Leverkusen. Der Bundesliga aus dem Rheinland sorgt in der heimischen BayArena früh für klare Verhältnisse und trifft vor der Pause sechsmal.

Mit einer 0:7 (0:6)-Niederlage in der ersten Runde des DFB-Pokals ist die ungewöhnlichste Auswärtsfahrt in der Vereinsgeschichte von Eintracht Norderstedt zu Ende gegangen. 50 Stunden zwischen der Heimat und dem Rheinland, ein ungleiches Duell mit dem Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen – für den Außenseiter war es ein Kontrast zwischen deutlicher sportlicher Unterlegenheit, aber eben auch luxuriösen Rahmenbedingungen, die keiner der Beteiligten so schon genossen hatte. Das Hamburger Abendblatt hat die Regionalliga-Kicker bei ihrem Ausflug in die Profifußball-Welt begleitet.

Sonnabend, kurz vor 9 Uhr: Treffen auf dem Parkplatz am Clubheim in Garstedt. Alle sind mehr oder weniger pünktlich. Und bis auf den verletzten Fahri Akyol, der zu Hause bleibt, dürfen alle mit, denn auch die vierte Corona-Testreihe verlief ohne positiven Covid-19-Fall. Busfahrer Peter Gembora biegt nach links auf die Ochsenzoller Straße ein, die Tour ins Rheinland beginnt. Eintracht-Vereinswirt Nenad Ateljevic hat Mittagessen für alle vorbereitet, es gibt beim Halt auf halber Strecke Nudeln.

15.35 Uhr: Ein wenig verspätet – Stau am Leverkusener Kreuz – trifft der Tross am Hotel Lindner direkt an der BayArena ein. Teammanager Olaf Bösselmann geht voran, regelt für die Spieler den Check-in. Die beiden Coaches Jens Martens und Olufemi Smith inspizieren derweil schon mal den Trainingsplatz.

16.50 Uhr: Die Norderstedter haben sich auf den Zimmern umgezogen, anschließend folgt eine Übungseinheit auf dem Rasen. Zentrales Thema: Offensivaktionen, schnelle Abschlüsse. „Mut zum Risiko“, ruft Martens seinen Jungs zu. Die Laune ist hervorragend, es fallen reihenweise Traumtore.
19.30 Uhr: 75 Minuten nach dem Training gibt es ein Büfett, das keine Wünsche offen lässt: Salat, Suppe, Pasta, Fisch, Pute, Paella, außerdem eine vegetarische Option. Der Koch der Vier-Sterne-Herberge lobt die Gäste, da diese überhaupt keine „Extrawürste“ gefordert hätten. Im Anschluss folgen einige Einzelgespräche, dann ist Bettruhe.

Sonntag, 8.30 Uhr: Gemeinsames Frühstück, danach Teamsitzung mit Videosequenzen von der „Werkself“.

12 Uhr: Noch einmal ein sportlergerechtes Mittagessen, um 14 Uhr ist Eintracht Norderstedt dann in der BayArena.

14.45 Uhr: Das Warm-up beginnt. Was auffällt: Beim Regionalligisten sitzen nur sechs Mann auf der Bank, zwei sind Torhüter – Bayer 04 bietet dagegen einen 20er-Kader auf. Die Norderstedter Startelf ist ohne Überraschungen, aber es fehlen verletzungsbedingt Alternativen.
15.22 Uhr: Die Vereinshymne läuft vom Band. „Leverkusen, wir sind die Macht am Rhein, das wird immer so sein“. Einige der ausgewählten Fans aus der Bayer-Szene recken ihre Schals empor, rufen beim Verkünden der Aufstellung mit.

15.33 Uhr: Die Fünfer-Abwehrkette der Eintracht ist erstmals entblößt. Und sofort fällt das 1:0 durch Lars Bender. Die Wahrscheinlichkeit auf eine Sensation lieg damit fast schon bei null Prozent.

