Norderstedt. Regionalliga-Fußballer starten in die Punktrunde 2022/2023. Warum Olufemi Smith optimistisch in seine erste Serie als Chefcoach geht.

Die Vorbereitungsphase ist bis auf wenige Übungseinheiten abgeschlossen, der Countdown läuft: Am kommenden Sonntag beginnt für die Regionalliga-Fußballer von Eintracht Norderstedt die Punktrunde 2022/2023 – und zwar gleich mit einem Kracher.

Gegner im Edmund-Plambeck-Stadion ist um 14 Uhr Drittliga-Absteiger TSV Havelse. Für Olufemi Smith (43) ist das reizvolle Match die erste Bewährungsprobe als Chefcoach in der vierthöchsten deutschen Klasse.

Eintracht Norderstedt: Drittliga-Absteiger ist erster Gegner

Hamburger Abendblatt: Herr Smith, verraten Sie doch bitte mal, was in Ihnen vorgeht, wenn sie an den Regionalliga-Auftakt am Sonntag denken. Macht sich schon Nervosität breit?

Olufemi Smith: Besonders aufgeregt bin ich zurzeit nicht, aber es ist ja auch noch etwas Zeit bis zum Anstoß. Klar, am Sonnabendabend wird die Anspannung spürbar steigen. Aktuell empfinde ich eine große Vorfreude.

Wie schätzen Sie den TSV Havelse ein?

Dieses Team ist eine kleine Wundertüte. Im Mannschaftskader der Niedersachsen hat es nach dem Abstieg aus der 3. Liga einen erheblichen Umbruch gegeben, man weiß deshalb nicht ganz genau, wo die Truppe steht. Der TSV verfügt aber zweifellos über viel Erfahrung. Ich gehe davon aus, dass Havelse eine ordentliche Regionalliga-Saison spielen will und wird. Das Match am Sonntag wird ein Prüfstein für uns. Wir werden mit positiven Gedanken auflaufen und wollen vor eigenem Publikum den bestmöglichen Saisonstart hinlegen.

Punktspiele werden in eingleisiger 19er-Staffel ausgetragen

Was halten Sie davon, dass die Regionalliga Nord nicht mehr in einer Nord- und Süd-sowie Meister- und Abstiegsrunde, sondern wieder in einer Staffel spielt?

Ich bin ein großer Fan der eingleisigen Regionalliga. Die interessanten Derbys haben wir dann trotzdem, die verteilen sich nur etwas mehr über das Jahr. Ich finde es einfach schöner, in einer Staffel zu spielen, in der man sich dann auch regelmäßig mit den Teams aus Bremen und Niedersachsen misst. Ein weiterer Vorteil ist, dass es eine aussagekräftige Tabelle gibt, in der wir uns mit den anderen 18 Vereinen vergleichen und uns einordnen können. Ob sich das Programm im Herbst und Winter durchziehen lässt, muss abgewartet werden. Da kann wegen Corona so ziemlich alles passieren. Ich hoffe, dass wir vom Schlimmsten verschont bleiben.

Olufemi Smith (43) steht vor seiner ersten Bewährungsprobe als Regionalliga-Cheftrainer.
Olufemi Smith (43) steht vor seiner ersten Bewährungsprobe als Regionalliga-Cheftrainer. © Anne Pamperin

Wie ist die Saisonvorbereitung von Eintracht Norderstedt aus Ihrer Sicht gelaufen, sind Sie zufrieden?

Ja, absolut. Einer der wichtigsten Parameter ist für mich der Verletzungsstand. Wir sind zu fast 100 Prozent einsatzfähig; wenn das nach vielen intensiven Übungseinheiten und Testspielen der Fall ist, kann man sich glücklich schätzen. Bislang konnte nur Nils Brüning nicht richtig einsteigen – und er hat sich seine Verletzung nicht beim Fußball, sondern im Urlaub zugezogen. Er ist in eine Scherbe getreten, hat sich die Plantarfaszie unter dem Fuß gerissen. Der Heilungsprozess ist langwierig, aber ich denke, dass er Anfang August wieder mit dem Lauftraining beginnen kann. Jasper Hölscher und Hamajak Bojadgian haben leichte Blessuren, ansonsten sind alle Mann gesund. Die Jungs haben hart gearbeitet, sich viel Selbstvertrauen geholt und sind körperlich in einem guten Zustand.

