Unser Dorf: Seeth-Ekholt hat sich am Rande Elmshorns seine Eigenständigkeit bewahrt und verfügt über ein reges Vereinsleben

Seeth-Ekholt. Seeth-Ekholt hat keinen Supermarkt, keine Schule, keine Gastwirtschaft. Aber trotzdem 832 glückliche Einwohner. "Die Einkaufsmöglichkeiten haben wir direkt vor der Tür in Elmshorn. Da können wir sogar mit dem Fahrrad hinfahren", erzählt Fritz Boelter. Der 76-Jährige wohnt mit seiner Frau Sigrid, 72, seit 43 Jahren am Brunnenweg. Im Künstlerviertel, wie beide scherzhaft sagen.

Ihr Nachbar war der prominenteste Einwohner des Ortes - der Kreiskulturpreisträger Walter Arno, der 2005 verstorben ist. Einige seiner Skulpturen, die noch vor dem Gebäude stehen, haben ihn überdauert. "Das war ein ganz netter Mann", sagt Fritz Boelter. Er ist seit einem Vierteljahrhundert Schiedsmann in Seeth-Ekholt. Für sein ehrenamtliches Engagement hat er gerade eine Verdienstmedaille des Landes bekommen. Viel zu tun hat der Streitschlichter allerdings nicht. "Hier ist alles friedlich", sagt er. Mehr als eine Handvoll Fälle erinnert er nicht. Spektakulär war keiner. Vielleicht mit Ausnahme der Entführung eines Huhns, das sich in Nachbarsgarten verirrte und dort als Geisel genommen wurde. Groß einzugreifen brauchte der Schiedsmann aber auch da nicht. "Nach drei Tagen wurde das Tier zurückgegeben."

Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement gibt auch Sigrid Boelter, die 28 Jahre als Erzieherin in der gemeindlichen Kinderstube tätig war, ihrem Heimatort etwas zurück. Die heute 72-Jährige hat im September 2000 die "Gruppe 2000" gegründet. "Wir sind kein Verein, sondern eine Freizeitgruppe mit Bildungsangebot." Und beileibe kein Seniorenclub. Den gibt es übrigens auch im Dorf - ebenso wie ein Frauenkreis.

Am letzten Dienstag im Monat trifft sich die "Gruppe 2000" im Dorfgemeinschaftshaus. Stets kommen zwischen 15 und 30 Leute. Sie erwarten Vorträge zu interessanten Themen. Auch gemeinsame Theaterbesuche sind möglich. "Im Sommer machen wir auch Radtouren. Jetzt waren wir gerade auf dem Alten Kirchweg zum Rantzauer See unterwegs", berichtet Sigrid Boelter.

Viel zu berichten hat auch Otto Leverköhne. Er war 24 Jahre Bürgermeister der Gemeinde, saß 35 Jahre im Gemeinderat. Aus gesundheitlichen Gründen legte er alle Ämter zur Kommunalwahl 2008 nieder. Als Ortschronist bleibt der 68-Jährige aktiv - und er verfügt über einen großen Wissensschatz aus der Vergangenheit. So erinnert sich Leverköhne gerne daran, wie er ein Dreiecksgeschäft mit Kibek-Chef Frank Sachau und der Stadt Elmshorn abschloss. Sachau kaufte den alten Franzosenhof direkt an der A 23, der zu Seeth-Ekholt gehörte. Und weil der "Teppich-König" lieber in Elmshorn geblieben wäre, aber gleichzeitig die kleine Gemeinde mit dem Projekt des Fachmarktzentrums völlig überfordert gewesen wäre, trat Leverköhne das Areal an Elmshorn ab. Die Stadt zahlte dafür fünf Mark pro Quadratmeter an die Gemeinde - immerhin eine Einnahme von 1,7 Millionen Mark.

Ein ungewöhnliches Geschäft schloss Leverköhne auch mit Walter Arno ab. Mit Hilfe einer Flasche Whisky überredete er ihn bei einem gemeinsamen Umtrunk, der Gemeinde kostenlos eine Skulptur zu stiften. Sie heißt Phönix aus der Asche und steht seit 1985 vor dem Dorfgemeinschaftshaus. Dieser Ort heißt jetzt Walter-Arno-Platz.

Das Dorfgemeinschaftshaus war früher die Schule des Ortes. Die ist bereits seit mehr als 40 Jahren dicht. Die Kinder des Ortes lernen jetzt in Elmshorn. Das ehemalige Lehrer-Wohnhäuschen ist jetzt der Jugendtreff. Immer mittwochs zwischen 18 und 21 Uhr kommen die Jugendlichen dort zum Kickern oder Dartspielen zusammen, ehrenamtlich betreut von einem Polizisten. Gerade ist die Gruppe von einer Reise nach Sylt zurückgekehrt.

Die Gemeinde leistet sich einen eigenen Kindergarten mit 55 Plätzen

Die kleineren Kinder finden Aufnahme in der Räuberhöhle oder in der Kinderstube. 55 Plätze in drei Gruppen werden angeboten. Um die Einrichtung zu füllen, kommen viele Kinder aus den Nachbargemeinden. Kerstin Bierwagen-Hack, die Leiterin der Einrichtung, und ihr Team werden von den kleinen Rackern ordentlich auf Trab gehalten. "Der Beruf ist lebendig und die Kinder sind toll. Es ist ein schönes Miteinander im Team", sagt die gelernte Erzieherin. Durch die Arbeit im Kindergarten kennt die gebürtige Elmshornerin den Großteil des Dorfes. "Selbst die Großen kommen manchmal noch vorbei, um Hallo zu sagen."

