Henstedt-Ulzburg. Seit mehr als 40 Jahren findet das Pfingstturnier auf Hof Petersen statt. Doch wer organisiert das beliebte Großereignis?

Henry lächelt. In den Augen des zierlichen Fünfjährigen liegt eine Mischung aus großem Glück und schüchternem Stolz. Gerade hat er als jüngster Teilnehmer den fünften Platz im Führzügelwettbewerb belegt, der Disziplin für die Kleinsten beim Pfingstturnier des Reit- und Fahrvereins Kisdorf, Hen­stedt-Ulzburg und Umgebung auf dem Hof Petersen.

Dabei geht es darum, geführt zu werden – in Henrys Fall hat das seine Mutter Gesine Pohlmann übernommen – und dabei sein Pony und sich zu präsentieren, das eigene Können zu zeigen: Schritt, Trab, Leichttraben, Aussitzen, leichter Sitz…

„Das ist schon mein drittes Turnier“, sagt Henry stolz, „aber mein erstes auf meinem eigenen Pony. Auf Prince!“ Um was es geht? Henry überlegt. „Man soll Spaß dabei haben. Und lächeln!“

Unterhalb der Halle, aus dem gerade lauter kleine stolze Reiterinnen und Reiter wie Henry auf ihren Ponys herauskommen, steht Stefanie Petersen. Dafür, dass auf ihrem Hof gerade ein riesiges Turnier stattfindet, wirkt sie extrem entspannt.

„Die Veranstaltung gibt es ja schon seit mehr als 40 Jahren“, sagt sie. „Meine Schwiegereltern haben damit begonnen. Zuerst war es ein kleines Nachbarschaftsturnier, aber mit den Jahren ist es immer größer geworden.“

500 Reiterinnen und Reiter, mehr als 1200 Gäste

Bei der jüngsten Auflage starteten knapp 500 Reiterinnen und Reiter, mehr als 1200 Gäste kamen an zwei Tagen auf die Anlage: einen großen Turnierplatz mit Richtertribüne und Hindernissen, einen Dressurplatz, einen Abreiteplatz und die riesige Wiese voller Gespanne.

Nicht fehlen durften zudem die Essens- und Getränkestände, ein Team von Rettungssanitätern, eine Tierärztin, rund
50 Helferinnen und Helfer – und eben die Familie Petersen, die sich bei ihrem „Heimspiel“ traditionell für nichts zu schade ist, die Ärmel hochkrempelt und mit anpackt.

Familie Petersen packt tatkräftig mit an

Während Sohn Hannes (20) mal eben mit dem Auto zur Apotheke fährt und Kopfschmerztabletten für eine der Preisrichterinnen kauft, bereitet Stefanie Petersen (53) die Schleifen für die nächste Siegerehrung vor. Hauke Petersen (53) führt derweil über den Hof und erzählt von den Anfängen an einem anderen Standort in Henstedt-Ulzburg.

Entspannte Gastgeber: Stefanie, Hannes und Hauke Petersen (v. l.) blieben trotz des großen Trubels auf ihrem Hof stets gelassen.
Entspannte Gastgeber: Stefanie, Hannes und Hauke Petersen (v. l.) blieben trotz des großen Trubels auf ihrem Hof stets gelassen. © Unbekannt | Tanja Breukelchen

„Als wir dann immer größer wurden, sind meine Eltern mit dem Hof hier
hinaus gezogen. Das war 1972“, erinnert er sich. „Damals hatten wir noch Kühe, mein Vater allerdings liebte Pferde. Als ich dann den Hof übernahm, riet er mir, mit den Kühen weiterzumachen, aber das war nicht so mein Ding.“

Seit 1992 gibt es auf der Anlage keine Kühe mehr

Hauke Petersen machte zuerst eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, spürte dann aber, dass er die Freiheit liebt und die vielen Möglichkeiten, die einem so ein Hof bietet. „Die Kühe haben wir dann 1992 abgeschafft, das war damals eine große Sache, aber mit der Zeit wurden die Pensionspferde immer wichtiger.“

