Tangstedt. Bei den früher immer wieder für Skandale guten Fußballern des Wilstedter Sportvereins herrscht Ruhe. Doch was sind die Gründe dafür?
Am kommenden Wochenende wird beim WSV Tangstedt auf jeden Fall gefeiert. „Das haben sich die Mannschaft und der Verein verdient“, sagt Trainer Kevin Steen vor dem Saisonfinale in der Fußball-Verbandsliga Süd - unabhängig davon, ob es noch mit dem Titel klappt oder am Ende die Vizemeisterschaft herausspringt.
Klar, wer zwei Partien vor Schluss punktgleich mit dem Spitzenreiter auf Rang zwei steht, hofft natürlich auf den großen Coup, auf den Aufstieg in die Landesliga. Aber noch wichtiger als die letztendliche Platzierung ist ohnehin die Botschaft, die der Wilstedter Sportverein seit einiger Zeit aussendet: Rund um das Kleine Alsterstadion wird wieder seriös gearbeitet.
Das war lange anders. Wer bei Google die Begriffe „WSV Tangstedt Chaos“ eingibt, bekommt eine Reihe an Treffern ausgespuckt. „Pures Chaos beim WSV Tangstedt“, heißt es dort, „Komplettchaos beim WSV Tangstedt“ oder „Tangsteder Chaos-Tage“ – alles Artikel über diverse Vorfälle. Es waren Zeiten, in denen sich die Trainer in kurzen Abständen die Klinke in die Hand gaben, während Mannschaften mit viel Geld zusammengestellt wurden. Und die hohen Erwartungen immer wieder enttäuschten.
Der Teammanager kennt beide Gesichter
Christoph Möhring (33) hat eineinhalb Jahre davon hautnah miterlebt. Er hütete zwischen 2015 und 2016 das Tor des WSV. Nun ist er seit knapp zwei Jahren wieder da. Und inzwischen als spielender Teammanager auch für die Zusammenstellung des Kaders verantwortlich.
Aktuell arbeitet er an der Mannschaft für die neue Saison. 16 Spieler aus dem aktuellen Team haben beim WSV bereits verlängert, auch einige hochkarätige Neuzugänge wird es wohl geben.
Dabei gehen die Verantwortlichen aber nach einem strikten Muster vor. „Wir treffen uns mit jedem Spieler, an dem wir interessiert sind, persönlich“, betont Möhring, „und wir machen jedem klar, dass es in Tangstedt nicht darum geht, sich eine goldene Nase zu verdienen, sondern nur darum, Fußball zu spielen und hier etwas aufzubauen. Was das Team um das Team herum angeht, können wir den Jungs beim WSV Oberliga-Bedingungen bieten. Das war’s dann aber auch. Geld rauszuhauen, um sich irgendwelche Namen zu kaufen – das gibt es bei uns nicht. Und wird es auch künftig nicht mehr geben.“
Spätestens 2023 soll der Landesliga-Aufstieg gelingen
Den WSV Tangstedt von früher könne man gar nicht mehr mit dem WSV Tangstedt von heute vergleichen, sagt Möhring, der beide Gesichter des Clubs gesehen hat. „Wir haben jetzt Ruhe im Verein, es wird miteinander gesprochen und kontinuierlich darauf hingearbeitet, dass wir spätestens 2023 in die Landesliga aufsteigen. Das wird hundertprozentig klappen.“
Kontinuität wie vielleicht noch nie zeichnet sich auch auf der Trainer-Position ab. Seit 2019 sitzt Kevin Steen (30) fest im Sattel, er hat seinen Vertrag kürzlich um gleich drei weitere Jahre verlängert. „Früher habe ich mal gesagt, dass ich so lange gar nicht bei einem Verein bleiben möchte“, verrät er. „Aber die Arbeit hier macht mir nun mal extrem viel Spaß.“
Coach Kevin Steen bleibt weitere drei Jahre
Steen, einst Spieler in der zweiten Tangstedter Mannschaft, kam vor drei Jahren mit zehn Talenten aus der Jugendabteilung des Glashütter SV und trat mit einem klaren Ziel an: „Ich möchte das Bild von diesem Club verändern.“
Das hat funktioniert, überwiegend mit jungen Spielern aus dem Dorf und dem direkten Umfeld. Auch auf dem Platz präsentiert sich der WSV inzwischen viel seriöser, belegt in der Fairnesstabelle Platz vier. Darauf legt Steen großen Wert. „Wir benehmen uns gut, sind eine angenehme Mannschaft. „Ich finde es schön, wenn man widerspiegelt, was einem der Verein bedeutet.“
Und auch gemessen an den Ergebnissen läuft es über die gesamte Saison gut bis sehr gut, auch wenn der Herbstmeister seine Tabellenführung durch einige Punktverluste zwischen Ende März und Anfang Mai an den SSC Hagen Ahrensburg verloren hat.
„Ich muss jede Woche wieder den nicht vorhandenen Hut vor den Jungs ziehen“, sagt Kevin Steen. „Sie geben nie auf, können ein konstant hohes Tempo über 90 Minuten gehen. Ich bin sehr stolz und hoffe, dass unsere Arbeit mit dem Aufstieg belohnt wird. Jetzt ist die Entscheidungswoche.“
Kopf-an Kopf-Rennen mit SSC Hagen Ahrensburg
Am heutigen Mittwoch (19.30 Uhr, Weg am Sportplatz) empfängt der WSV in seinem letzten Heimspiel den Tabellenfünften SG Elmenhorst/Tremsbüttel, während Ahrensburg beim SSV Pölitz (9.) gastiert. Sonntag tritt das Team dann beim Leezener SC (7.) an, Hagen trifft auf Elmenhorst/Tremsbüttel. Das Spitzenduo ist punktgleich. Wegen des um zwölf Treffer schlechteren Torverhältnisses ist Tangstedt aber wohl auf Schützenhilfe angewiesen.
Die erscheint auf dem Papier unwahrscheinlich, der Blick auf die vielen überraschenden Ergebnisse in der Staffel gibt aber Anlass zur Hoffnung. Steen: „Wir werden alles geben, um doch noch Meister zu werden.“ Sollte das klappen, wäre auf der Abschlussfeier des seriösen WSV Tangstedt sicherlich auch ein bisschen Chaos erlaubt...