Die Theodor-Heuss-Schule muss seit drei Jahren bei offenen Fenstern heizen. Stadtverwaltung weiß angeblich davon, unternimmt aber nichts.
Pinneberg. Selbst im Winter ist es im Klassenraum 111 der Theodor-Heuss-Schule mollig warm. Während Deutschlehrer Torsten Göckens doziert, wirken seine Schüler seltsam ermüdet. Das liegt jedoch nicht am Unterricht, sondern an der tropischen Wärme. "Es ist viel zu warm", sagen die Schüler, Göckens nickt und Matthias Beimel, der Schulleiter des Pinneberger Gymnasiums, schüttelt nur noch den Kopf. Der Grund: Die Heizung lässt sich nicht korrekt einstellen. Deshalb heizen sich die Räume besonders im Winter stark auf. Während die 205 000 Euro teure, nagelneue Heizungsanlage "Remeha-610 Eco" auf Volldampf läuft, müssen selbst bei den arktischen Temperaturen der vergangenen Wochen die Fenster geöffnet werden. "Anders halten wir das gar nicht aus", sagt Beimel.
Und das nicht nur im Raum 111. In mehr als zwei Drittel des Raumbestandes gibt es laut Beimel die Hitze-Probleme. Der Zustand sei einfach katastrophal. Viel schlimmer sei jedoch, dass die Stadt Pinneberg Bescheid wisse, seit drei Jahren aber nichts unternehme, klagt der Schulleiter.
Dabei hatte man die Schule gerade für 2,7 Millionen Euro energetisch saniert, spendierte auch jene neue Heizungsanlage. Nur an der entscheidenden Stelle wurde anscheinend gespart, an den Heizkörpern, ihren Thermostatventilen und sogenannten Rücklaufverschraubungen. Zu diesem Schluss kommt zumindest die Heizungsbaufirma Albert Schroeder aus Rellingen in einem Brief vom 3. April 2009 an die Stadtverwaltung und den zuständigen Fachbereich "Stadtentwicklung und Bauen". Nach den Worten von Geschäftsführer Norbert Schroeder, dessen Firma im Auftrag der Stadt Pinneberg Thermostate in einige Heizkörper einbauen sollte, sind die Klassenräume "völlig überheizt", was einen "konzentrierten Schulbetrieb nicht gewährleisten kann". Alle Heizkörper müssten schnellstens mit einem gesonderten Ventil versehen werden, da "das ständige Überheizen der Klassenräume sowie auch ständig geöffnete Fenster erhebliche Betriebskosten erzeugen. Dieser Zustand ist weder ökologisch noch ökonomisch haltbar".
Tatsächlich sind in vielen Klassenräumen bis zu acht Heizkörper miteinander verbunden - gesteuert von einem einzigen Thermostat. Das sei eine technische Lösung, die gar nicht funktionieren könne, schrieb Schroeder schon in einem Schreiben vom 31. März 2009 an die Stadt. "Hierfür muss grundsätzlich eine andere Lösung geschaffen werden. Ein einzelnes, in der Ecke des Klassenraumes angebrachtes Heizkörperventil kann unmöglich die Raumtemperatur des ganzes Raumes zufriedenstellend regeln. Es muss zwangsläufig zu dauernden Reklamationen kommen". Der Heizungsbauer machte der Stadt sogar unentgeltlich einen Kostenvoranschlag. Etwa 73 000 Euro würde die Nachrüstung nach seinen Berechnungen kosten. Im Vergleich zum bisher investierten Geld also eine eher überschaubare Summe.
Doch warum passierte bisher anscheinend nichts? Beim zuständigen Fachbereich der Stadt Pinneberg zeigt man sich über den Sachverhalt überrascht: "Ich persönlich kenne die Schreiben nicht. Ich würde aber davon ausgehen, dass im Zusammenhang mit der Sanierung der Schule und dem Einbau der Heizungsanlage eine ordentliche Untersuchung stattgefunden hat und alle notwendigen und richtigen Schritte unternommen worden sind, um auch die Heizkörper richtig einzustellen", sagt Klaus Krämer, Leiter des zuständigen Gebäudemanagements der Stadt. Ein Ventil, wenn es denn funktioniere, genüge, um die Heizung korrekt auszusteuern, sagt Krämer. Nähere Angaben könne man zu dem Sachverhalt leider nicht machen, heißt es aus dem Pinneberger Rathaus.
Der Vorsitzende des Schulelternbeirates der Theodor-Heuss-Schule, Martin Riemer, sagt dazu : "Man kann die Heizung zur Zeit nicht steuern. Das ist nur mit Hilfe des Fensters möglich und das ist keine besonders elegante Lösung."
Auch der Vorsitzende des Schulausschusses der Stadt Pinneberg ist verwundert. "Ich bin doch überrascht, dass die Stadt über die Schreiben offensichtlich informiert war, vom Sachstand allerdings kein Ahnung hat", sagt Carl-Eric Pudor. "Da muss schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden. Es kann ja nicht sein, dass wir die Natur beheizen", fordert er. Ein Vororttermin mit Schulleiter Matthias Beimel sei mittlerweile schon vereinbart worden.
Aus Sicht Pudors sei es besonders ärgerlich, dass eine Nachrüstung mittlerweile wahrscheinlich deutlich teurer als die 2009 veranschlagten 73 000 Euro sei. "Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden", fordert mittlerweile auch Uwe Lange, Fraktionschef der Bürgernahen. Bürgervorsteherin Natalina Boenigk sieht die Verwaltung in der Pflicht: "Ich höre davon das erste Mal, bisher wurde die Problematik nicht politisch diskutiert. Hier ist auf jeden Fall in erster Linie die Verwaltung gefordert, die Probleme zu lösen." Für SPD-Fraktionsmitglied Gerhard Thomssen ist die Angelegenheit ebenfalls neu: "Ich kenne den Vorgang nicht und kann ihn deshalb auch nicht kommentieren."