Neben dem Kindergarten residiert die Feuerwehr. Die 32 Brandschützer verfügen über drei Fahrzeuge und ein 2007 neu erbautes Gerätehaus. "Es ist ganz toll, was wir hier haben", sagt Wehrführer Heiner Fehrs. Fünf bis zehn Einsätze müssen er und seine Kameraden im Jahresdurchschnitt bewältigen. "Wir sind auch so etwas wie ein Kulturträger", sagt Fehrs. So veranstaltet die Feuerwehr ein Weinfest und zeichnet auch für das Osterfeuer verantwortlich. "20 Grad hatten wir dieses Jahr zu Ostern, unseren ganzen Glühwein sind wir nicht losgeworden", erinnert sich Fehrs. Die 13 Liter fanden allerdings voriges Wochenende reißenden Absatz. Da veranstaltete die Feuerwehr ein Volleyballturnier. Im Juli. Bei 13 Grad und Regen. Und Glühwein.

Heiner Fehrs ist auch in der Politik. Als Chef der Wählergemeinschaft, die vier Mandate stellt und damit nach der CDU (fünf Abgeordnete) zweitstärkste Kraft im Ort ist. Die "rote Laterne" hat die SPD mit zwei Mandatsträgern. Fehrs zog 1980 aus Rellingen nach Seeth-Ekholt, weil dort die Grundstücke bezahlbar waren. "1994 saßen wir in der Küche und haben diskutiert, was wir in der Politik anders machen können", erinnert sich Fehrs. Resultat: die Wählergemeinschaft. Gerhard Reumann ist nicht in der Politik. Dafür Gründungsmitglied des Tischtennisvereins. Der 1970 ins Leben gerufene TTC Seeth-Ekholt ist der einzige offizielle Sportverein im Ort. "Angefangen haben wir mit einer Tischtennisplatte in der alten Schule", erinnert sich Reumann. Drei Jahre später wechselte man mangels eigener Sporthalle im Ort in den Tanzsaal der Gaststätte "Zur frohen Einkehr". "Da gingen schon zwei Platten rein." Bereits 1976 erfolgte der Umzug in die Grundschule Hainholz in Elmshorn, wo noch heute gespielt wird. Der TTC hat 100 Mitglieder, davon 70 Aktive. Die Hälfte sind Jugendliche, viele kommen aus Elmshorn.

Auch Reumanns Lebensgefährtin Babette Schwarck ist sportlich aktiv. Sie leitet den Lauftreff. Immer Dienstagabend und Sonntagvormittag treffen sich Laufbegeisterte auf dem Bolzplatz. "Durchschnittlich kommen immer 30 bis 35 Leute", berichtet Babette Schwarck. Die joggen oder walken in Gruppen durch den Ort. "Viele kommen auch aus Elmshorn sowie den Nachbargemeinden", sagt die "Chef-Läuferin".

Wer als Seeth-Ekholter zu einer Gaststätte laufen will, braucht gutes Schuhwerk. Er muss in den kleineren Nachbarort Bullenkuhlen. Einst hatte Seeth-Ekholt zwei Schankwirtschaften. Als letzte wurde Ende 1999 die Gaststätte "Zur frohen Einkehr" an der alten B 5 geschlossen und dem Verfall preisgegeben. Das Gebäude an der Dorfstraße, das einst die Lokalität "Zum Schnürbüttel" beherbergte, wurde Anfang der 80er-Jahre zu Wohnungen umgebaut.

Seeth-Ekholt ist als Standort für die Pferdezucht bekannt

Seeth-Ekholt ist heute als Standort für Pferdezucht bekannt. Damit befassen sich etwa Helga und Horst Wiechmann. Das Ehepaar züchtet seit 20 Jahren die aus England stammende Ponyrasse "New Forest" und hat heute 50 Pferde und fünf Fohlen auf ihrer Koppel stehen. Dabei fing alles ganz harmlos an, als Sohn Torsten sich mit zwölf Jahren die New Forest Stute Jenny kaufte. Jenny gehört heute mit ihren 34 Jahren zum lebenden Inventar des Reitstalls an der Dorfstraße. "Es ist die Liebe zu den Tieren, die all das ermöglicht", sagt Helga Wiechmann. Dauergast auf dem Hof ist Christina Rampke. Die 16-Jährige reitet die Pferde ein und stellt sie auf Turnieren vor. Selbst zu reiten kommt für Helga und Horst Wichmann nicht in Frage. "Dafür fehlt uns die Zeit. Auf dem Hof gibt es eine Menge Arbeit."

Seeth-Ekholt liegt zwar direkt an der A 23, aber auch inmitten der Natur. Daher ist die Gemeinde auch ein Eldorado für Jäger. Es gibt die Jagdgenossenschaft und die Jagdgemeinschaft. Ihr gehören Dirk und Klaus Stoffer sowie Manfred Glaw an. "Jäger zu sein, heißt nicht gleichzeitig Mörder zu sein. Wir sind für die Hege und Pflege frei lebender Tiere verantwortlich", erklärt Klaus Stoffer. Beobachten und still die Natur genießen mag er am liebsten. "Ich kann dann so richtig entspannen und Energie für den nächsten Tag sammeln." Das Männer-Trio ist auch im Verein zum Schutz des Hammoores aktiv. Er setzt sich für Betreuung und Erhalt des 60 Hektar großen Moores ein. Seit einigen Jahren werden Öko-Tage mit Schülern durchgeführt, um auf die Natur aufmerksam zu machen.