15.40 Uhr: Frustriert drischt Torhüter Lars Huxsohl den Ball Richtung Mittelkreis. Es steht 2:0 durch Nadiem Amiri. Alles geht viel zu schnell für den Underdog, der 90 Sekunden darauf durch Lucas Alario das 3:0 kassiert. Auf der Pressetribüne fragen sich die Bayer-Reporter: „Zweistellig oder nicht zweistellig?“

15.59 Uhr: Jens Martens hebt verzweifelt die Arme. Machtlos muss er die Demontage seines Teams ansehen, nach einer halben Stunde erhöht der Europapokal-Teilnehmer auf 6:0. Dessen Torhüter Lucas Hradecky hat seinen ersten Ballkontakt in der 36. Minute.

16.30 Uhr:
Der Doppelwechsel zur Pause ist bezeichnend. Bei der Eintracht bleiben mit Jan Lüneburg und Evans Nyarko zwei Schlüsselspieler in der Kabine, sie werden durch Dylan Williams und Nils Brüning ersetzt. Leverkusen bringt hingegen zweimal internationales Format mit Moussa Diaby und Patrik Schick…

16.44 Uhr: Jetzt beordert Martens auch seine beiden Ersatzkeeper Stefan Rakocevic und Marcel Kindler – der laut offizieller Aufstellung kurioserweise als Feldspieler im Aufgebot steht – zum Warmmachen.

16.49 Uhr: Es ist zum Verzweifeln. Wann immer die Garstedter den Ball erobern und versuchen, offensiv Akzente zu setzen, bleiben sie spätestens am zweiten Leverkusener hängen. Grundsätzlich lässt Bayer aber jetzt mehr Raum, hat das Tempo gedrosselt.

17.02 Uhr: „Klasse, Fabi!“, ruft Jens Martens. Ein an diesem Tag seltenes Lob, nachdem Innenverteidiger Grau mit einer Grätsche gegen Patrik Schick das 7:0 verhindert. Auch Lars Huxsohl hat mittlerweile einige hervorragende Paraden gezeigt. Der zweite Durchgang ist respektabel.

17.18 Uhr: Es ist überstanden. Einige Norderstedter nehmen nach dem Schlusspfiff noch Trikots der Gegner als Souvenir mit – Dylan Williams das von Edmond Tapsoba, Johann Knebel erhält das Jersey von Sven Bender. Einen Tausch im großen Stil gibt es aber nicht. Jens Martens ruft das Team zum Kreis, spricht ein paar Worte, dann gibt es ermunternden Applaus. Übrigens auch, das ist eine schöne Geste, von den Bayer-Fans, die sich sehr fair verhalten und ein ausgezeichnetes Gespür für den Moment beweisen.

17.29 Uhr: Lars Huxsohl, Jan Lüneburg und Jens Martens stellen sich den Fragen der TV-Reporter.

17.35 Uhr: Frustessen in der Eintracht-Kabine. Es gibt Pizza.

19.05 Uhr: Rückfahrt nach Norderstedt.

Bayer 04 Leverkusen – Eintracht Norderstedt 7:0 (6:0). – Tore: 1:0 Lars Bender (4.), 2:0 Nadiem Amiri (10.), 3:0 Lucas Alario (12.), 4:0 Florian Wirtz (21.), 5:0 Charles Aránguiz (30.), 6:0 Nadiem Amiri (31.), 7:0 Patrik Schick (77.). – Bayer 04 Leverkusen: Hradecky –L. Bender (73. Dragovic), S. Bender, Tapsoba, Sinkgraven – Demirbay, Aránguiz (73. Baumgartlinger), Wirtz – Amiri (46. Diaby), Bellarabi(73. Palacios) – Alario (46. Schick). – Eintracht Norderstedt: Huxsohl – Gutmann, Marxen(81. Karschau), Nuxoll, Grau, Kummerfeld(64. Rajao da Cunha) – Nyarko (46. D. Williams), Koch, Brown – von Knebel – Lüneburg(46. Brüning).