Eintracht-Team hat viel Selbstvertrauen gesammelt

Sie haben nur die Testspiele gegen Silkeborg IF und den Hamburger SV II verloren, ansonsten gab’s ausnahmslos deutliche Siege gegen mehrere Oberligisten, zuletzt ein 6:1 gegen den TSV Sasel. Ist das ein Beleg dafür, dass die Mannschaft in der Offensive einen Schritt nach vorn gemacht hat – oder sind die Resultate nicht repräsentativ?

Vier, sechs, sieben Tore muss man auch gegen Oberligisten erst einmal schießen. Unsere Gegner waren in diesen Partien nicht bei 100 Prozent, wir aber auch nicht. Wir haben im Angriff immer Lösungen gefunden, in der Offensive eine gute Qualität, sind von vielen Positionen aus gefährlich. Klar, der Widerstand in der Regionalliga wird härter sein. Nichtsdestotrotz ist es gut, dass die Spieler das Gefühl kennen, wenn das Netz zappelt, Vertrauen in ihre eigene Stärke haben. Wir haben aus der Vorbereitung genau das mitgenommen, was wir mitnehmen wollten – ich hoffe, dass sich das jetzt auch auszahlt.

Gibt es Akteure, die während der Vorbereitung besonders geglänzt haben?

Ich möchte da niemanden hervorheben, der gesamte Kader hat sich gut präsentiert. Wir sind momentan in allen Mannschaftsteilen solide und stabil.

Die Neuzugänge haben in der Vorbereitung überzeugt

Bitte noch eine Einschätzung zu den Neuzugängen...

Die Neuen haben bislang das gezeigt, was wir von ihnen erwartet haben. Nur Manuel Brendel hat ein bisschen Pech gehabt, ist krankheitsbedingt ein paar Tage ausgefallen, jetzt aber wieder mit dabei.

Was sind Ihre Ziele für die neue Serie?

Wir wollen eine ruhige Regionalliga-Saison spielen, uns im gesicherten Mittelfeld bewegen, genug Luft nach unten haben, so früh wie möglich den Klassenerhalt schaffen – ich denke, mit dieser Herangehensweise sind wir gut beraten. Man muss die sportlichen Erwartungen immer ins Verhältnis zu den Möglichkeiten setzen, die man hat. Es gibt viele Teams, die unter Profibedingungen arbeiten, die vom Etat her deutlich stärker aufgestellt sind als wir.

Und was ist mit dem Lotto-Pokal?

Mannschaft und Trainerteam sind sich total einig: Wir wollen den Hamburger Pokal gewinnen, auch wenn es mit dem FC Teutonia 05, Altona 93, der TuS Dassendorf und dem WTSV Concordia weitere ambitionierte Bewerber gibt. Diesen Anspruch hat bei uns jeder, der sich in der Kabine das Trikot anzieht, das ist eine klare Kampfansage. Wir wollen auf keinen Fall überheblich wirken. Aber dass wir in diesem Punkt so selbstbewusst sind, haben wir uns in den vergangenen Jahren mit den vielen Erfolgen im Cupwettbewerb erarbeitet und verdient. Möglichst weit zu kommen ist kein Ziel, genauso wenig wie das Erreichen des Endspiels. Wenn ich das verliere, bin ich in der Folgesaison immer noch nicht im DFB-Pokal dabei.

Der VfB Lübeck ist Topfavorit auf den Meistertitel

Kommen wir noch einmal zurück zum Punktspielbetrieb. Was sind Ihrer Meinung nach die stärksten Mannschaften in der Regionalliga Nord?

Der Topfavorit auf den Meistertitel ist sicherlich der VfB Lübeck, aber auch den SC Weiche Flensburg 08, der gut eingespielt und sehr erfahren ist, darf man nicht unterschätzen. Zum Überraschungsteam könnte der Hamburger SV II werden; das ist in dieser Saison eine spannende Mannschaft, die meiner Meinung nach das eine oder andere Ausrufezeichen setzen kann.