Norderstedt. Abendblatt-Redakteurin Annabell Behrmann und Christian Schlaikier gewinnen das Unified Mixed. Was die Veranstaltung so besonders macht.

Als sich Annabell Behrmann auf den Weg zu den nationalen Special Olympics in Berlin machte, hatte sie jede Menge guter Wünsche im Gepäck.

Kurios: Eine Kollegin aus der Redaktion Norderstedt des Hamburger Abendblatts verabschiedete sie mit dem Slogan „Go for gold!“ in Richtung Bundeshauptstadt – ohne auch nur ansatzweise damit zu rechnen, dass die 29-Jährige tatsächlich eine Goldmedaille gewinnen würde...

Special Olympics sind ein Paradebeispiel für Inklusion

Behrmann, die in der Damenmannschaft des TSC Glashütte Tennis spielt, startete bei der Veranstaltung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung zusammen mit Christian Schlaikier (47) im Unified Mixed. In diesem Wettbewerb treten beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte Sportler gemeinsam an; die Special Olympics sind ein Paradebeispiel für Inklusion.

Nach Abschluss der Klassifizierungsspiele wurden die Finalrunden in homogene, gleich starke Gruppen eingeteilt. „Alle Athletinnen und Athleten sollen Spaß haben. Zwar möchte jeder gewinnen. Aber die Freude und das Miteinander stehen im Fokus.“ Deshalb gibt es strenge Regeln. Es wird sehr darauf geachtet, dass die Unified Teams untereinander harmonieren. Es sollen keine „Einzel mit Behinderung“ sein. Sollte der nicht behinderte Spieler seinen Partner außen vor lassen, wird das Team disqualifiziert.

Team Norderstedt: 15 Aktive und zwölf Betreuer

Im Finale traf das Duo Behrmann/Schlaikier, das zum aus 15 Aktiven sowie zwölf Betreuerinnen und Betreuern bestehenden Team Norderstedt – der Kooperation der Norderstedter Werkstätten mit dem Inklusiven Sportverein Norderstedt – gehörte, auf Andreas Radke und Sabina Bley aus Nordrhein-Westfalen. Für alle Beteiligten eine Angelegenheit, die den Puls spürbar in die Höhe trieb.

„Ich habe in der Nacht vor dem Match kaum geschlafen“, sagte Annabell Behrmann. Ihrem Partner erging es nicht viel besser. Doch beide bekamen auf einem Nebenplatz der Tennisanlage des
SC Brandenburg gerade noch rechtzeitig die Kurve, die Nervosität erfolgreich in den Griff – und setzten sich am Ende mit 4:1 und 5:3 durch.

Freudentränen nach dem Finalsieg

Bei einer 40:0-Führung im entscheidenden Spiel des zweiten Satzes retournierte Behrmann einen Aufschlag mit der Rückhand sicher übers Netz, Radke verschlug – Jubel und Erleichterung, der Triumph war perfekt. Annabell Behrmann: „Christian, dem der Sieg unglaublich viel bedeutet, und ich haben vor Freude geweint.“ Ihr Vater Axel Behrmann, der das gemischte Doppel gecoacht hatte, ließ seinen Glückstränen ebenfalls freien Lauf.

Das Team Norderstedt, oben von links: Carsten Froeck, Leenke Rehfeld, Valentina Beck, Helge Pfaff, Franz Bechler, Dieter Höge, Benjamin Hokenholz, Christian Schlaikier. Unten von links: Alexander Knaub und Robin Schmidt. Liegend: Jan Brückner.
Das Team Norderstedt, oben von links: Carsten Froeck, Leenke Rehfeld, Valentina Beck, Helge Pfaff, Franz Bechler, Dieter Höge, Benjamin Hokenholz, Christian Schlaikier. Unten von links: Alexander Knaub und Robin Schmidt. Liegend: Jan Brückner. © Unbekannt | Axel Behrmann

Überhaupt sind Emotionen ein Markenzeichen der Special Olympics, an denen in Berlin etwa 4000 Aktive in 20 Sportarten teilnahmen. „Natürlich wollen alle gewinnen. Aber es gibt untereinander keine Missgunst, die Athleten mit Behinderung freuen sich füreinander, egal, wer gewinnt oder verliert“, sagte Behrmann, die unvergessliche Eindrücke sammelte.

Unvergessliche Augenblicke in der Bundeshauptstadt

Das begann schon bei der Eröffnungsfeier. Im Stadion An der Alten Försterei, in dem normalerweise die Fußballer des 1. FC Union Berlin um Bundesliga-Punkte kicken, wurde der Song „An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit“, der bei Hochzeits- und Geburtstagsfeiern zum Standardrepertoire gehört, gespielt. „Für manche hat sich der Klassiker der Toten Hosen ja vielleicht abgenutzt. Aber ich habe ihn selten so ehrlich und inbrünstig mitgesungen wie diesmal.“

Ein weiterer besonderer Moment war, als zwei Athleten gemeinsam die „olympische“ Fackel ins Stadion trugen und die Flamme entzündeten. Annabell Behrmann: „An diesem Abend fühlte sich einfach alles nach einer heilen Welt an.“ Komplett heil war die Welt auch für Valentina Beck nach ihrem Sieg im 1000-Meter Einzelzeitfahren mit dem Dreirad. Sie war so glücklich und stolz, dass sie die Goldmedaille den ganzen Abend um den Hals trug. „Und ich würde nicht ausschließen, dass sie sie auch in der Nacht zum Schlafen nicht abgelegt hat“, so Behrmann.

Norderstedter Sportler schneiden großartig ab

Maike Rotermund, die bei den Norderstedter Werkstätten für die Bereiche Arbeitsbegleitende Angebote und Sport verantwortlich ist und zu den Gründungsmitgliedern des 2006 aus der Taufe gehobenen Inklusiven Sportvereins Norderstedt gehört, brauchte nur ein Wort, um das Abschneiden ihrer Schützlinge einzuordnen: „Großartig!“

Neben dem Unified Mixed und Valentina Beck gewannen auch die Triathlon-Unified-Staffel mit Nils Rix, Carsten Froeck und Jan Brückner, Franz Bechler (Mini-Speer und 100 Meter), Dieter Höge (100 Meter), Froeck (5-Kilometer-Radfahren), Robin Schmidt (Weitsprung) sowie Alexander Knaub (Mini-Speer) Goldmedaillen. Hinzu kamen vier zweite und vier dritte Plätze.