Inzwischen sind es rund 100 Tiere, die in großen, gemütlichen Boxen untergebracht sind. Gemietet werden ganze Pakete, je nach Belieben mit Fütterung oder Weidegang. Sogar ein eigenes Solarium haben die Pferde, außerdem gehören zum Hof rund 100 Hektar Fläche, darunter
70 Hektar Grünland. Auf dem verbleibenden Ackerland wird Futter angebaut. Hinzu kommen drei Reithallen und mehrere Außen-Reitplätze. Ein Paradies, nicht nur für die Besucher des Pfingstturniers.

Glanzvolles Finale: das Rolandreiten

Letzteres unterliegt seit 1996 der Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO), dem Regelwerk für den leistungssportlichen Turniersport in Deutschland, und bietet unter anderem Springen bis zur Klasse A** und Dressurprüfungen bis zur Klasse L. Außerdem als glanzvolles Finale das traditionelle Rolandreiten. Dabei wird gegen eine hölzerne Figur mit ausgebreiteten Armen geritten, die sich um sich selbst dreht und von den Reiterinnen und Reitern mit Lanzen attackiert wird.

Doppelsieger: Lennart Rohlf und Cordoba vom RV Oststeinbek-Havighorst.
Doppelsieger: Lennart Rohlf und Cordoba vom RV Oststeinbek-Havighorst. © Unbekannt | Tanja Breukelchen

„Das ist eine Tradition aus Dithmarschen. Dort hieß der böse Steuereintreiber in alten Zeiten Roland und wurde von den Leuten bekämpft“, erklärt Stefanie Petersen, die übrigens als Pferdebesitzerin auf den Hof kam, die einen Einstellplatz für ihr Tier suchte. Bald verliebte sie sich dann in Hauke. „Der Klassiker“, sagt sie. Und lacht.

Sohn Hannes möchte den Hof später einmal übernehmen

Sohn Hannes möchte den Hof später einmal übernehmen, auch wenn er kein begeisterter Reiter ist. Aber er findet „die vielen unterschiedlichen Menschen einfach spannend – und die Stimmung auf dem Hof toll.“ Die war zwischenzeitlich übrigens nicht immer so gut: Hauke Petersen schaut etwas nachdenklich und erinnert sich an die schlechten Zeiten: „Das war im Mai 1998. Damals boten wir noch Fahrten mit einer Hochzeitskutsche an, und ein ehemaliger Kunde hatte uns offenbar ausgekundschaftet und meine Eltern überfallen. Ein bewaffneter Raubüberfall, der aber zum Glück einigermaßen glimpflich abging.“

Im Jahr drauf dann gleich der nächste Schreck: „Ein Jugendlicher legte in Hen­stedt-Ulzburg mehrere Brände. Leider auch bei uns. Beim Feuer brannte unsere Gerätehalle ab; ein Pferd, das dort seinen Stall hatte, ist in den Flammen gestorben.“ Im Jahr 2000 übergaben Hauke Petersens Eltern Elfi und Gerd ihm den Hof und zogen sich zurück. „Wir haben uns dann erst einmal einen Hund angeschafft. Und seit damals sind keine großen Katas­trophen mehr passiert, zum Glück.“

Lennart Rohlf gewinnt zwei Springprüfungen

Auch das diesjährige Pfingstturnier verlief ohne Zwischenfälle. Die Zuschauer streckten ihre Gesichter in die Sonne. Lennart Rohlf (RV Oststeinbek-Havighorst) gewann auf Cordoba zwei Springprüfungen. Stefanie Petersen kümmerte sich um die Siegerschleifen. Ihr Mann machte Smalltalk mit ein paar Pensionspferde-Besitzern, Sohn Hannes kam von der Apotheke zurück. Und Henry führte sein sieben Jahre altes Pony zum Anhänger. Noch immer so verdammt stolz und glücklich. Und lächelnd...