Tarifstreit: Stadtwerke drohen. Klaus Schmidberger wehrt sich gegen die seiner Ansicht nach ungerechtfertigte Anhebung des Energiepreises.

Pinneberg. Jahrelang hat Klaus Schmidberger brav wie die meisten anderen Bürger seine Gasrechnung bezahlt und alle Tariferhöhungen klaglos hingenommen. Doch als im April die Stadtwerke Pinneberg erneut an der Preisschraube drehten, legte Schmidberger - wie von Verbraucherschutzorganisationen empfohlen - Widerspruch ein. Seitdem begleicht der Pinneberger seine Abschlagszahlungen nur noch auf Basis des vor der Erhöhung gültigen Tarifpreises für Erdgas und geht damit einen Schritt weiter als viele Stadtwerkekunden. Die Stadtwerke reagierten zunächst überhaupt nicht. Dann folgten Zahlungserinnerungen und zuletzt eine Mahnung - verbunden mit der Androhung, bei Nichtbegleichung der Forderung Schmidberger den Gashahn zuzudrehen.

Für diesen rigorosen Umgang der Stadtwerke mit ihm als Kunden hat Schmidberger überhaupt kein Verständnis: "Schließlich bin ich kein Tarifpreller, sondern ich weigere mich lediglich, die ungerechtfertigte Erhöhung zu bezahlen." Was den Verkaufsleiter einer großen Molkereizentrale zusätzlich in Rage bringt, ist die Tatsache, daß sich die Stadtwerke bislang überhaupt nicht inhaltlich mit seiner Argumentation und der Begründung für die anteilige Zahlungsverweigerung auseinandersetzten.

Aus Schmidbergers Sicht wurden die Gaspreise nur erhöht, weil der Preisentwicklung auf dem Erdölmarkt gefolgt wird. Dieser Zusammenhang sei allerdings durch nichts zu begründen. Hier werde lediglich das Gasmonopol willkürlich ausgenutzt. Deshalb forderte der Pinneberger zuerst im April, dann im September und jetzt im Oktober die Stadtwerke auf, ihre Kalkulationsgrundlage für diese und folgende Preiserhöhungen "nachvollziehbar und prüffähig nachzuweisen".

Diese Formulierungen wie auch der Hinweis auf die Unbilligkeit (Unrechtmäßigkeit) der Forderung genügen, um die Frage der Berechtigung der Forderung offenzuhalten, so der Musterbrief der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Damit müsse auf Mahnungen und Sperrandrohungen seitens der Stadtwerke verzichtet werden. In diesem Zusammenhang wird von Schmidberger wie von der Verbraucherzentrale auch auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs verwiesen.

Um so mehr ist der Gaskunde verblüfft, daß er trotzdem die Mahnung und die Sperrandrohung bekam. Abseits dieser Standard-Schreiben bestätigte Stadtwerke-Direktor Henning Fuchs bislang lediglich nach einer weiteren Nachfrage den Eingang der Widerspruchsmitteilung. Zum Thema der von Schmidberger monierten "Mahnbelästigungen" verwies er auf die Vertriebsabteilung der Stadtwerke.

Von dort war allerdings gestern auch keine Auskunft zu bekommen. Fuchs ist im Urlaub. Sein Stellvertreter Michael Meier konnte sich zu Details nicht äußern. Meier betonte, daß die Gaspreiserhöhung der Stadtwerke noch moderat im Vergleich zu anderen Unternehmen ausgefallen sei. Generell werde der Hinweis auf Zahlungen unter Vorbehalt von den Werken akzeptiert. Meier schätzt, daß allein bei den Stadtwerken Pinneberg einige Hundert Kunden den Zahlungsvorbehalt mitgeteilt haben.

Schmidberger ging jedoch mit der Verweigerung der anteiligen Erhöhung einen Schritt weiter. Möglich wurde ihm dies, weil er keine Einzugsermächtigung erteilt hatte und seine Abschlagszahlungen per Dauerauftrag überweist. Damit hat er stets Zugriff auf die Höhe des Überweisungsbetrags. Der Sperrandrohung sieht der "Gas-Rebell" gelassen entgegen.

Der Musterbrief der Verbraucherzentrale ist im Internet unter www.verbraucherzentrale-sh.de zugänglich. Außerdem hilft Schmidberger mit Musterbriefen und Informationen aus, Telefon 04101/69 00 57.