Norderstedt. Unternehmen sind zögerlicher geworden bei der Unterstützung von Fußballclubs. Worauf Eintracht Norderstedt jetzt hofft.
Am Freitag ab 18.30 Uhr steigt ein wichtiger Termin für den Regionalligisten Eintracht Norderstedt. Nicht auf dem Fußballplatz, sondern in viel gediegenerer Atmosphäre. Im Nordport Plaza Hotel findet das traditionelle Sponsorentreffen statt, welches vor allem durch Corona so traditionell gar nicht mehr ist. „Das letzte Treffen ist über vier Jahre her, und nun ist es wirklich an der Zeit für uns, uns alle persönlich wiederzusehen“, sagt Eddy Münch, der die Werbepartner des Clubs betreut.
An der Zeit ist es tatsächlich aus mehreren Gründen. Zweifellos dürfte die Rede des früheren schleswig-holsteinischen Innenministers und langjährigen Norderstedter Oberbürgermeisters Hans-Joachim Grote (CDU) über „Norderstedt und seine Zukunft“ großes Interesse bei den circa 100 geladenen Gästen wecken. Doch darüber hinaus ist die Sponsorenpflege für den Garstedter Fußballclub in diesen schwierigen Zeiten von noch existenziellerer Bedeutung als ohnehin schon.
Blanke Brust: Warum Eintracht Norderstedt keinen Trikotsponsor findet
Noch immer ziert trotz bereits sechs absolvierten Pflichtspielen keine Trikotwerbung die Brust der Eintracht-Spieler. „Aktuell sieht es aus, als wenn wir erst zu Beginn des Jahres 2023 einen neuen Trikotsponsor präsentieren können. Aber ich bin ein grenzenloser Optimist und hoffe natürlich, es klappt früher“, sagt Münch.
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Der Trikotsponsor der Vorsaison, das Telekommunikationsunternehmen wilhelm.tel der Stadtwerke Norderstedt, gab vor der Saison die Brust des Teams nach vielen Jahren frei. In der Bandenwerbung ist wilhelm.tel im Edmund-Plambeck-Stadion weiter aktiv, zahlt dafür auch dieselbe Summe in dieser Spielzeit an die Eintracht wie zuvor. Dies eröffnet dem Verein eigentlich die Gelegenheit für Zusatzeinnahmen. Doch er findet bislang einfach keinen Trikotsponsor.
„Bei allen unseren Ligaspielen haben wir insgesamt 2,4 Millionen Klicks in den sozialen Medien. Wir haben hinter dem HSV und dem FC St. Pauli als Regionalligist ein gutes sportliches Ranking, spielen nun im zehnten Jahr in der Regionalliga Nord. Der Werbewert für unser Trikotsponsoring müsste eigentlich bei 100.000 bis 150.000 Euro liegen“, sagt Eintrachts Präsident Reenald Koch. „Das ist aber schwierig zu realisieren, in der aktuellen wirtschaftlichen Situation sowieso. Wir würden uns freuen, wenn wir einen Sponsor finden würden, der uns für die Trikotwerbung einen mittleren fünfstelligen Betrag zahlen würde.“
Es fehlen 130.000 Euro Antrittsgeld aus dem DFB-Pokal
Außerdem, erläutert Koch, sei er keinesfalls entspannt, da ja durch die Verabredung mit wilhelm.tel zumindest kein Geld fehle. Dies, so Koch, stimme nur auf den ersten Blick. „Wir haben in der vergangenen Saison den Lotto-Pokal nicht gewonnen und spielen in dieser Saison nicht im DFB-Pokal. Alleine dadurch fehlen uns schon 130.000 Euro Antrittsgeld aus der ersten Runde.“
Sponsorenbetreuer Münch wiederum betont, er befinde sich „in Gesprächen mit mehreren Firmen“. Die Verhandlungen sind intensiv, auch die Firmen achten schließlich in der aktuellen wirtschaftlichen Situation stärker auf ihre Ausgaben. „Selbst 1000 Euro für ein Plakat auf dem Kunstrasenplatz kriegst du heute nicht mehr einfach so. Du musst sehr dafür kämpfen“, bestätigt Münch. „Aber“, sagt er augenzwinkernd, „ich bin ja einer, den du rausschmeißen kannst und der immer freundlich wieder reinkommt.“
Auch andere Regionalligisten haben keine Trikotsponsoren gefunden
Das stetige Bohren dicker Bretter im Sponsoringbereich hat die Eintracht übrigens nicht exklusiv. Der Hamburger Staffelrivale FC Teutonia 05 läuft ebenfalls noch mit blanker Brust auf, erhofft sich vom DFB-Pokalspiel gegen Bundesligist RB Leipzig am Dienstag, den 30. August, welches live im Free-TV ausgestrahlt wird, eine gewisse Werbewirkung. Die Niedersachsen vom TSV Havelse teilen das Schicksal, ohne Brustsponsor spielen zu müssen. Was beim 0:0 beim Saisonauftakt im Edmund-Plambeck-Stadion das skurrile Bild von zwei Teams ohne Trikotsponsor auf dem Rasen ergab.
Havelse, in der vergangenen Saison immerhin noch Drittligist, begegnet der Misere auf kreative Weise. Der Verein legte eine Sponsoringaktion auf, bei der das Brustsponsoring, das Hosenbein-Sponsoring vorn und hinten, ein Aktionstag mit der Mannschaft und etliches mehr zu gewinnen sind. Ein Los kostet 2750 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer, keiner der Loskäufer geht völlig leer aus. Minimum 30, maximal 50 Lose werden verkauft. Anfang September sollen die glücklichen Gewinner gezogen werden. Eine ähnliche Aktion veranstaltete übrigens Rot-Weiß Oberhausen in der Regionalliga West. Titel: „Brust raus für RWO“.
Eintracht Norderstedt: Ein neuer Mannschaftsbus samt Werbepartnern fährt bald vor
Immerhin: Einen Erfolg auf anderer Ebene konnte Eddy Münch kürzlich verbuchen. Die Firma Reisedienst Hamburg Nord Bossel GmbH & Co. KG stellt der Eintracht einen neuen Mannschaftsbus zur Verfügung, der Mitte September zum ersten Mal genutzt werden soll.
Münch fand mehrere Sponsoren für die Buswerbung, einen unteren fünfstelligen Betrag nimmt die Eintracht dadurch ein. Fehlt jetzt also nur noch ein „r“ und ein „t“. Nach der Buswerbung nun die Brustwerbung. Vielleicht wird Hans-Joachim Grote in seiner Rede am kommenden Freitag auch für dieses Ansinnen des Vereins einige warme Worte finden.