfälle aus den Haushalten zu Biokompost verrotten, den sie anschließend als hochwertigen Dünger verkaufen.
Andernorts in Schleswig-Holstein, etwa bei der Abfallwirtschaft Rendsburg-Eckernförde oder im Stormarner Biokompostwerk Bützberg, holen die Müllprofis weit mehr aus Bananenschalen, Strauchwerk und anderem Kompost heraus. In einem Trockenvergärungsverfahren unter Sauerstoffabschluss gewinnen sie daraus Methangas, das in Wärme und Strom umgewandelt werden kann. Und zwar CO2-neutral, also ohne zusätzliches Kohlendioxid in die Luft zu pusten. Allerdings unter anderen Rahmenbedingungen als in Kummerfeld: Rendsburg hat die Sicherheit langfristiger Lieferverträge, Bützberg als Tochter der Hamburger Stadtreinigung kann sich auf annähernd 80.000 Tonnen jährlicher Bioabfälle aus Hamburger Haushalten verlassen.
Im Rahmen der Kampagne "Atomstromfreier Kreis Pinneberg" der Kreis-SPD klärten Fraktionschef Hans-Helmut Birke und Mitglieder des Vorstands jetzt in einem Gespräch mit GAB-Chef Gerd Doose, ob die Biovergasung nicht auch für die Energieversorgung im Kreis Pinneberg Früchte tragen könnte. Fazit: Der klimafreundliche Strom aus dem Biomüll vor der Haustür bleibt vorläufig Zukunftsmusik. "Damit ist das Thema für uns aber nicht vom Tisch", sagte Birke. Zwar könne die Biovergasung der GAB nach Unternehmensangaben annähernd 900.000 Euro zusätzlich pro Jahr bescheren. Doch die GAB scheut die Investitionskosten von acht bis neun Millionen Euro für die entsprechenden Vergärungstrommeln. Denn rentabel laufe eine solche Anlage erst ab etwa 40.000 Tonnen Bioabfällen pro Jahr - das gegenwärtige Aufkommen entspricht also ziemlich genau dieser Untergrenze. "Die Kernfrage ist: Welche Sicherheit hat die GAB, dass die Anlieferung dieser Menge dauerhaft zu erwarten ist?", formulierte Birke. Konkret: Die Verträge mit Kreisen und Kommunen müssten zehn bis 15 Jahre lang laufen, damit die Investition in die neue Anlage sich für die GAB rechnet. Diese Zahl nannte Doose auf Abendblatt-Nachfrage.
Fakt ist: Der aktuelle Vertrag mit Norderstedt endet 2014, der mit dem Kreis Steinburg 2015, der mit Pinneberg 2019. Danach müssen die frei werdenden Müllmengen europaweit neu ausgeschrieben werden, weil mit der Firma Remondis ein privater Unternehmer 49 Prozent an der GAB hält. Das ist geltende europäische Rechtsprechung. Deshalb sieht GAB-Chef Doose, der es "grundsätzlich richtig" findet, alternative Energiequellen anzuzapfen, die Politik am Zug: Sie müsse entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, um für die nötige Liefersicherheit zu sorgen.
Birke widerspricht: "Da die GAB keine 100prozentige Kreistochter ist, können wir nur begrenzt politisch Einfluss nehmen." Erst müsste die GAB die Ausschreibung über deutlich längerfristige Lieferverträge gewinnen, dann könne die Politik sich engagieren. "Sonst riskieren wir eine Investitionsruine." Helmuth Kruse (Bündnis 90/ Die Grünen), Vorsitzender des Kreistagsausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung, und CDU-Vertreter Hans Andresen hielten sich eher bedeckt zu der Frage, ob sie eine GAB-Biogasanlage politisch unterstützen würden. "Wir warten immer noch auf aktuelle Zahlen der GAB", so Kruse. (abendblatt.de)