Tim Feicke karikiert Szenen aus seinem Leben als Jugendrichter am Amtsgericht Elmshorn
Elmshorn. Tim Feicke wird täglich mit den kleinen und großen Dramen des Alltags konfrontiert. Der Jugend- und Zivilrichter am Amtsgericht Elmshorn könnte viel erzählen: von "schweren Jungs", streitsüchtigen Nachbarn, geltungssüchtigen Verteidigern oder ehrgeizigen Staatsanwälten. Und der 39-Jährige plaudert tatsächlich aus dem Nähkästchen - und zwar in Form von Cartoons. Die beschäftigen sich vorzugsweise mit dem (erstaunlich komischen) Alltag eines Richters und erscheinen regelmäßig in juristischen Fachzeitschriften.
Schon in der Schülerzeitung gestaltete Feicke eine Comic-Ecke
"Ich habe schon als Kind immer gerne gezeichnet", erinnert sich Feicke. Und seine Leidenschaft galt von klein auf Comics. Ob Asterix oder die neuesten Abenteuer aus Entenhausen - kaum erschienen, wurden die Hefte von ihm quasi auswendig gelernt. Und schon damals brachte er eigene, zum Teil abgepauste Cartoons zu Papier. "Ich hatte damals auch eine eigene Comic-Ecke in der Schülerzeitung."
Ehrensache, dass der heute 39-Jährige in der Schulzeit einen Kunst-Leistungskurs besuchte. Von einem Studium in diesem Bereich ließ er jedoch die Finger - nach einem Schülerpraktikum an der Hochschule für bildende Künste. "Die haben da verfaulte Fische und tote Katzen gemalt, das war nichts für mich." Auch ein weiteres Praktikum in einer Werbeagentur stellte Feicke nicht zufrieden. "Da musste ich auf Anweisung zeichnen, das war mir nicht recht."
Es folgte nach einer Ausbildung zum Versicherungskaufmann das Jura-Studium. Nebenbei zeichnete Feicke weiter - und gewann 1996 sogar einen bundesweiten Comic-Wettbewerb. Nach Abschluss des Studiums arbeitete der heute 39-Jährige zunächst als Anwalt, seit 2002 als Amtsrichter in Schleswig-Holstein. Das Hobby lag in dieser Zeit brach.
Eigene Fälle und Erlebnisse dienen Feicke als Inspiration
Doch irgendwann verarbeitete Feicke eine Kuriosität aus dem Job in einem Cartoon - und fand Gefallen an der Freizeitbeschäftigung. "Die Ideen für Richter-Cartoons liegen auf der Straße", sagt der Jurist, der seit 2004 am Elmshorner Amtsgericht tätig ist. Es sind eigene Fälle und Erlebnisse, die Inspiration für die Zeichnungen bieten. Aber auch Dinge, die Kollegen von Feicke widerfahren sind, werden von ihm aufgegriffen. "Wir haben einmal am Tag eine Kaffeerunde, in der wir zusammensitzen. Das sind teilweise ganz komische Fälle, die da zur Sprache kommen."
Feicke verarbeitet Klischees aus Fernseh-Gerichtsshows, nimmt die Jugendsprache von Angeklagten aufs Korn oder zieht genüsslich über den Paragraphen-Dschungel her. Er veralbert seine Kollegen am Bundesverfassungsgericht, die schlarlachrote Roben tragen und - wenn sie einen Vollbart haben und vor Heiligabend in Arbeitskleidung auf die Straße gehen - schon mal mit dem Weihnachtsmann verwechselt werden können.
Kurzum: Feicke macht sich über seinen eigenen Berufsstand lustig - und offenbart, dass die Juristerei eben nicht immer staubtrocken sein muss. Allerdings kommt der Humor des Herren in der schwarzen Robe nicht immer bei allen an: "Ich habe Cartoons, da werfen sich meine Kollegen regelrecht weg vor Lachen. Meine Frau aber, die nicht aus der Branche kommt, kann mit denen gar nichts anfangen."
Die Deutsche Richterzeitung druckt regelmäßig die Karikaturen ab
Die Karikaturen des in Hamburg lebenden Juristen und dreifachen Familienvaters erscheinen inzwischen in der Deutschen Richterzeitung, dem Zentralorgan des Richterbundes. Auch Fachzeitschriften von Rechtsanwälten und Notaren veröffentlichen regelmäßig die Werke des 39-Jährigen. Viel Geld verdienen tut er damit nicht. "Das ist für mich eher so etwas wie eine Verarbeitung", sagt Feicke.
Auf eines legt er besonderen Wert: Seine Werke sind Satire. "Keiner erkennt sich oder seine Geschichte wieder, das ist alles überspitzt und verfremdet." Und noch etwas betont der 39-Jährige: "Das ist ein Hobby von mir. Gezeichnet wird Zuhause, nicht etwa an meinem Arbeitsplatz", erläutert der Amtsrichter. Und natürlich werde er auch nicht während der Arbeit aktiv.
"Im Gerichtssaal, während der Verhandlung zeichnen - nein, das gibt es nicht", sagt Feicke. Und er unterbreche auch nicht die Sitzung, wenn ihm ein bahnbrechender Einfall kommt. "Das wird alles strikt voneinander getrennt."
30 Minuten bis eine Stunde dauert nach der Ideenfindung - die wiederum ist das schwierigste - ein Werk. Und zwar vom Beginn der Zeichnung bis zu ihrer Fertigstellung. Feicke macht zunächst eine Bleistiftzeichnung, malt diese schwarz über, scannt das fertige Bild dann ein und setzt den Text dazu.
Die Ergebnisse seines künstlerischen Schaffens in der Freizeit können Interessierte im September im Amtsgerichtsgebäude bewundern. Am Tag der offenen Tür am Sonnabend, 11. September, wird Feicke ausgewählte Werke präsentieren. Er hat zudem Illustrationen zum Buch der Oberlandesgerichtspräsidentin a. D., Konstanze Görres-Ohde, beigesteuert - und im September will Feicke ein erstes eigenes Buch veröffentlichen. Und zwar voll mit Cartoons und Kuriositäten aus Gerichtsakten. Der Titel lautet "Komme nicht zum Termin - bin in Südsee". "Das hat uns mal ein Zeuge geschrieben", sagt Feicke. Er sammelt seit langem "sprachliche Entgleisungen", die ihm unter die Augen kommen.
Verlagen war die Mischung aus Cartoons und Kuriositäten zu speziell
"Was da manchmal in den Polizeiberichten steht, ist urkomisch", findet Feicke. Einen Verlag für sein Buch hat der 39-Jährige indes bisher nicht gefunden. "Ich habe es versucht, aber nur Absagen erhalten. Irgendwie ist denen das wohl zu speziell." Der Jurist glaubt trotzdem daran, dass die Mischung aus Kuriositäten und Karikaturen ihr Publikum finden wird und bringt das Werk selbst bei "Books on demand" heraus.