Bürger mit Handicap begutachten, wie weit die Stadt in Sachen Barrierefreiheit vorangekommen ist
Schenefeld. Das war die wohl ungewöhnlichste "Testfahrt", die es je in Schenefeld gegeben hat. Vor dem Rathaus versammelten sich 15 Rollstuhlfahrer, Gehbehinderte mit E-Mobilen und Menschen mit anderen Handicaps. Die Gruppe und ihre Begleiter wollten die Probe aufs Exempel machen: Wie weit ist Schenefeld vorangekommen auf dem Weg zu einer Stadt, in der Behinderten der Zugang zu Einkaufszentren, öffentlichen Einrichtungen sowie auf Straßen und Gehwegen erleichtert wird.
Drei Stationen hatten die Veranstalter von der Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit ins Visier genommen. Das Rathaus, das Stadtzentrum Schenefeld und das Forum im Schulzentrum. Zur Freude von Bürgervorsteherin Gudrun Bichowski und Bürgermeisterin Christiane Küchenhof (beide SPD), die mit auf Testtour waren, schnitt die Stadtverwaltung besonders gut ab. Kein Wunder: Wurden doch im vergangenen Jahr diverse Verbesserungen vorgenommen. So gibt es vom neu gestalteten Rathausvorplatz aus inzwischen eine sanft ansteigende Rampe, die Rollstuhlfahrern den Zugang zum Rathauseingang barrierefrei ermöglicht. Auch die Türöffnung funktioniert automatisch. Gut zu erreichen und behindertengerecht ist auch die Toilette im Erdgeschoss. Für besondere Anliegen gibt es spezielles Telefon. Dann kommen Mitarbeiter aus den höheren Etagen zu den Besuchern im Erdgeschoss. "Keine Probleme mehr im Rathaus", lautete das dicke Lob von Rollstuhlfahrerin Friederike Pavenstedt. Sie engagiert sich seit Jahren gemeinsam mit Karsten Schaffer von der Lebenshilfe in der Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit.
Auf dem Weg zum Stadtzentrum gab es überraschend ein spezielles Problem zu bewältigen: Kurz zuvor war die Ampelanlage an der vierspurigen LSE ausgefallen. Nur mit der Hilfe von mutigen Begleitern gelang es, den zügig vorbeipreschenden Fahrzeugstrom per Handzeichen zum Stillstand zu bringen. Ohne diese Unterstützer hätten die Testgruppe die "Rennstrecke", auf der offiziell Tempo 50 gilt, wohl nie überqueren können.
Für das Einkaufszentrum gibt es bereits einen behindertengerechten Eingang. Auch die oberen Stockwerke sind mit geräumigen Fahrstühlen gut zu erreichen. Doch draußen vor der Tür müssen noch Steine aus dem Weg geräumt werden Und dies im wahrsten Sinne des Wortes: So reklamierten die Besucher beim Center-Management den grob gepflasterten Zugang zum Eingang des Stadtzentrums und monierten drei flache Treppenstufen, die zur Stolperfalle für Sehbehinderte und Blinde werden können. Auch im Center sei die Beschilderung noch nicht optimal, stellte Schaffer fest. Seitliche Hinweistafeln seien für Sehbehinderte schlecht zu erkennen, besser wäre eine frontale Ausschilderung.
Im Forum, dem Veranstaltungssaal für Konzerte und Theater, sind die Toilettenräume zu eng für Rollstuhlfahrer mit Elektrofahrzeugen. Lob gab es für den Begleitdienst und die verbesserte Tontechnik, die auch Hörbehinderten zugute kommt.
Die Barrieretester planen eine weitere Rundfahrt. Ziel sollen dann unter anderem die Stadtbücherei und die Volkshochschule sein. Insgesamt, so das Fazit, ist Schenefeld ein gutes Stück vorangekommen auf dem Weg zur behindertenfreundlichen Stadt. Als vorbildlich gilt der "barrierefreie Wegweiser", ein handliches Ziehharmonika-Faltblatt. Der Wegweiser wurde extra in einem benutzerfreundlichen Format gestaltet Auf dem Straßenplan sind etwa 100 Adressen eingezeichnet, die Menschen mit Behinderungen, Senioren oder auch Eltern mit Kinderwagen den Tagesablauf erleichtern sollen.